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Der nächste Mord auf offener Theaterbühne

Die Kulturszene ist zweifellos die erfolgreichste Erpressungs-Gang des Landes. Kaum pariert ein Politiker nicht – was in der Regel vor allem bedeutet, er bringt kein "Geld her" –, wird er mit unglaublicher Aggressivität fertiggemacht. In Österreich hat diese Szene zwei sehr wirksame Helfershelfer, die Kulturjournalisten einerseits und die verbreitete, aber inhaltlich nie reflektierte Überzeugung andererseits, Österreich wäre ein Kulturland, weshalb seine Steuerzahler jede Forderung erfüllen müssten, wo "Kultur" oder "Kunst" drübersteht.

Jetzt ist Ulrike Lunacek Opfer der Szene geworden. Sie ist genauso fertiggemacht worden wie einst etwa Franz Morak, der zwar unter dem Schutz des damaligen Bundeskanzlers bis zuletzt durchgehalten hat, der aber mit hoher Wahrscheinlichkeit als Wirkung der konzentrierten Inhalation von Hohn, Gift und Galle aus der Szene physisch erkrankt ist, und der nach Überwinden seiner Krankheit sogar brutal an der Rückkehr in seinen künstlerischen Beruf gehindert worden ist. Obwohl er früher ein sehr beliebter Burgschauspieler und Sänger gewesen ist.

Das zeigt schon, wie infam diese Szene sein kann. Schon im vorigen Jahrhundert hat sie etliche Unterrichtsminister fertig zu machen versucht. Zwischen Morak und Lunacek hat die Szene allerdings feige den Schwanz eingezogen, weil die Herren Ostermayer, Drozda und Blümel machtmäßig die unmittelbare Nummer zwei hinter dem jeweils amtierenden Bundeskanzler gewesen sind. Umso lustvoller haben sie sich davor und danach an den beiden Staatssekretären ausgetobt – schon deshalb, weil man es gewagt hat, für Kultur "nur" einen Staatssekretär zu nominieren.

Der Erfolg der Inszenierung "Killt Lunacek" hat den Irrglauben zerstört, dass es der Szene primär um ideologische oder feministische Anliegen ginge, weshalb eigentlich eine linke Politikerin besser geschützt sein müsste. Gewiss: Inzwischen hat in dieser Szene jeder gelernt, welche linksgrüne Phrasen dem medialen Zeitgeist entsprechend abzusondern sind, wenn ein Mikrophon auftaucht. Aber nun ist klar: Die materiellen Interessen sind ihnen weit wichtiger als alle ideologischen Fragen.

Gewiss geht es Theatern, Veranstaltern, Musikern, Galerien usw. sauschlecht. Nur: Das ist auch für viele andere Branchen dieses Landes der Fall. Aber keine dieser anderen Branchen hat mit so hasserfüllter Aggression, so laut und so hemmungslos agiert wie die Kulturszene. Keine andere Branche hat so einäugig agiert, als ob es die Pandemie gar nicht gäbe und alle Restriktionen nur Sadismus einer kulturlosen Politik wären.

Beim Vortragen ihrer Aggression hat diese Szene drei Vorteile zu nutzen gewusst:

  • Zum ersten sind viele von ihnen das lautstarke Agieren in der Öffentlichkeit schon beruflich besser gewöhnt als viele jetzt vor der Pleite stehende Unternehmer.
  • Zum zweiten leben sie seit jeher von der Fiktion, dass in Österreich die Kultur – was auch immer das eigentlich genau ist – ein höheres Wesen wäre, dessen Fütterung der wichtigste moralische Auftrag an die Steuerzahler wäre.
  • Zum dritten haben sie – abgesehen vom Sport – als einzige Berufsgruppe in Österreich eine massive und nur auf sie fixierte Helfershelfer-Partie im Journalismus.

Vom ORF bis zu allen Zeitungen gibt es nämlich aufgeblähte Kulturredaktionen, die gleichsam symbiotisch mit und von der Szene leben. Kulturredakteure haben in aller Regel von Wirtschaft oder Politik keine Ahnung – eines wissen sie aber genau: Ihre eigene Existenz, der Umfang der zur Verfügung stehenden Sendeminuten und der zu füllenden Zeitungsseiten ist in hohem Maße vom Ansehen der Kulturszene abhängig.

