Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Lob, Lob, Lob: von Russland übers Salzkammergut bis in die Hofburg

Eine Leserin hat geschrieben: „Man muss nur die Augen offenhalten, dann sieht man auch das Lobenswerte; man muss es nur sehen wollen“. Ich wollte und ich sah: einen neuerdings ernsthaften Kampf einiger Länder gegen Anonymous und gegen jugendliche Gewalttäter; oberösterreichische und europäische Politiker, die überraschend Rückgrat zeigen; souveräne Russen und sparfreudige Iren; mutige Salzkammergut-Bürgermeister und Hofburg-Geschäftsführerinnen; innovative Steirer und lernwillige Bezirksvorsteherinnen. Daher bin ich sicher: Irgendwann wird mir auch bei der Bundesregierung oder gar unserer Justiz einmal etwas positiv auffallen. Wart ma mal.

Überaus erfreulich ist, dass es in den USA erstmals gelungen ist, eine Gruppe von fünf „Anonymous“-Hackern zu erwischen. Damit ist das Übel zwar noch lange nicht beseitigt. Aber es zeigt: Die Menschheit ist nicht hilflos gegen die elektronischen Giftmischer, die sich als ein neues göttliches Wesen berechtigt fühlen, das Internet und seine Nutzer zu behindern, wann und wo auch immer sie wollen. Gewiss haben es die Herrschaften (meistens sind es ja eher Burschenschaften) wie viele kriminelle Gruppen eine Zeitlang geschafft, unentdeckt zu agieren. Aber irgendwann kommt man ihnen zum Glück halt doch auf die Schliche. Vor allem spricht sich nun auch langsam herum, dass das Tun der Hacker genauso übel ist, wie wenn jemand Strom- oder Telephonleitungen durchschneidet oder Wasserversorgungssysteme zerstört. Jeder, der einmal davon betroffen gewesen ist, hält das eine wie das andere jedenfalls längst nicht mehr für ein lustiges Kavaliersdelikt.

Genauso freuen dürfen wir uns, dass in Irland wieder die Beschäftigung wächst. Die Rückkehr in jene Jahrhunderte, da alljährlich ein Gutteil der irischen Jugend nach Amerika oder sonstwohin auswandern musste, war offenbar nur eine recht kurzfristige. Die Iren haben halt im Gegensatz zu Griechenland auch wirklich beinhart saniert. Zumindest in diesem Fall kann man die europäische Hilfe als durchaus sinnvoll bezeichnen.

Erfreulich ist auch, dass einige europäische Regierungschefs Rückgrat zeigen und den französischen Sozialistenchef Hollande, der wahlkampftaugliche Photos mit ihnen gebraucht hätte, nicht empfangen. Sein Verhalten ist nämlich schon mehr als eine Chuzpe: Europas Sozialisten waren zusammen mit Frankreich jene, die 2010 am lautesten die Hilfsaktionen für die Schuldnerstaaten verlangt hatten. Wenn nun ausgerechnet Monsieur Hollande den Fiskalpakt der EU kündigen will, der ein Eckpfeiler dieser europäischen Hilfspolitik ist, dann ist das ein starkes Stück. Wohlgemerkt: Hollande kritisiert nicht etwa die teuren Hilfsaktionen, sondern nur die Tatsache, dass die Staaten nun zu mehr Budgetdisziplin verpflichtet werden sollen. Daran stört ihn offensichtlich nur eines: dass dadurch die sozialistische Schuldenmachgier beschränkt werden würde. Wenn fast alle europäischen Linksmedien unter Führung des „Spiegel“ jedoch statt dieser Inkonsequenz Hollandes nur seinen Boykott kritisieren, ist das schon recht erstaunlich.

Erfreulich sind auch die Russen. Gewiss nicht wegen der unfreien Präsidentenwahl, aber für ihre Auswahl beim Eurovision Song Contest: Sie schicken eine Gruppe kleiner und faltendurchfurchter Urgroßmüttern in Trachten und mit Bastschuhen ins Rennen. Das zeugt nun wirklich von Lockerheit, Souveränität und Mut. Und es zeigt wohl auch Menschlichkeit in der ja ansonsten total kommerzialisiert-verkrampften Unterhaltungsbranche.

Beifall hat sich auch die deutsche Koalition verdient: Sie führt für jugendliche Straftäter einen kurzen „Warnschussarrest“ ein. Damit kann jungen Gewalt- und Eigentumstätern etliche Etappen früher als bisher beigebracht werden, dass der Staat bei der Verteidigung der gesellschaftlichen Regeln ernst zu machen bereit ist. Die Strategie der Diversion im Hinterzimmer und der vielen Bewährungsstrafen in Serie hat offensichtlich auf viele postpubertäre Köpfe jede abschreckende Erziehungswirkung verfehlt. Jugendliche Täter müssen künftig bisweilen schon beim ersten Delikt einige Tage hinter Gitter, aber eben nur so kurz, dass sie nicht aus ihrem bisherigen Leben in Schule oder Arbeit gerissen werden. Und ohne dass sie im Gefängnis die endgültige Kriminalitäts-Schulung erhalten können.

