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Die Demokratie wird handgreiflich und blutig

Besonders in Deutschland ist die politische Auseinandersetzung zuletzt in schwere Körperverletzungen ausgeartet. In Österreich wird die Verfassungsministerin von einem jüdischen Linksextremisten mit roter Farbe überschüttet. Aber auch in anderen Ländern sind die politischen Konfrontationen aggressiver geworden, wie der tägliche Blick auf die Nachrichtenseiten zeigt. Was sind da die Ursachen – oder aber: Stimmt diese besorgte Bilanz vielleicht gar nicht, war der Kampf um die Macht auch in Demokratien immer schon mit gewalttätigen Kontroversen verbunden?

Im Grunde stimmt beides. Ideologische Auseinandersetzungen und politische Machtkämpfe arteten auch früher schon zeitweise in wilde Konfrontationen aus. Trotzdem sind die Entwicklungen der letzten Zeit besorgniserregend, weil sich hier eine neue Welle aufbaut.

Zuerst seien zur Relativierung der aktuellen Entwicklungen ungeordnet einige aus den unzähligen politischen Gewalttaten der letzten Generationen herausgegriffen, die besonders markant waren:

  • Wilde Auseinandersetzungen vor allem zwischen deutschen und tschechischen Abgeordneten in der Endphase der Monarchie im Parlament, dem Reichsrat in Wien, sodass dieser längere Zeit gar nicht mehr arbeitsfähig war (In jüngerer Zeit kennt man solche Bilder etwa aus dem Parlament Taiwans).
  • Die Ermordung des österreichischen Ministerpräsidenten Karl Stürgkh durch einen Sozialdemokraten im Jahr 1916.
  • Die Ermordung des liberalen deutschen Außenministers Walter Rathenau durch einen Rechtsextremisten im Jahre 1922.
  • Der braune Terror der SA im Deutschen Reich noch vor Hitlers Machtergreifung.
  • Die vielen Straßenschlachten der Zwischenkriegszeit und insbesondere die zwei roten und braunen Putschversuche des Jahres 1934 in Österreich und das dabei entstandene Blutbad.
  • Die unzähligen kommunistischen Terroraktionen in fast allen europäischen Ländern.
  • Die Entführung und Ermordung des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro durch Linksextremisten im Jahre 1978.
  • Die vielen Entführungen und Morde durch die linksextremistische Baader-Meinhof-Bande ("RAF") in den langen Jahren nach 1968 in Deutschland, die erst nach dem Kollaps der die Täter finanzierenden DDR im Jahr 1989 aufhörten.
  • Die Briefbombenserie durch einen österreichischen Rechtsextremisten zwischen 1995 und 1997.
  • Die Steine, die Linksextremisten auf einen Aufmarsch der österreichischen Identitären warfen, wodurch 2016 einer von ihnen schwer verletzt worden ist.
  • Und so weiter …

Fast alle diese Szenen, die einem spontan einfallen – deren Auflistung sich gewiss noch lang erweitern ließe –, haben die jeweiligen Länder, aber meist auch ganz Europa schwer erschüttert.

Dennoch wäre es nicht nur wegen dieser Erschütterungen falsch, die neue Welle an Gewalt zwischen Links- und Rechtsextrem mit der Einschätzung abzutun "Alles schon dagewesen". Denn die deutschsprachigen Länder schienen seit etlichen Jahren relativ friedlich geworden zu sein. Nur der islamische Extremismus und sein Terror schienen die Ruhe der Bürger zu bedrohen.

Doch im Rückblick relativiert sich der Eindruck. Denn speziell in Deutschland hat es immer wieder gewalttätige Angriffe auf AfD-Exponenten gegeben, einige haben sogar zu schweren Verletzungen geführt. Allein in Mecklenburg-Vorpommern hat es im Vorjahr 22 Angriffe auf AfD-Büros gegeben. Aber das hat medial kaum erregt. Man bekommt den Eindruck, dass die politische Gewalt erst dann ein Thema für viele Medien geworden ist, als jetzt auch ein deutscher Sozialdemokrat von mutmaßlich rechtsradikalen Gewalttätern niedergeschlagen und schwer verletzt worden ist.

Es scheint sich eine neue Welle aufzubauen. Selbst im relativ beschaulichen Österreich muss man sich wundern, dass man am Wochenende nur wenige Stunden nach Aufstellen der ersten Plakatständer die ersten heruntergerissenen Plakate gesehen hat (es waren ÖVP- und FPÖ-Plakate).

Gewiss, zur Politik, zur demokratischen Politik gehören Emotionen. Anders lassen sich viele Wähler gar nicht mehr aus ihrem Dösen aufwecken. Aber es kann ebensowenig Zweifel bestehen: In den letzten Jahren sind auch hierzulande die Emotionen zu verbalen Aggressionen geworden und aus diesen werden nur allzuleicht handgreifliche Aggressionen.

