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Hypo/Heta: Alle Varianten bringen neue Schmerzen

Bisweilen werden Entscheidungen unnötig, wenn man sie aufschiebt. Meistens tritt dies aber nicht ein und die Folgen werden durch das Aufschieben nur noch schlimmer. Ein dramatisches Beispiel ist die Causa Heta, der Zusammenbruch der einstigen Hypo Alpen-Adria. (Mit einer nachträglichen Ergänzung)

Da hilft es nichts mehr, noch viele Monate mehr jeden einzelnen Baum im Hypo-Dschungel zu untersuchen, wie das der Untersuchungsausschuss seit Monaten penibel, wenn auch recht amateurhaft tut. Man sollte vielmehr viel stärker den Blick auf den Wald, aufs Ganze richten. Das führt zu genau der gleichen Kernfrage, der Österreichs Regierung schon seit 2009 ununterbrochen aus dem Weg geht:

Sollen die nicht durch Gegenwerte gedeckten Hypo-Schulden von allen Österreichern getragen oder sollen sie durch einen Konkurs des für diese Schulden haftenden Landes Kärnten getilgt werden?

Um nichts anderes geht es. Der Rest sind kleine und große Dummheiten, Fahrlässigkeiten und Gaunereien der Vergangenheit. Die keineswegs ignoriert werden dürfen, die aber die Antwort auf die zentrale Frage nicht erübrigen.

Vier Finanzminister, drei Vizekanzler, zwei Parteien und ein Bundeskanzler haben in all diesen Jahren jedoch jede Antwort vermieden. Es wurde immer wieder die österreichische „Lösung“ eines ständigen Aufschiebens gewählt. Die halt keine Lösung ist.

Was spricht für und gegen die beiden Alternativen? Gegen die Übernahme der Schulden durch den Bund spricht, dass dann auch die Bewohner von acht Bundesländern zum Handkuss kämen, die nicht einmal indirekt von der Hypo profitiert haben. Das empfindet die große Mehrheit der Österreicher zu Recht als tief ungerecht. An ihrer Stelle sollten Kärntner und Gläubiger leiden. Sie sind ja der Hypo eindeutig nähergestanden, sie haben freiwillig deren Anleihen gekauft, von Haftungsprämien profitiert oder gehofft, dass die hochriskanten Geschäfte der Hypo gut ausgehen werden.

Jedoch: Auch gegen einen Konkurs Kärntens, also die zweite Alternative, spricht Gravierendes: Etwa die Tatsache, dass dafür keinerlei Rechtsrahmen vorhanden ist, weshalb primär Hunderte Rechtsanwälte profitieren würden. Ein Konkurs Kärntens wäre indirekt aber auch für alle anderen Bundesländer und die Republik selbst schädlich. Denn ihre Kreditwürdigkeit würde sich auf viele Jahre verschlechtern. Österreich stünde an den internationalen Märkten als unseriöses Land da, in dem etwas passiert, was in ganz Europa so noch nicht passiert ist: nämlich der Konkurs einer Provinz zulasten (auch) der Gläubiger. Was sich Österreich durch Nichtbedeckung der Hypo/Heta-Schulden erspart, würde es also durch diesen Reputationsverlust wieder verlieren.

Es ist also eine Wahl zwischen Skylla und Charybdis. Politisches und rechtliches Kalkül spricht für den Konkurs; das ökonomische eher für die Schuldenübernahme.

Die Gläubiger haben sich jedenfalls längst gegen jeden Kompromiss entschieden und darauf beharrt, dass die Republik letztlich doch zahlen wird. Und sie scheinen recht zu behalten. Denn Schritt für Schritt hat der Bund nachgegeben, obwohl er vor jedem Schritt gesagt hat: Ein besseres Angebot gibt's nicht.

Das nun vorgelegte allerjüngste Angebot bedeutet in Wahrheit: Der Bund - also der österreichischen Steuerzahler -  wird den Gläubigern so gut wie alles zahlen. Der Finanzminister bietet den Gläubigern der Heta eine 100-prozentige Abdeckung ihrer Forderungen durch langfristige Bundesanleihen. Lediglich Zinsen soll es keine geben - was aber in Zeiten der europaweiten Nullzinsen ziemlich irrelevant ist.

Man darf konstatieren: Zwischen der Republik und den Gläubigern ist es wie auf einem orientalischen Basar zugegangen. Mit einem klaren Ergebnis: Beim Feilschen hat voll der Bund verloren. Was aber kein Wunder ist, da er auf Grund der Kärntner Haftungen sehr schlechte Karten hatte. Übrigens zeigte in den letzten Tagen auch das Beispiel Argentiniens, dass am Schluss, wenngleich nach einem jahrelangen Nervenkrieg, immer die Gläubiger die besseren Karten haben und gewinnen (zumindest wenn sie sich rechtlich einen Gerichtsstand in Drittländern gesichert haben).

Das alles ist wohl unvermeidlich, wenn man die beiden Alternativen abwägt. Das alles hätte man wohl auch Jahre früher haben können (wenn sich der Bund 2009 schon die Bank von den bayrischen Eigentümern andrehen hat lassen, die völlig unverdient gut davongekommen sind). Das alles heißt ein weiteres Ansteigen der österreichischen Staatsschuld - denn es werden ja nun deutlich mehr Staatsanleihen ausgegeben werden müssen, um die Gläubiger zu bedienen.

Erstaunlich ist freilich, wie sehr Politik und Medien derzeit verwischen, dass der Bund am Ende trotz seiner früheren vollmundigen Ankündigungen die Hosen voll heruntergelassen hat. Das wollen Politik wie Medien knapp vor den Präsidentenwahlen verheimlichen. Statt dessen inszeniert man halt zur Ablenkung bei jeder Sitzung des Untersuchungsausschuss im Parlament einen Riesenwirbel über uralte Details.

Erstaunlich ist aber auch, wie gut letztlich die ja an dem Desaster hauptschuldigen Kärntner davongekommen sind. Aber auch dieser Aspekt wird vor der Wahl kräftig verwischt.

Nachträgliche Ergänzung: Konnte man ein paar Tage lang annehmen, dass die Gläubiger das letzte österreichische Angebot annehmen, da sie ja fast alle ihre Forderungen erfüllt bekommen, so scheint es nunmehr doch nicht so: Die Gläubiger wollen nicht "fast" alles. Sie wollen alles. Und die Republik steht endgültig nackt da. Wer schon so oft nachgegeben hat, wird wohl auch jetzt noch einmal nachgeben. Und vielleicht endlich zweierlei lernen: Erstens, Haftung ist Haftung und kein Anlass zum Feilschen. Zweitens, die Republik steht es nicht durch, sich für ihre Bundesländer unzuständig zu erklären. Sie sollte daher diese im Gegenzug viel kürzer an die Leine zu nehmen versuchen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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