Von Europa bis Wien: Fensterputz auf der Titanic
14. November 2012 00:28
2012-11-14 00:28:00
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 4:00
Die Tanzenden auf der Titanic waren im Vergleich exemplarisch zukunfts- und verantwortungsbewusste Menschen. Die Reaktion der meisten Europäer auf die unvermeidliche Implosion der Schuldenkrise wird mit Sicherheit von künftigen Psychologengenerationen als Musterbeispiel einer kollektiven Verdrängung angeführt werden.
Was man praktisch täglich neu beweisen kann: In der gleichen Woche, da die Euro-Länder nun auch formell beschließen, weitere 33 Milliarden zum Zweck eines zweijährigen Sanierungsaufschubs für Griechenland zu verbrennen, da Athen Anleihen mit der lächerlichen Laufzeit von nur noch vier Wochen auflegt, da sich auch sonst die finanziellen Perspektiven der Krisenstaaten weiter verschlechtern, stößt man binnen weniger Stunden auf folgende aktuelle Fakten:
- Zahllose griechische Bürgermeister weigern sich, die vom Parlament erst vor wenigen Tagen beschlossenen Entlassungen durchzuführen. Sie wollen nicht einmal die Namen der derzeit angestellten Gemeindebeamten bekanntgeben.
- Laut dem nun auch im Detail durchsickernden Troika-Bericht über Griechenland hat das Land nur 32 von 67 eigentlich schon längst fälligen Zusagen erfüllt. Der Rest der Verpflichtungen ist wider alle heiligen Schwüre noch ganz oder teilweise offen. Aber trotzdem wird der Bericht als positiv für Griechenland dargestellt und als grünes Licht für die nächste Kreditrate.
- In Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und Belgien finden Generalstreiks statt. Diese haben zwangsläufig eine weitere Vergrößerung der Staatsschulden zur Folge, da sie naturgemäß die Wirtschaft weiter schrumpfen lassen. Aber die Gewerkschaften denken nicht daran zuzugeben, dass ihre überhöhten Lohnforderungen in den letzten 15 Jahren und die von ihnen durchgesetzten üppigen Sozialleistungen die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Länder schwer beeinträchtigt und damit die Schuldenkrise mit ausgelöst haben. Sie streiken lieber.
- In Frankreich kann keine einzige der großen Tageszeitungen mehr ohne Verluste bilanzieren – obwohl die Regierung ihnen über eine Milliarde Euro zubuttert.
- Die Fusionsgespräche zwischen Opel und dem französischen Konzern Peugeot-PSA-Citroen werden abgebrochen, weil die französische Regierung beschlossen hat, mit sieben Milliarden für PSA zu haften, und einen Jobabbau verboten hat. Das hat naturgemäß den – fast ebenso maroden – Opel-Lenkern jede Lust auf eine Kooperation geraubt. Denn dann wären nur in Deutschland Arbeitsplätze abgebaut worden. So fahren halt beide Konzerne getrennt in den Abgrund.
- Die EU-Kommission beschließt, die CO2-Zertifikate wieder dramatisch zu verteuern, was der europäischen Industrie zusätzliche Milliardenkosten verursacht. Aber die angebliche Klimarettung (die weder Chinesen noch Amerikaner noch sonst einen Nichteuropäer kümmert) ist ja wichtiger, als es die Arbeitsplätze auf dem Kontinent sind.
Das alles binnen weniger Stunden. Als kollektiver Beweis, dass sie alle überhaupt nichts verstanden haben.
Und in Österreich? Da spielt das Titanic-Orchester besonders laut.
- Da hat die Regierung – weil man ja auf einer „Klausur“ Arbeit simulieren will – gerade wieder ein Bündel von neuen Wohltaten für das Volk beschlossen. Sparmaßnahmen sind bei diesem Treffen nicht besprochen worden.
- Da wird bekannt, dass sich die Zahl der Frühpensionierungen „wegen psychischer Erkrankungen“ binnen weniger Jahre mehr als verdoppelt hat. Ursache ist natürlich nicht kollektive Verblödung, sondern die moderne Medizin, die heute viel besser die früher gern vorgeschützten Gründe für Invaliditätspensionsanträge überprüfen kann.
- Da verkündet der Wirtschaftsminister eine Erhöhung der Familienbeihilfen.
- Da wird eine Verdopplung der Ausgaben für Ganztagsschulen beschlossen (die an sich ja sinnvoll sind, die man sich aber nicht mehr leisten kann, weil man das Geld für die absolut sinnlose Gesamtschule hinauswirft).
- Und da – das wirklich peinlichste Beispiel von Geldverschwendung – verschickt die Gemeinde Wien um Steuergeld ein Blättchen an alle Haushalte mit einer ganzseitigen Liste, in der Männer und Frauen für jeden Wochentag von Montag bis Sonntag eintragen sollen, wer zuständig ist für „Fensterputzen“, für „Handwerk“ oder fürs „Haustier“. Aber noch bevor ich mir meine Fensterputztage aussuchen, ein Handwerk lernen und ein Haustier anschaffen kann, stoße ich auf den danebenstehenden Satz einer Frau Frauenstadträtin Frauenberger (der Name ist echt): „In mehr als 50 Prozent der Haushalte mit Kindern übernimmt die Frau die gesamte Arbeit.“ Noch frecher lügen kann man wohl nicht. Aber wenn ein Mann arbeiten geht, ist das ja offensichtlich für die Rathauspartie keine Arbeit, sondern Vergnügen.
Aber was soll’s. Warum sollte man ausgerechnet in Österreich auf den letzten Meilen der Fahrt bis zum Eisberg noch vernünftig werden?
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die erklärung für dieses phänomen,das nichts passiert,ist einfach.
wir spüren nichts von dieser katastrophe.
die arbeitlosigkeit ist gering.
das geld ist stabil.essen ist billig,die elektroangebote wohlfeil,der spassfaktor gegeben.
in den immer weniger gelesenen zeitungen,zumindest in einigen von ihnen,wird dunkel von einer krise berichtet.
diese krise ist einfach noch nicht real angekommen,sie ist theoretisch,wird diskutiert,mehr ist da nicht.
und es ist auch fraglich,ob da mehr kommt.
die fachwelt,die sich auskennen sollte,ist so gespalten,dass man auch als interessierter bürger zu keiner schlüssigen meinung kommen kann,ausser man hat vorgefasste meinungen.
aber meinungen hat jeder.
meine ist:griechenland gehört sofort aus der eurozone entfernt.jedes weitere abwarten gefährdet unseren wohlstand massiv.zumal die griechen selbst verantwortlich für ihren zustand sind.
auch wenn das kostet,haben wir eine last weniger.zumal ich den eindruck habe,die griechen führen europa am nasenring herum.
alles weitere zu seiner zeit.
Vor ein paar Monaten unter Freunden in einer heissen Diskussion leider erlebt:
"Unser gesamter Wohlstand ist auf den Schulden aufgebaut" (gemeint war, dass Schulden gut sind)
"Das Zinsensystem ist schuld an der Krise"
"Die Zuwanderung ist nicht aufzuhalten, eine schoene Bereicherung und ausserdem muss ja jemand die Pensionen bezahlen"
"Ich waehl jetzt SPOE, die OEVP ist nicht mehr auszuhalten und die FPOE sind Nazis"
Und wahrscheinlich ist auch noch das Argument gefallen, dass eigentlich Banken und Spekulanten Schuld sind, ich kann mich gar nicht mehr an alles erinnern. Usw.
Alles Akademiker, im "Normalleben" nette und vernuenftige Leute.
Dass die Medien massiv manipulieren, wird nicht wirklich erkannt.
Die wenigen, die diese Meinung nicht geteilt haben, haben weitgehend den Mund gehalten.
Dieser politische Sauhaufen ist vergleichbar mit Boccaccios Decamerone. Während in der EU/Ö die "Pest" wütet, feiern die Politiker in Brüssel/Wien, erzählen Geschichten/ Lügen, lassen Champagner/Geld fließen, warten bis der Spuk vorüber ist um wieder zurückkehren zu können.
Die heutige Politik verkörpert die Dekadenz dieser Erzählungen mit einer perfekten Perversität. Wie lange noch lassen wir unsere Geduld derartig überstrappazieren?
OT - Der Genderwahn macht auch vor Kinderbüchern nicht halt.
"Laut „Daily Mail“ plant das Europäische Parlament, Kinderliteratur mit veralteten Rollenklischees aus dem Verkehr ziehen. Da bliebe kaum ein Klassiker übrig."
http://diepresse.com/home/kultur/literatur/1312310/Diskriminierungsteufel-steckt-in-Pippi-Langstrumpf?_vl_backlink=/home/index.do
Werden wir wieder Bücherverbrennungen erleben? Weg mit diesen unsäglichen Brüsseler Politikern!
Nachkommende Generationen werden unsere Zeit nicht die des kollektiven Verdrängen nennen, sondern sie werden feststellen, daß die Menschen aus den Katastrophen des 20 Jahrhunderts nichts gelernt haben.
Soferne es in den nachkommenden Generationen noch Menschen geben wird, die es gelernt haben, in solch langen Zeiträumen zu denken, und ihnen auch das dafür notwendige ungefälschte Geschichtsmaterial zur Verfügung steht. Die jetzige politische "Elite" arbeitet ja mit Hochdruck daran, daß es eigenständig denkende nachkommende Generationen nicht mehr geben wird.
Daher ist es die Pflicht aller halbwegs gebildeten Eltern dafür zu sorgen, daß die eigenen Kinder nicht nur langfristig denken lernen, sondern daß ihnen auch in der eigenen Bibliothek genug unverfälschbares Buchmaterial zur Verfügung steht.
Denn im Internet wird manipuliert, daß sich die Balken biegen!
Im Familienbereich wird nicht verschwendet, sondern Jahr für Jahr versteckt gekürzt!
Die von Mitterlehner verkündete "Erhöhung" der Familienbeihilfe deckt nur einen Bruchteil des Inflationsverlustes ab, der mittlerweile schon über 25% liegt! - trotzdem wird sie hier angeführt.
Dass der Tagessatz für Asylwerber gerade durch die "Her mit der Marie" - Mikl-Leitner von € 17,- auf € 19,- (+12%) angehoben wurde, und damit deutlich über dem Tagessatz für Kindergeldbezieher der Langvariante (seit 2001 unverändert € 14,53/Tag) liegt, wird dagegen nicht einmal erwähnt.
Können Sie sich ein einziges Jahr mit einer Null-Runde für Pensionisten vorstellen? Eltern haben schon mehr als zehn Jahre mit Null-Runden hinter sich!
O.T.
Liebe Blog-Kollegenschaft,
ich hab' mir was ausgedacht:
meiner Ankündigung anlässlich meines neuerlichen Wiederauftauchens" folgend, werde ich mir nun - je nach Themenstellung, Jahreszeit und persönlicher Befindlichkeit - erlauben, das löbliche Forum in Abständen mit Lyrik österreichischer Dichter zu konfrontieren, dies manchmal durchaus mit Bezügen auf aktuelle Themenvorgaben unseres Dr. Unterberger.
Es wäre meine Hoffnung, Sie mit Mitteln der Kunst (und Lyrik ist eines der schönsten und edelsten!) hin und wieder von den hier täglich vorgebrachten Frustrations- und Anklageritualen weglocken zu können, und Ihnen zumindest kurzzeitig den Blick auf andere, hellere Horizonte zu eröffnen!
Heute möchte ich Sie auf die stille Zeit des Jahres einstimmen, dies mit einem Gedicht aus Josef Weinhebers "O Mensch, gib acht!"
"November"
"Im Kirchhof brennt das stille Licht.
Die Toten ruhen, weine nicht.
Geborgen in der Erd, vergeht
der Keim, umdaß er aufersteht.
Martini Reif, Andräa Schnee,
die Magd trägt aus ihr süßes Weh.
Vom Hochwald dröhnt der Büchsenschall,
es stampft das Vieh im warmen Stall,
der Nebel hüllt das stille Land,
die Kerze ist herabgebrannt.
Laß frosten, laß vergehn, laß schnein!
Der Mensch muss wach und einsam sein!"
Bis auf weiteres!
Ihr Wertkonservativer!
(mail to: gerhard@michler.at"