Daher werden sie nie diese Szene hinunter-, sondern immer in einen göttlichen Olymp hinaufschreiben. Damit können sie die Tatsache vergessen lassen, dass in fast keinem Land jene Seiten und Sendungen, wo "Kultur" oder "Feuilleton" drübersteht, in Relation zu allen anderen Ressorts überproportional so bevorzugt sind wie hierzulande. Damit können sie auch den Umstand vergessen lassen, dass die Kulturseiten die weitaus schlechtesten Lesequoten haben.

Die Symbiose zwischen Szene und Kulturjournalismus ist in Zeiten der Corona besonders dramatisch schlagend geworden. Zwar sind etliche Kultur- und Sportredakteure in Kurzarbeit geschickt worden. Aber die restlichen haben wirklich zwei Monate lang kein anderes Thema gehabt, als die Klagen der diversen Direktoren, Künstler und Lobbying-Verbände abzudrucken, wie furchtbar und ungerecht man doch in Österreich mit der Kultur umginge. Dass es in vielen Ländern und Branchen derzeit ähnlich zugeht, hat sie hingegen keine Sekunde interessiert. Sie wollten nicht objektiv darstellen und analysieren, sondern im eigenen Interesse Druck machen.

Bezeichnenderweise bin ich ja selbst auch als Zeitungs-Chefredakteur daran gescheitert, die Kulturredakteure dazu zu bringen, den Erfolg und damit die Lebensexistenz etwa der Theater in Sachen Zuschauer, in Sachen Einspielergebnisse intensiv und objektiv zu verfolgen. Solange ihnen persönlich die Inszenierungen gefallen (was besonders oft bei publikumsvertreibendem Regietheater der Fall ist) und solange die Direktoren nett zu ihnen sind, war ein Theater für die berichtenden Medienabteilungen absolut tabu. Selbst wenn es jeden Abend halbleer steht wie beispielsweise das Wiener Volkstheater.

Der kollektive Druck dieser Journalisten und dieser Künstlerszene in Zeiten der Corona hat nun Frau Lunacek politisch das Genick gebrochen. Die Politik ist ein brutales Geschäft. Dabei bin ich völlig überzeugt, dass in diesen Wochen auch jeder andere Politiker so wie sie gescheitert wäre.

Zwar kann der Nachfolger wenigstens gewiss sein, dass es vom absoluten Nullpunkt der Corona-Zeit jetzt logischerweise nur aufwärts gehen kann, dass jetzt gleichsam zum Abschied Lunaceks die erste spürbare Erleichterung für die Szene durch die Neuregelung gekommen ist, Kulturevents mit 100 und später eventuell 1000 Teilnehmern zu erlauben. Natürlich wieder wie alles unter einem unglaublichen Wust von kasuistischen Detailregulierungen und Schikanen, bei denen man keine Kabarettisten brauchen wird, um sich über sie lustig zu machen.

Andererseits wird der Nachfolger eine Hypothek tragen: Er muss ja nicht nur ein Grüner sein, sondern auch eine Frau. Wie bei fast jeder Postenbesetzung der kleineren Regierungspartei steht lange vor jedem Namen nicht nur die Parteinähe, sondern auch das Geschlecht als wichtigste Voraussetzung fest. Es müsste daher eigentlich auch jedem genderfanatischen Grünen klar sein, dass das jede Personalauswahl arg einschränkt (so wie bei der ÖVP lange der einstige Bünde- und Länderproporz die Auswahlqualität beeinträchtigt hat). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass man bei solchen Einengungen den Besten für eine Funktion findet. Ganz abgesehen davon, dass viele intelligente Menschen vom Schicksal Lunaceks abgeschreckt "Danke, Nein. Das tue ich mir nicht an" sagen werden.

Eigentlich müsste ja der Mord der Szene an Lunacek auch den Grünen klarmachen: Das Linksgeschwätz in Schauspieler-, Autoren- und Malerkreisen ist nicht weiter ernst zu nehmen. Sie verstehen nichts von Politik oder Wirtschaft, sondern sind an ganz anderem interessiert, eben am Geld. So haben ja vor 1945 auch viele von ihnen Nazi-geschwätzt, und dann bis 1970 ÖVP-geschwätzt. Daher ist auch der Versuch der SPÖ so lächerlich, sich jetzt als Künstlerpartei zu etablieren, nachdem sie zuerst schon die Arbeiter, und dann die Pensionisten verloren hat.

