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Sparen sollen die anderen, die Regierung tut das Gegenteil

Es war für die Medien die unbedeutendste Meldung dieser Woche und wurde daher meist ignoriert. Sie zeigt aber in Wahrheit deutlicher als alles andere, wie wenig diese Regierung von Wirtschaft versteht, wie sehr sie – Hand in Hand mit seltsam willkürlichen Sparmaßnahmen – das Geld in hohem Bogen beim Fenster hinauswirft. Und wie nahe sie der Korruption steht.

Neben den vielen schon hier aufgezählten Verschwendungsaktionen geht es heute um „Höhere Schwellen bei Vergaben“.

Bitte trotzdem weiterlesen, es klingt nur fad, ist aber durchaus aufregend. Es ist ein Paradebeispiel, wie nahe Werner Faymann und seine Regierung und die Bundesländer und die Wirtschaftskammer an der Korruption gebaut sind.

Es geht dabei um die Einkäufe und Aufträge der öffentlichen Hand. Mit gutem Grund – und mit für den Steuerzahler erfreulichen Ergebnissen – hat die Regierung Schüssel jeden Einkauf über 40.000 Euro aus öffentlichen Kassen an ein Vergabeverfahren gebunden. Gleichzeitig wurden alle Bundesstellen verpflichtet, die Einkäufe über eine gemeinsame Beschaffungsgesellschaft zu poolen.

Das hat satte Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich gebracht. Denn wie jeder Mitarbeiter von Billa oder Spar weiß, kann man durch gepoolten Großeinkauf viel, viel billiger einkaufen, als wenn jede Filiale einzeln beim Großhandel vorsprechen müsste. Darüber hinaus ist es manchen Lieferanten – etwa jenen von Repräsentationsautos – auch aus Prestigegründen viel wert, wenn Regierungsmitglieder mit ihren Produkten photographiert werden. Und stellen diese daher extrem günstig zur Verfügung.

Der Steuerzahler ersparte sich noch aus einem weiteren Grund viel Geld: Denn es gibt seit der professionellen Zusammenfassung und der strengen Ausschreibungspflicht für staatliche Einkäufe keinen Grund mehr für Lieferanten, sich den Einkaufsabteilungen der diversen Bundesstellen besonders erkenntlich zu zeigen. Was ja früher viele arme Beamte – natürlich ganz zu Unrecht – in Korruptionsverdacht gebracht hatte. Und was natürlich immer den Preis erhöht hat.

Allein: Im Mai 2009, am Höhepunkt der Krise, hat die Regierung verordnet, dass öffentliche Aufträge erst ab 100.000 Euro ausgeschrieben werden müssen, Bauaufträge gar ab einer Million. Das mag damals kurzfristig auch Sinn gehabt haben, denn dadurch konnten einige Aufträge rascher in den Wirtschaftskreislauf gebracht werden.

Das österreichische Vergaberecht hat nämlich einen Nachteil: Es verhindert zwar sehr effizient Durchstechereien, es ist aber zu einem kasuistischen und nur für Spezialisten durchschaubaren Moloch mit 350 Paragraphen angewachsen. Es ist mit bisweilen langwierigen Verfahren und Anfechtungsmöglichkeiten verbunden. So kann wirklich das Fehlen der dritten Kopie eines Schriftstücks in einem Angebotsakt dazu führen, dass ein Anbieter komplett aus dem Rennen um einen Auftrag geworfen wird. Was dem Steuerzahler nichts nutzt, im Gegenteil:  Dadurch wird oft der billigste ausgebootet.

Das ist nur gut für Rechtsanwälte, aber mühsam für die Abwicklung. Es wäre daher durchaus sinnvoll, wenn man die bürokratisch-juristischen Mühseligkeiten des Vergabrechts zu straffen beginnt. Das würde auch deutliche Personal-Einsparungen in Bundesvergabeamt und sonstigen Körperschaften ermöglichen.

Aber zurück zur unsinnigen Erleichterung der Vergabe von Staatsaufträgen. Diese hat nur kurzfristig und nur am Höhepunkt der Krise einen Sinn. Hingegen in Zeiten, wo hinten und vorne gespart wird, wo die Regierung alle Einkaufsbudgets drastisch zurückfährt, ist das absolut sinnlos. Das gesamte Auftragsvolumen wird ja nicht größer, sondern kleiner. Und wenn Aufträge wirklich rascher vergeben werden sollten, wird es in der zweiten Jahreshälfte umso weniger Geld für weitere Aufträge geben.

Auch sonst überwiegen längst die Nachteile zu Kosten des Steuerzahlers, wie vor allem die breit gestreuten Korruptionsmöglichkeiten und die viel höheren Preise, wenn jeder wieder einzeln einkauft.

Das hat aber Bundeskanzler Faymann nicht gehindert, diese Woche die Erhöhung der Schwellenwerte, ab denen etwas ausgeschrieben werden muss, auch noch für das ganze Jahr 2011 zu verlängern. Das bringt kein zusätzliches Geld in die Wirtschaft, sondern bereichert nur jene, die gute Beziehungen zum auftraggebenden Politiker haben. Und seiner Partei.

Faymann muss jetzt noch die Zustimmung der Bundesländer einholen, bevor diese Verlängerung in Kraft tritt. Wetten, dass man auch dort die politischen Vorteile der – in jeder Hinsicht – freien Hand erkennt und keinen Einspruch erhebt?

Genauso sicher ist die Wette, dass auch die Wirtschaftskammer keinen Einspruch erheben wird. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass deren Chef in Sonntagsreden immer von der Bedeutung des Wettbewerbs lächelt. Und von der Notwendigkeit, endlich mit dem Sparen zu beginnen. Aber wenn es wirklich darum gehen sollte, jene Firmen zu vertreten, die durch Leistung und Preis (und nicht durch Beziehungen) am besten sind, vergisst Herr Leitl am Montag sofort das, was er am Sonntag gelächelt hat.

Und auch die Bundesregierung vergisst sofort ihre treuherzigen Beschwörungen, dass doch alle sparen müssten, wenn es darum geht, dass sie selbst ganz leicht wo sparen könnte. Da spart es sich doch allemal besser bei den kinderreichen Familien. Oder den Universitäten. Oder den Linzer Autofahrern.

 

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