Pensionen: Frauendiskriminierung zieht immer

Im Jahr 2008 betrug die Pensionserhöhung für Niedrigbezieher unterhalb des Ausgleichszulagen-Richtsatzes, die wegen anderer Einkünfte (z.B. Ehegatte) keine Ausgleichszulage bekommen oder auf Antragstellung verzichten, 1,7 Prozent. Ausgleichszulagenbezieher („Mindestpensionisten" mit damals 747 Euro brutto inklusive Zulage) bis hin zu Pensionen von 1050 Euro brutto erhielten aber einen  Erhöhungs-Fixbetrag von 21 Euro mehr, das entspricht 2,81 bis 2 Prozent.

Der Linzer Rechtsanwalt Johannes Winkler hat jetzt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Recht bekommen. Der EuGH folgte mit der soeben bekannt gewordenen Entscheidung der Argumentation, dass die Benachteiligung der Bezieher von Kleinstpensionen eine EU-rechtswidrige indirekte Frauendiskriminierung darstelle, da laut Statistik mehr Frauen als Männer betroffen sind.

Nun ist wieder Österreich am Zug. Viel mehr als eine Korrektur der damaligen Kleinstpensionen-Erhöhung von 1,7 auf 2 Prozent, also um 0,3 Prozent, ist aber nach Arbeiterkammer-Einschätzung nicht zu erwarten (ansonsten würden sich wieder andere aufregen), wirkt sich also kaum finanziell aus.

Interessant ist aber, dass beim EuGH wieder einmal die Behauptung von Frauendiskriminierung gezogen hat, obwohl Männer in gleicher Weise, wenn auch nicht in gleicher Zahl, betroffen sind und einige davon ebenfalls von diesem Anwalt vertreten werden.

Diskriminiert wurde ja unbestreitbar die Gruppe der Kleinstpensionisten gegenüber der Gruppe vom Bezugsniveau „Mindestpensionisten" (mit Ausgleichszulage) aufwärts, unabhängig vom Geschlecht, was aber nach österreichischem oder EU-Recht anscheinend keine Rolle spielt, solange nicht geschlechtsspezifische Diskriminierungen behauptet werden. Bei Diskriminierungen, von denen mehrheitlich oder ausschließlich Männer betroffen sind, drücken Gesetzgeber, Justiz etc. gerne ihre Augen zu.

Beispielsweise bei Unterschieden in der Pensionshöhe, die durch Abschläge wegen des unterschiedlichen gesetzlichen Pensionsantrittsalters verursacht werden: Unter gleichen Voraussetzungen kann die Pension von Männern bis zu 15 Prozent geringer ausfallen, was keine Gleichbehandlungskommission, kein Gericht, keine Kammer und keinen Politiker interessiert.

Frauen dürfen bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen (in Deutschland wurde hingegen das Antrittsalter für Frauen von einer rotgrünen Bundesregierung von 63 auf 65 Jahre erhöht), aber nach einer letztjährigen EuGH-Entscheidung nicht in diesen geschickt werden (das wäre ja wieder einmal Frauendiskriminierung), wenn sie bis zum für Männer gültigen Pensionsantrittsalter weiterarbeiten wollen.

Bei künftigen Pensionserhöhungen in Österreich wird übrigens wohl wieder eine prozentuell gleiche Erhöhung für alle herauskommen, um Anfechtungen zu vermeiden.

Viktor Pölzl ist Obmann des überparteilichen Vereins Freimann mit Sitz in Graz, der sich für Gleichberechtigung auch für Männer einsetzt.

www.freimann.at

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