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Zeitungsauflagen: Lügner, Loser und wenige Leuchten

Weil nirgendwo so viel gelogen wird wie bei der Jagd und bei Zeitungsauflagen, befasst sich das Tagebuch diesmal mit diesen. Denn da hat sich gezeigt: Irgendwann kommt doch die Wahrheit heraus. Zumindest zum Teil.

Bei der nunmehr veröffentlichten Auflagenkontrolle gibt es drei Medien-Typen: Das eine sind die Zeitungen, die sich ziemlich genau dort bewegen, wo sie vor einem Jahr waren. Dann gibt es einige große Gewinner. Und schließlich gibt es die anderen, bei denen steile Abstürze verzeichnet sind. Dabei lässt sich freilich mit einer großen Ausnahme nicht nachweisen (und aus rechtlichen Gründen auch nicht spekulieren), ob sie bis zum Jahr davor kräftig gelogen oder aber 2011 ganz plötzlich so schwer verloren haben.

Skandalöse Lügen eingestanden hat jedenfalls das News-Imperium. Von "News" selber wurden plötzlich nur 138.000 Exemplare verkauft (alle Zahlen sind der Lesbarkeit halber mathematisch gerundet). Im Jahr davor waren hingegen noch 175.000 Verkäufe gemeldet worden. Und schaut man sich den einzig wirklich harten Maßstab „Direktverkauf“ an (also ohne relativ dubiose Dinge wie „Großverkäufe“), dann sank das skandallüsterne Heft von 114.000 auf 90.000.

(In der Folge werden nur noch diese Direktverkäufe angegeben, wobei sich alle Zahlen auf das zweite Halbjahr 2011 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2010 beziehen).

Das „Profil“, das immer vorgegeben hatte, mehr als die Qualitätszeitungen zu verkaufen, sank beim Direktverkauf plötzlich von 66.000 auf 55.000. Der „Trend“  sank stark auf 25.000 und das „Format“ gar auf 22.000. Und so weiter.

Ich stehe nicht an, zumindest im Fall von „News“ ziemliche Freude zu verspüren. Die Menschen lassen sich lange vieles gefallen, aber nicht dauernd alles.

Was fordern Faymann und Häupl von "News" zurück?

Jetzt wird natürlich interessant, wie viele Inserenten ihr Geld zurückverlangen werden. Sind sie doch mit falschen Auflage-Angaben zweifellos betrogen worden. Diese Ansprüche werden im Fall des großen „News“-Imperiums umso leichter durchsetzbar sein, als der frühere Betrug von der Geschäftsführung eindeutig zugegeben wird. Freilich wird er ausschließlich einstigen Topmanagern in die Schuhe geschoben. Was allerdings wieder eine zusätzliche Pikanterie schafft: Die wichtigsten dieser Topmanager sind noch immer in der Branche aktiv, wenn auch bei einem anderen Medium. Was dessen Glaubwürdigkeit ja zweifellos ungemein erhöht.

Ich würde auch wetten, dass als Folge dieser Stunde der Wahrheit etliche Hefte in absehbarer Zeit nicht mehr am Markt sein werden. In schlechten Zeiten lässt sich nämlich auch die oft sehr naive Werbewirtschaft nicht mehr sehr gerne hineinlegen. Offen bleibt nur, wieweit das Rathaus und die SPÖ-Minister trotz allem weiterhin unser Steuergeld für Inserate und Kooperationen zu „News“&Co fließen lassen werden. Oder ob auch sie Rückzahlungsforderungen stellen werden. Was sie eigentlich tun müssten, um nicht der korrupten Inseratenvergabe nicht auch noch einen Amtsmissbrauch folgen zu lassen.

Sensationell – und erfreulich – der Starterfolg von „Servus“. Dieses Heft aus dem Haus Red Bull liegt knapp nach dem Start bei einem Direktverkauf von 63.000. Erfreulich ist das, weil „Servus“ ein ganz anderes Produkt macht. Es widmet sich seriös, skandalfrei und niveauvoll den schönen Seiten des Lebens. Die sonst vernachlässigte Zielgruppe sind dabei offensichtlich Frauen über 40 mit mittlerem oder höherem Bildungsniveau und ländlichem bis kleinstädtischem Hintergrund. Ich bin sicher: Die Auflage wird noch weiter steigern (schon alleine deshalb, weil ich zu Weihnachten Abos an Angehörige der einschlägigen Zielgruppe verschenkt habe . . .). Um dumme Bemerkungen hintanzuhalten: Ich habe Null Beziehungen zum Hause Red Bull und habe auch keinerlei Lust auf deren Himbeerwasser.

Wechsel zu den Tageszeitungen: Dort können sich in einem signifikant schrumpfenden Markt einige Blätter stabil halten: Etwa die „Salzburger Nachrichten“ oder der „Kurier“ (der freilich beim Überblick über die letzten Jahrzehnte Österreichs größter Verlierer ist) oder die „Krone“ (die freilich in den letzten Jahren bei der Media-Analyse schon signifikant viele Leser verloren hat).

Große Zugewinne können höchstens die Gratiszeitungen behaupten. Bei diesen kann man freilich nur die Druckauflage messen, die natürlich auch die riesigen Stöße nie gelesenen Papiers in U-Bahn-Stationen und sonstwo umfasst. Ach ja, bei „Österreich“ (dem Blatt des ehemaligen News-Eigentümers Fellner) wird auch ein Direktverkauf gemeldet. Samt „plötzlichem“ Rückgang von 92.000 auf 83.000.

Ansonsten fand im Vorjahr im Qualitäts- und Halbqualitätsmarkt beinahe ein Blutbad statt: Das „Wirtschaftsblatt“ sank von 18.000 auf 17.000, der „Standard“ von 62.000 auf 61.000, und die „Presse“ gar von 65.000 auf 60.000.

Letztere vollzieht damit in der Auflagenkontrolle eine Entwicklung nach, die im einzig unbeeinflussbaren und objektiven Instrument schon seit sieben Jahren zu konstatieren ist, nämlich beim Marktanteil laut Media-Analyse. Bei diesem hat die „Presse“ sogar gegenüber den ersten Jahren des letzten Jahrzehnts ein volles Drittel verloren. Was ich nach dem Motto „Lasst Fakten sprechen“ ja nun überhaupt nicht kommentieren will . . .

PS.: Ist es überhaupt noch der Erwähnung wert, dass das ORF-Fernsehern im Februar 2011 schon wieder mehr als zwei Prozentpunkte Marktanteil verloren hat? Servus und Puls 4 gewinnen dazu.

 

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