Lob gibt es auch für Bürgermeister aus dem Salzkammergut. In ihrem – an sich ja problematischen – Kampf zur Rettung der Bezirksgerichte haben zwölf Bürgermeister aus drei Bundesländern nun vorgeschlagen, dass dem von der Sperre bedrohten Gericht in Bad Ischl künftig nicht nur Gemeinden aus Oberösterreich, sondern auch solche aus Salzburg und der Steiermark zugehören sollen. Und das ist nun in der Tat eine historisch mutige Forderung: Das heißt nämlich: Uns sind die Interessen der Bürger wichtiger als die Bundeslandgrenzen! Wie toll wäre es, wenn jetzt auch zwischen Niederösterreich und dem Burgenland in Sachen grenznaher Spitäler so gedacht würde. Oder zwischen dem Südburgenland und der Steiermark. Irgendwie stelle ich mir aber auch vor, wie lautstark in den letzten Tagen einige Telephonate aus Grazer, Linzer und Salzburger Landeshauptmannbüros Richtung Salzkammergut gewesen sein dürften . . .

Nochmals Oberösterreich: Da hat der grüne Umweltlandesrat Rudi Anschober eine Antiatom-Aktivistin vor Gericht gebracht. Sie hatte einige Stunden das Anschober-Büro besetzt. Das ist nun wirklich interessant: Sobald ein grüner Politiker Opfer einer der vielen rechtswidrigen NGO-Aktionen im ökologisch-grün-aktivistischen Umfeld wird, zögert der nicht mit dem Weg zu Gericht. Wenn das hingegen ein anderer Politiker täte, würde der grüne Hysterie-Protest im Parlament sofort die übliche schrille Lautstärke erreichen. Aber wir wollen Anschober jetzt ob seines ungrünen Verhaltens nicht tadeln, sondern ihn vielmehr der restlichen Politik als Vorbild vorhalten. Wenn sich ein Grüner gegen einen Rechtsbruch wehren darf, dürfen das vielleicht künftig auch die anderen wieder. Erstaunlich bleibt freilich, dass auch in Oberösterreich üblich und durch diesen Konflikt bekannt geworden ist, was an dieser Stelle schon als Wiener Skandal gegeißelt worden ist: Eine Antiatom-Gruppe bekam vom Land Geld dafür, dass sie das Land agitatorisch unter Druck setzte – freilich nur so lange, bis sie ein grünes Büro besetzte. Wollte uns Herr Anschober gar zeigen, wie viel Einsparungspotential noch in den Ländern versteckt ist? Auch das wäre freilich sehr lobenswert (zumindest wenn es Folgen hat).

Der Steiermark wiederum geht es schlecht, dass man dort ernsthaft die Zusammenlegung dreier großer Grazer Spitäler plant (was freilich noch keine Realisierung bedeutet). Und noch sensationeller: Die Führung des Zusammenschlusses soll den Ordensspitälern übertragen werden. Diese können zwar auch nicht mehr wie einige Generationen früher die Arbeitskraft von Ordensschwestern und -brüdern ausbeuten, aber sie arbeiten und organisieren so effizient, dass sie österreichweit um rund zwanzig Prozent pro Patient, pro Nacht, pro Behandlung billiger sind. Vielleicht nur deshalb, weil dort kein Politiker Posten besetzen kann, keine Krankenschwestern-Gewerkschaft die Arbeit sabotieren kann, und keine politisch bestellte Spitalsleitung wie etwa im Wiener AKH Ausschreibungen schieben kann?

Wechseln wir nach Wien. Im ersten Bezirk der Stadt hat die Vorsteherin Ursula Stenzel ihren schwachsinnigen Widerstand gegen eine Garage unter dem Neuen Markt aufgegeben. Sie kämpft nun plötzlich für eine Garage. Die schon lange und dringend fällig war. Denn sie würde den schönen Platz autofrei machen und dennoch Autofahrern in einem zentralen Bereich der Stadt eine bessere Zufahrt ermöglichen. Wie bei Anschober gilt auch bei ihr: Man soll niemandem fürs Gescheiterwerden tadeln, Politiker schon gar nicht.

Ebenfalls im ersten Bezirk wird im kommenden Fasching der Nachfolger des WKR-Balls stattfinden: der „Wiener Akademikerball“. Und Schauplatz ist – die Hofburg. Veranstalter sind halt nicht mehr die Burschenschafter, sondern die Wiener FPÖ. Man darf gespannt sein, ob Casinos, Hotel Sacher, Verkehrsbüro und Konsorten – also die Eigentümer – den Ball auch dann verbieten wollen, wenn eine normale Partei ihn veranstaltet. Lobenswert ist jedenfalls die mutige Geschäftsführerin, die das absurde Verbot solcherart wieder ausgehebelt hat. Aber sie kommt aus Tirol, da fürchtet man sich nicht so schnell.

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung