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Politik im Jauchebad: Die Geschäfte eines Tugendwächters

„Es ist ja eh kein Geld geflossen.“ War das nun die Ausrede von Hannes Jarolim oder jene von Ernst Strasser? Der Österreicher  hat da derzeit sehr ähnliche, kaum noch unterscheidbare Klänge in den Ohren. Und nicht nur bei Strasser, sondern auch bei Jarolim ist über den einen aktuellen Fall hinaus, der derzeit die Medien beherrscht, auch das Verhalten in anderen Causen mehr als problematisch. Bei allen Unschuldsvermutungen ist nämlich die Verdachtslage einer Vermischung von beruflichen, daher am Ende immer einkommensorientierten Aktivitäten mit den politischen und rechtlichen Möglichkeiten eines gewählten und immunen Volksvertreters sehr dicht. Viel dichter als bei einem Karl-Heinz Grasser übrigens.

Es entbehrt jedenfalls nicht der Ironie der Geschichte, wenn jetzt bei der SPÖ einer der obersten Tugendwächter, nämlich der Abgeordnete und Rechtsanwalt Hannes Jarolim, durch eine neue Affäre ins Zwielicht gerät. Dabei ist es mehr als verwunderlich, dass ein viel besser dokumentiertes und mindestens ebenso problematisches Verhalten Jarolims bisher noch nie thematisiert worden ist: Er war nämlich jahrelang gleichzeitig Abgeordneter und Rechtsanwalt der bis zum Crash unter Staatskontrolle stehenden AUA, also einer Firma, die angesichts ihrer schlechten Geschäfte intensiv von politischer Rückendeckung abhängig war.

Aber die bürgerlichen Parteien dieses Landes haben sich offenbar im Parlament immer unter Gentlemen gewähnt und solche Fälle nie aufgegriffen, obwohl ihre jeweils attraktivsten Leute ständig gezielt mit Jauche begossen wurden. Ob das nun die von Jarolim besonders gern und heftig geschwungene Faschismuskeule ist oder das derzeitige Durchwühlen von Dissertationen und Diplomarbeiten bürgerlicher Politiker.

Zurück zu Jarolim: Seine Tätigkeit für die AUA hat ihm jedenfalls satte Honorare eingebracht. Solche erhalten zu haben, leugnet er ja in der aktuellen Causa Staatsdruckerei. Diese zeigt aber auch intensive Parallelen zu Hannes Androsch. Dessen Steuerberatungsfirma Consultatio ist während Androschs Finanzministerzeiten auf ein Vielfaches angewachsen.

Sich Steuer- oder Rechtsberater mit politischem Einfluss zu suchen, ist zwar ein logisches Verhalten und auch das Recht vieler Beratungssuchender. Dass ein Minister oder Abgeordneter da jedoch keinen dicken Trennungsstrich zieht, ist hingegen viel heikler. Und besonders heikel ist es, wenn der Klient eine staatseigene Firma wie die AUA ist. Bei der Wirtschaftskammer ist vor wenigen Wochen ein Funktionär zurückgetreten, weil er seiner eigenen Firma einen relativ winzigen Auftrag erteilt hat. Und bei der SPÖ?

Hannes Androsch wurde von Bruno Kreisky nicht zuletzt wegen dieser unsauberen Trennung aus der Regierung entfernt. Man darf gespannt sein, wie es mit Jarolim weitergeht. Denn auch die aktuell überall diskutierte Causa ist politisch mehr als pikant:

Der Abgeordnete Jarolim hat gegen die privatisierte Staatsdruckerei einen politischen Kampf geführt. Der Rechtsanwalt Jarolim hat Konkurrenten der Staatsdruckerei als Klienten anzuwerben versucht oder genauer gesagt: Ein mit ihm kooperierendes und ansonsten völlig unbekanntes Institut hat Jarolims diesbezügliche Dienste angeboten. Was letztlich wenig Unterschiede macht.

Beides sind zwar an sich absolut legale Vorgänge. Sie werden aber dann übelriechend, wenn ein und dieselbe Person da politisch wie anwaltlich aktiv ist. Jarolim dürfte wohl nur deshalb dem Strafrichter entgehen, weil sich ja die österreichischen Abgeordneten bei den Gesetzen zu den diversen Korruptions-Tatbeständen immer selbst von der Strafbarkeit befreit haben. Politisch haltbar dürfte der rote Linksaußen (der sich ja durch die Teilnahme an gewalttätigen linken Demonstrationen als besonders guter Gutmensch erwiesen hat) freilich dennoch nicht sein. Auch wenn es an sich absolut bedauerlich ist, dass da schon wieder ein Freiberufler weniger im Parlament ist und dass statt dessen wahrscheinlich eine weitere Arbeiterkammer-Kreatur einzieht. Deren ganzes Geschäftsmodell auf politischer Korruption beruht.

Natürlich versucht Jarolim selbst die Angelegenheit nicht nur als harmlos, sondern auch als Retourkutsche der ÖVP darzustellen. Was möglich ist – obwohl die von Jarolim bekämpfte Staatsdruckerei vor allem einem ehemaligen LIF-Politiker nahesteht. Daher ist es eher wahrscheinlich, dass primär die Staatsdruckerei die Causa nach außen gespielt hat – da man dort natürlich die engen Parallelen zum Strasser-Skandal gesehen hat. Der ÖVP in ihrem derzeitigen Torkel-Zustand traue ich eine solche Aktion vor allem gar nicht mehr zu.

Der Demokratie tut das alles jedenfalls gar nicht gut. Die Menschen verlieren täglich noch mehr Vertrauen. Und gleichzeitig hätte dieses Land bedrohliche Herausforderungen zu meistern. Es bräuchte eine starke Führung, die diese Probleme angeht, bevor diese in ein oder zwei Jahren portugiesische Ausmaße annimmt. Aber statt darum zu ringen, wühlt ein guter Teil der politischen und medialen Klasse wie ein Trüffelschwein im Dreck.

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