An dieser Eskalationsspirale tragen – neben den Tätern selbst – viele Mitschuld. Parteien, Medien, Richter, Staatsanwälte, Polizei. Sie haben die demokratische Grundaufgabe, sich für Recht und Ordnung einzusetzen, vernachlässigt:

  • So ist ganz typisch, dass der Angreifer gegen die Ministerin Edtstadler schon nach kurzem wieder auf freien Fuß gesetzt worden ist, rascher als die meisten Österreicher gebraucht haben, um von seiner Tat überhaupt zu erfahren.
  • So haben es die meisten Österreicher nicht verstanden, dass die Strafjustiz dieses Landes (ja, genau jene Justiz, die einen Monsterprozess wegen einer eigentlich völlig unbedeutenden sprachlichen Ungenauigkeit eines rechten Politikers inszeniert hat) sämtliche Klimakleber unbestraft hat lassen, obwohl diese Hunderttausenden Österreichern viele Stunden ihrer Lebenszeit geraubt, ihrer Freiheit beraubt haben. Offenbar ist es für diese Justiz nur dann ein Delikt, wenn 10 Euro geraubt werden, nicht aber, wenn es drei oft dringend benötigte Stunden sind. Oder ist es nur dann für die einer grünen Ministerin dienenden Staatsanwälte keine Tat, wenn die Täter aus der grünen NGO-Szene kommen (aus der jetzt ganz zufällig auch die grüne EU-Spitzenkandidatin kommt)? Das hat viele Opfer empört, von denen manche daraufhin gegen die grünen Extremisten selbst handgreiflich vorgegangen sind.
  • So hat die Untätigkeit von Polizei und Justiz viele erzürnt, als Demonstranten (in Österreich und anderswo) die Vernichtung Israels verlangt oder (in Hamburg) die Errichtung eines islamischen Kalifats gefordert haben, also einer totalitären Diktatur, die Nichtmoslems versklavt oder ermordet.
  • So gehen die Verfassungsschutz-Organisationen in Deutschland wie Österreich politisch einäugig vor, indem sie die Identitären als extremistisch, also außerhalb der Rechtsordnung verfolgen, obwohl es kein einziges Delikt der Identitären gibt.
  • So finanziert die deutsche Linksregierung mit Steuergeld zahllose Organisationen, die auch direkte Verbindung zu gewalttätigen Aktivitäten haben, solange sie nur unter die Überschrift "Gegen rechts" passen.
  • So haben die Grünen  jetzt eine Frau als Spitzenkandidatin aufgestellt, die bisher nur durch einen Rechtsbruch bekannt geworden ist; sie hatte die Besetzungsaktionen gegen die sogenannte Stadtstraße organisiert.
  • So laden die vom roten Rathaus kontrollierten und den Steuerzahler finanzierten Festwochen ausgerechnet den griechischen Antisemiten Varoufakis zu einem Auftritt ein (der überdies Griechenland wirtschaftlich durch eine abenteuerliche Schuldenpolitik in eine schwere Krise gestürzt hatte).  
  • So berichten die Medien ganz einseitig aufgeregt groß, als jetzt ein Sozialdemokrat Opfer von Gewalttätern ist, aber fast gar nicht, wenn es ein AfD-Mann ist, der schwer verletzt wird.
  • So verliert der Staat immer öfter seine vom Gesetz verlangte ideologische Neutralität, indem er etwa an öffentlichen Gebäuden die schwule Regenbogenfahne aufhängt.
  • So war es demokratisch ein schwerer Fehler, als sich in der Corona-Zeit die Politik und die herrschende medizinische Lehre nicht auf Augenhöhe mit jenen Ärzten hingesetzt und öffentlich mit diesen argumentiert hat, sondern diese a priori verteufelt hat, die anderer Meinung gewesen sind. Das wäre aber angesichts der Dimensionen der Maßnahmen unbedingt erforderlich gewesen.
  • So haben Medien und Politik völlig überzogen auf die Demonstrationen der Impfgegner reagiert, als sich diese mit den in der NS-Zeit diskriminierten Juden verglichen haben. Denn diese Vergleiche waren gewiss geschmacklos, aber nicht judenfeindlich. Durch die Bezeichnung "antisemitisch" hat man sie absurderweise mit den Auschwitz-Mördern in eine Reihe gestellt.
  • So lassen auch die Parteien die Sprache immer mehr verkommen.
  • So bezeichnen die Grünen die Freiheitlichen regelmäßig als "rechtsextrem", obwohl es keinen einzigen Beweis für gewalttätige Aktivitäten der FPÖ gibt oder für Versuche, die Verfassung außerparlamentarisch zu stürzen, oder gar den NSDAP-Staat zu rechtfertigen (was die einzigen Berechtigungen für die Bezeichnung als "extremistisch" wäre).
  • So haben inzwischen auch einzelne Angehörige anderer Parteien diese Bezeichnung für die FPÖ übernommen; hingegen hat sich niemand für die Sauberkeit der politischen Diskussion eingesetzt, in der unbedingt zwischen "radikalen" (aber legitimen) Positionen und "extremistischen" (aber illegitimen) Positionen unterschieden werden müsste.
  • So verwendet die FPÖ immer wieder auf ihren Wahlplakaten und in Bierzeltreden einen verantwortungslos hasserfüllten Jargon, in dem etwa andere Parteien schon vor Jahren als "EU-Verräter" bezeichnet worden sind, was ein klarer Anklang an den "Hochverrat" des Strafgesetzbuches ist, der mit 10 bis 20 Jahren Haft zu bestrafen ist.
  • So zieht die FPÖ in diesen Wahlkampf mit einer noch ärgeren Steigerung der verbalen Aggressivität, indem sie der EU (und nicht etwa Wladimir Putin) "Kriegstreiberei" vorwirft.
  • So attestiert die FPÖ der EU gar eine Geisteskrankheit, indem sie "EU-Wahnsinn" plakatiert.
  • So attestieren die Moslemverbände den Europäern eine andere Geisteskrankheit, eine "Phobie", also eine medizinische Angststörung, in ihrem Fall eine Islamophobie.

Das Schlimmste: Die Täter bei all diesen Eskalationsstufen haben keinen Hauch eines schlechten Gewissens, obwohl sie alle zu klaren Fehlentwicklungen, zu einem Ende der Demokratie betragen. Aber ihnen allen geht es nur darum, sich selbst als möglichst bemitleidenswertes Opfer der bösen anderen darzustellen, was in einer woken Gesellschaft anscheinend immer Punkte bringt.

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