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Die EU auf alten Irrwegen – nein, auf noch viel schlimmeren

Relativ rasch musste man in den letzten Tagen die vorübergehend aufgeflammten Hoffnungen wieder aufgeben, dass mit der neuen EU-Kommission und dem neuen EU-Parlament mehr Vernunft und Mäßigung in Brüssel eingekehrt wären. Fast muss man sagen: Beides fehlt heute sogar noch mehr in der EU-Politik.

Zu diesem Schluss veranlassen etliche Aktionen der letzten Tage:

Mindestlöhne

Die Kommission hat eine Initiative "für faire Mindestlöhne innerhalb der EU" gestartet, die "gerecht" und "inklusiv" seien. Dieses Vorhaben und diese Lieblingsvokabel dampfplaudernder Politiker klingen nett, zumindest für Gewerkschafter. Ein solches Vorhaben kann jedoch nur eine weitere absurde Überregulierung bedeuten. Und es muss zwangsläufig katastrophal enden. Als ob die EU nicht schon genug scheiternde Vereinheitlichungsprojekte am Hals hätte.

Das Vorhaben ist nicht nur deswegen Unsinn, weil etliche Länder wie Österreich aus Respekt vor den Sozialpartnern gar keinen gesetzlichen Mindestlohn kennen (Waaas? Da ist noch etwas nicht geregelt und reguliert??? Das muss schnell beseitigt werden! Sicher verhungern ja die Menschen in Österreich!). Zu dieser Bewertung "Unsinn" muss man aber vor allem auch dann kommen, sobald man die Höhen der diversen gesetzlichen Mindestlöhne kennt: In Irland liegt sie bei 1656 Euro; in Bulgarien hingegen bei 286 Euro. Und da denken europäische Bürokraten über eine Angleichung nach!

Dabei ist völlig eindeutig, dass eine auch nur teilweise vollzogene Angleichung Hunderttausende Bulgaren ihren Job kosten würde. Egal, Hauptsache, man hat sich wieder als Gutmensch betätigt …

Die polnischen Richter

Die Kommission verlangt jetzt eine Einstweilige Verfügung des EU-Gerichtshofs gegen Polen. Einziger Anlass dieses völlig ungewöhnlichen Schritts: Polen will durch ein neues Gesetz seinen Richtern verbieten, sich öffentlich politisch zu äußern. Die EU-Kommission sieht darin eine fürchterliche Verletzung des Rechtsstaats.

Dabei gibt es Hunderte andere Missstände in europäischen Ländern, die viel dringender abgestellt gehörten. Die Kommission hat jedoch nicht einmal dann so scharfe Maßnahmen verlangt, als gleich zwei (sozialistische) EU-Regierungschefs kritische Journalisten ermorden ließen. Oder als etliche andere EU-Regierungen die verankerten Defizitregeln massiv verletzt und damit die ganze Eurozone gewaltig destabilisiert haben.

Je mehr man über das neue polnische Gesetz nachdenkt, umso weniger ist darin überhaupt ein Missstand zu erkennen. In Wahrheit ist es sogar sehr weise. Es verlangt von Richtern nämlich genau das, was etwa die Fußballregeln den Schiedsrichtern vorschreiben: dass sie nicht selber mitspielen. Es ist völlig richtig, dass Richter, die ja in einer überregulierten Welt große Entscheidungsmacht haben, sich auf ihre sachlichen Entscheidungen konzentrieren, dass sie aber nicht auch schon im Vorfeld Politik machen und Urteile vorwegnehmen.

EU-Kampf gegen Ungarn geht wieder los

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, des Zusammenschlusses der christdemokratischen Parteien Europas, hat jetzt völlig überflüssig den Konflikt zwischen der EVP und ihrer suspendierten Mitgliedspartei aus Ungarn neu angeheizt. Statt die Entspannungssignale rund um die Wahl der neuen EU-Kommission fortzusetzen, provoziert Manfred Weber: Es gebe mit Ungarn nichts zu verhandeln, stänkerte Weber. "Wer dabei sein will, muss zeigen, dass er den Werten folgt."

Fragt sich nur, welche Werte der treue Gefolgsmann der Angela Merkel eigentlich meint. Die Öffnung der Grenzen Europas für Millionen illegale Migranten? Die vertragswidrige Nichteinhaltung der Defizitgrenzen durch viele Länder? Das hemmungslose Gelddrucken der Europäischen Zentralbank? Die ständige Überproduktion immer neuer überflüssiger Regeln durch die EU?

Genau für das alles ist die Politik der EU und ihrer größten Fraktion in den letzten Jahren gestanden. Im Vergleich dazu ist die Politik der ungarischen Fidesz-Partei viel eher christdemokratisch. So ist Ungarn etwa jenes Land, das weitaus am meisten Aktionen zur Unterstützung der in anderen Kontinenten massiv verfolgten Christen gestartet hat. Aber Herrn Weber und offenbar der Mehrheit der EVP ist es völlig gleichgültig, dass wir in der Epoche der größten Christenverfolgungen der Menschheitsgeschichte leben.

Hauptsache, man schwafelt ständig etwas von "Werten" und meint damit doch nur die eigene Macht; meint damit, dass man den EU-Kommissionspräsidenten ähnlich einem Monarchen nicht mehr kritisieren dürfe (wie es die Fidesz bei Herrn Juncker getan hat); meint damit, dass es Schwerverbrechen seien, wenn Ungarn wie jedes andere EU-Land seine eigenen Regeln für die Zulassung einer Privatuniversität umsetzt und wenn es einen amerikanischen Milliardär kritisiert, der sich in die inneren Angelegenheiten Ungarns eingemischt hat (Herr Soros hat das übrigens nicht nur in Ungarn versucht, sondern etwa auch in Großbritannien; dort hat beispielsweise der Soros nahestehende Guardian einst begeistert über eine großangelegte Anti-Brexit Kampagne des Milliardärs berichtet).

Spaniens politische Gefangene

Die EU ignoriert auch die skandalöse Tatsache, dass ein großes Mitgliedsland, nämlich Spanien, politische Gefangene hält: Katalonische Politiker sind von Spanien zu langjährigen Strafen verurteilt worden, weil sie in ihrer Region ein Unabhängigkeitsreferendum abgehalten haben. Noch ungeheuerlicher ist, dass die EU sogar die Frechheit Spaniens ignoriert hat, das einen dieser Katalanen auch dann noch unverändert in Haft hält, obwohl er zum EU-Abgeordneten gewählt worden ist. Zwar hat der EU-Gerichtshof seine Freilassung verlangt. Aber Spanien befolgt dieses Urteil einfach nicht. Und EU-Parlament wie Kommission schauen krampfhaft weg.

Eine erstaunliche Bilanz: Bei Ungarn und Polen wird neues Recht erfunden, das es nie gegeben hat. Bei Spanien wird das Recht eiskalt gebrochen.

Der Iran-Konflikt

Der österreichische Außenminister äußerte sich jetzt genau auf der gleichen Linie wie viele andere EU-Länder zum Iran-Konflikt. Das "Kernanliegen" sei die "friedliche Streitbeilegung".

Jedoch: Auch Herr Schallenberg irrt mit dieser Aussage ganz fundamental. Das wirkliche Kernanliegen muss ein dauerhafter Frieden sein und nicht so wie schon mehrmals ein reiner Formelkompromiss, in dessen Schatten ein neuer großer Krieg vorbereitet wird.

Den dauerhaften Frieden gibt es aber nur, wenn der Iran nicht nur ein paar Monate lang, sondern dauerhaft und nachweisbar auf Atomwaffen verzichtet. Wenn das Land nicht mehr Israel offen mit Vernichtung bedroht. Wenn das Land nicht mehr die Terroristen von Hamas bis Hisbollah finanziert und mit Waffen versorgt. Wenn iranische Truppen nur noch deshalb in Syrien und im Irak stehen, um gemeinsam mit anderen die Reste des "Islamischen Staates" zu vernichten, danach diese Länder aber unverzüglich verlassen.

Alle diese absolut notwendigen Voraussetzungen eines echten Friedens sind bisher leider nicht zentrale Elemente der EU-Iranpolitik gewesen. Warum? Die Antwort ist ernüchternd: Schallenberg und der EU ist in ihrem Kurzfristdenken wirklicher und dauerhafter Frieden im Nahen Osten wurscht. Europa will nur bald wieder Geschäfte mit dem Iran machen können. Zu echter Friedensstiftung war die EU leider noch nie imstande.

Absurde Klima-Billion

Und von der Billion – also tausend mal tausend Millionen! – Euro, die die neue EU-Kommission jetzt für ihren "Klimakampf" haben will, sei gar nicht lange geredet. Diese Forderung Brüssels ist schlicht nur noch empörend. Vor allem auch dann, wenn die EU gleichzeitig die Mitgliedsländer zu noch viel teureren Klimazielen zwingt.

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