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SN-Kontroverse: Neutralität

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Soll im Zuge der Heeresreform die Neutralität über Bord geworfen werden?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Doktrinen, Reformen und Steinmetzger

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Manchmal wird so getan, als wären die Gesetze auf Jesus und Maria, Mohammed ib Ab Allah und seine Frauen, die Alt-68er oder die Hainburg-Veteranen zurückzuführen und müssten in alle Unendlichkeit gelten. Da dies untaugliche Ansätze zur Bewältigung der Gegenwart sind, gibt es eine Debatte um die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht und es wurden vom derzeit verantwortungstragenden Minister Norbert Darabos Modelle vorgelegt. Nun gilt es diese zu prüfen, und man/frau sollte das genau tun, weil letztendlich wird das Volk befragt. Vielleicht in einer Volksabstimmung, der sich der Salzburger ÖVP-Chef Wilfried Haslauer nicht verschließen will. Er ist hochkarätiger Jurist und weiß, dass es zu einer Abstimmung kommen muss, wenn die neue Sicherheitsdoktrin Österreichs eine Gesamtänderung der Bundesverfassung bedeutet.

Dies wäre der Fall, wenn mit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht die Neutralität ganz entsorgt wird und Österreich sich
1. einem Militärbündnis anschließt
2. es zulässt, dass fremde Truppen auf seinem Gebiet stationiert werden und
3. sich Österreich an Kriegen beteiligt.

Eine neue Sicherheitsdoktrin mit Aussetzung der Wehrpflicht MUSS aber nicht die Neutralität entsorgen. Schließlich beteiligt sich Österreich seit 1995 an der Partnerschaft für den Frieden an Operationen der NATO und nimmt die Petersberger Aufgaben wahr, was von der schwarz-blauen Regierung beschlossen wurde. Oder wie sie der Lissabonner Vertrag vorsieht, den der rote Kanzler Alfred Gusenbauer unterzeichnet hat. Wenig hilfreich sind süffisante Bemerkungen wie jene einer Salzburger Politikerin, die in Richtung ihres burgenländischen Parteikameraden meinte, die Abschaffung der Wehrpflicht sei nicht in Stein gemeißelt.


Es gibt Besseres für Österreich

Andreas Unterberger

 Es gibt drei Gründe, die Neutralität aufzugeben. Zwei davon sind längst Realität. Und einen dritten Grund versucht nun das Dreieck „Kronen Zeitung"-Faymann-Darabos herzustellen, nämlich die von ihnen verlangte Demontage des Bundesheers, die sie euphemistisch Heeresreform nennen.

Erstens: Die Neutralität sollte man aufgeben, wenn Alternativen den Österreichern deutlich mehr Sicherheit bringen. Mehr Sicherheit gibt es dann, wenn nicht nur auf österreichischem Staatsgebiet, sondern in ganz Europa und in dessen Umgebung Friede und Stabilität herrschen. Nur naive Menschen können glauben, dass Österreichs Sicherheit nichts mit dem zu tun hat, was sich außerhalb seiner Landesgrenzen abspielt. Terrorismus, Fanatismus, Flüchtlingswellen, organisierte Kriminalität, Bedrohungen von Versorgungsleitungen, ein Übergreifen nahöstlicher, afrikanischer oder mittelasiatischer Konflikte: All das bedroht Österreich unmittelbar und kann längst nur noch im europäischen und im atlantischen Verbund abgewehrt werden. Diese Sicherheit wird von den meisten Ländern Europas über die NATO hergestellt. Davon profitiert die Alpenrepublik als unmoralischer Schwarzfahrer, der deutlich weniger für die gemeinsame Sicherheit zahlt als irgendein anderes Land. Das demotiviert aber langfristig auch die anderen Länder, sich zu engagieren. Zweitens: Zu entsorgen ist die Neutralität auch deshalb, weil sie spätestens seit dem EU-Beitritt zur bedeutungslosen Worthülse degeneriert ist. Diese Degeneration diagnostizieren fast alle Völker- und Verfassungsrechtler.

Drittens: Endgültig tot ist die Neutralität dann, wenn die Wehrpflicht abgeschafft wird. Denn dann wird durch einen bewussten Willensakt die Verfassungspflicht Österreichs verletzt, die Neutralität „mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln" aufrechtzuerhalten und zu verteidigen. 

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