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Zwei Nachbarn – kein Vergleich

Es ist spannend, nach den Ursachen zu forschen, warum Italien, zweitgrößter Nachbar Österreichs, in den letzten Jahrzehnten wirtschaftlich und damit auch sozial ständig abgebaut hat, während sich etwa Tschechien seit Jahren in kontinuierlichem Aufstieg befindet.

Kern der Antwort: Die Italiener sind nicht mehr wettbewerbsfähig genug – obwohl ihre Kreativität noch immer ein hervorragendes Image hat, obwohl einst die Lombardei eines der wichtigsten Industriezentren Europas gewesen ist. Aber Italiens Produkte sind zu teuer. Und das ist Folge der Tatsache, dass die von starken und kampfeslustigen Gewerkschaften erkämpften Löhne zu hoch sind.

Das hatte lange nichts gemacht: Denn die Wirkungen übertriebener Lohnerhöhungen auf die Exportpreise sind einst immer durch Abwertung der Lira egalisiert worden. Dann aber hat der Euro-Eintritt dieses Instrument außer Funktion gesetzt – und gleichzeitig Kredite sehr billig gemacht. Das hat Italiens Exporten geschadet, fast ein Drittel der verarbeitenden Firmen sind untergegangen. Gleichzeitig entstand eine Überschuldungsblase. So ist die Staatsverschuldung lange bei rund 100 BIP-Prozent gewesen, und sogar leicht zurückgegangen. Aber ab 2009 ist sie explodiert und bewegt sich jetzt bei 150 Prozent. Dazu kommen noch hohe negative Target-Salden im Euro-Verrechnungssystem, die zwar von der EZB für belanglos erklärt werden, die aber im Falle eines Euro-Austritts automatisch Staatsschulden sind.

Tschechien hingegen ist – trotz theoretischer Verpflichtung – nie dem Euro beigetreten. Das Durchschnittseinkommen bewegt sich bei nur rund zwei Drittel der Italiener. Dennoch gibt es kaum Streiks. Denn langfristig zeigen alle sozialen wie wirtschaftlichen Trends nach oben. Gleichzeitig lagen und liegen die Staatsschulden immer weit unter 50 Prozent.

Wie stark das Land mittlerweile geworden ist, kann man an zwei spektakulären Einstiegen bei renommierten österreichischen Unternehmen sehen – die viele Österreicher überrascht haben: Zuerst war da die mehrheitliche Übernahme der Casinos Austria durch die tschechische Sazka-Gruppe, dann die Übernahme der Immofinanz durch die CPI-Gruppe von Radovan Vitek.

Umgekehrt scheinen hingegen die Zeiten endgültig vorbei, als sich österreichische Banken in Tschechien günstig einkaufen konnten – oder italienische in Österreich: Der Kauf der deutschen HVB und der Bank Austria durch Uni-Credit ist 17 Jahre her. Und wäre heute völlig undenkbar.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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