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Die flachen und die steilen Steuern

Was ist gerechter? Eine progressive Steuer, bei der mit steigendem Einkommen ein immer höherer Prozentsatz fällig wird, oder eine Flat tax, bei der immer der gleiche Prozentsatz kassiert wird? Eine ethische Debatte über Gerechtigkeit lässt sich nächtelang führen. Beide Steuermodelle haben manches für sich. Aber zweifellos hat bei uns die progressive Steuer derzeit die höheren moralischen Ebenen für sich. Daher haben wir eben bei der Einkommensteuer eine Progression, daher wird bei vielen anderen scheinbar „flachen“ Steuern durch Freibeträge, durch niedrigere Sätze beispielsweise für Lebensmittel versucht, auch hier die Ärmeren zu bevorzugen und die Reicheren abzukassieren.

Ein kluger Staat würde freilich diese ethische Diskussion nicht führen. Der würde eher rational nachdenken: Was ist einfacher in der Einhebung? Wo gibt es weniger Steuerflucht und Steuerwiderstände? Was ist gut für das nationale BIP? Wo habe ich am Ende genug Einnahmen, um auch sozialen Schutz für alle Familien, Kranken und Alten zu finanzieren? Und da spricht alles für eine einfache und klare Flat tax ohne viele Ausnahmen und Schlupflöcher.

Dieses Prinzip hat sich in osteuropäischen Ländern mit etlichem Erfolg durchgesetzt. Trotz Senkung und Angleichung der Spitzensteuersätze war am Ende mehr in der Staatskasse. Weil die Leistungsträger besser motiviert waren. Weil die Steuerzahler ehrlicher wurden. Und weil es Steuerpflichtige gegeben hat, die ihre Einkommen plötzlich in Flat-tax-Ländern deklariert haben und nicht in „progressiven“ Ländern.

Eine Ausnahme dieser Erfolgsstory ist Ungarn – aber aus ganz anderen Gründen. Dort hat man durch andere neue Steuern und Schikanen begonnen, ganz gezielt Investoren – also vor allem Ausländer – zu schröpfen, um die einheimischen Wähler zu schonen. Diese eigenwillige Erfindung eines nationalen Sozialismus durch eine sonst konservative Regierung musste natürlich Schiffbruch erleiden.

Neben flachen und progressiven Steuern gibt es aber auch noch ein drittes Modell: die Pauschalbesteuerung in etlichen Schweizer Kantonen. Dort zahlt man ab einer gewissen Einkommenhöhe keinen Rappen zusätzlicher Abgaben mehr. Dieses Modell ist eine Hauptursache des Schweizer Reichtums, hat es doch zu einem Zuzug aus der ganzen Welt in diese Teile der Schweiz geführt. Für jeden, der viel zu versteuern hat, ist die Übersiedlung in die Schweiz hochinteressant – und im Gegensatz zum Verstecken von Geldern auf Schweizer Konten völlig legal. Man braucht nur die Zustimmung der betreffenden Gemeinde.

Für viele ist das trotz aller Erfolge ein absolut unmoralisches Modell. Daher ist in Österreich auch ein Finanzexperte gescheitert, der es vorgeschlagen hat – obwohl er eigentlich aus rotem Uradel und der Bank Austria gekommen ist. Gegen den nicht definierbaren Begriff Gerechtigkeit muss bei uns offenbar der Begriff Erfolg immer scheitern.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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