Was aber könnten nun die Grünen und die gesamte Politik konkret lernen, da man erkennen muss, dass die Kunsttruppe als parteiideologischer Flankenschutz wenig geeignet ist? Vor allem sollten sie sich bewusst machen, dass viele Staaten gar keine Kultur-Minister oder Kultur-Staatssekretäre brauchen. Man blicke etwa in die USA. Die haben nichts davon – und dennoch einige der besten Museen, Opernhäuser, Musicalbühnen und Orchester der Welt.

Eigentlich müsste die Haltung praktisch aller Amerikaner zum Verhältnis Staat-und-Kultur auch bei uns für jeden liberal denkenden Menschen Labsal und Richtschnur sein. Washington hat das offiziell so formuliert: "In den USA herrscht die Überzeugung, dass es Bereiche des gesellschaftlichen Lebens gibt, aus denen sich der Staat vollständig oder zumindest weitestgehend heraushalten sollte. Zu diesen Bereichen gehört auch die Kultur und deshalb gibt es in den USA kein zentrales Kulturministerium, das für eine landesweite Kulturpolitik zuständig ist."

Was für tolle Sätze! Sie sollten eigentlich zum Evangelium jedes Liberalen gehören!

Bei uns nennen sich freilich jene "liberal", die eine möglichst starke Einmischung des Staates verlangen. In wirklich liberalen Staaten leben die Kultureinrichtungen vor allem von Eintrittsgeldern und Spenden der Bürger, die selbst entscheiden, welche Institution ihnen wichtig ist. In der österreichischen Realität hingegen müssen 90 Prozent der Steuerzahler etwas finanzieren, was sie nie konsumieren, sondern was nur einer abgehoben-präpotenten Elite zugute kommt.

Freilich: Wer das in Österreich auch nur denkt, wird von allen "Progressiven" des Landes gefoltert und geteert. In Wahrheit sind sie freilich nicht progressiv, sondern geistig tief im kaiserlichen Absolutismus des 18. Jahrhunderts verfangen, wo Kultur reine Monarchen-Sache war, wo auch ein Mozart vom kaiserlichen Wohlwollen abhängig war, und wo sich auch er nach der "Entführung aus dem Serail" von Joseph II. sagen lassen musste: "Zu schön für unsere Ohren und gewaltig viel Noten, lieber Mozart".

In Österreich stammt bezeichnenderweise wirklich fast alles, was dem Land Weltgeltung verschafft hat, und was neben den Bergen den Tourismus am Leben erhält, aus den Zeiten der Monarchie. Von den großen Kompositionen über sämtliche relevanten Gebäude, über die wunderbaren Museen und die Oper bis zu Philharmonikern und Musikverein. Letzterer entsprang allerdings im 19. Jahrhundert nicht mehr kaiserlichem Mäzenatentum, sondern – ganz im heutigen amerikanischen Sinn! – einer Initiative des stolzen Wiener Bürgertums.

In mehr als hundert Jahren Republik mit ihren ständig steigenden Steuern wurde an international attraktiven Institutionen hingegen lediglich eines neu geschaffen: Das sind die Sommerfestspiele, insbesondere jene in Salzburg.

Damit ist aber auch schon alles aufgezählt, was eine staatspolitische Legitimation hat, gefördert zu werden. Wegen dieser Dinge kommen Touristenmillionen nach Österreich. Sie schaffen hunderttausende Arbeitsplätze. Sie spielen indirekt Milliarden in die Steuerkassen. Hingegen bringt selbst das einst so angesehene Burgtheater abgesehen von eingeladenen deutschen Journalisten kaum noch irgendjemanden nach Österreich. Für den Rest der Kultur – aber das ist die hochsubventionierte Masse – gibt es überhaupt kein Anzeichen irgendeiner Umwegrentabilität mehr, die öffentliche Förderungen legitimieren würde. Die restlichen Kulturförderungen fließen nur auf Grund von nicht weiter bewiesenen Phrasen wie "Kultur ist wichtig!" Mit der gleichen Beweiskraft könnte man aber auch sagen, "Bordelle sind wichtig" oder "Würstelstände sind wichtig" und haben subventioniert zu werden.

Im Grunde wissen das alle – aber kein Politiker mit Überlebenswillen traut sich, es zu sagen.

Eine winzige Hoffnung besteht, dass der gegenwärtige Doppelschock da ein Umdenken auslösen könnte. Denn der brutale Umgang mit Frau Lunacek einerseits (unabhängig davon, ob dahinter nicht eigentlich Aggressionen der linken Kulturmänner- und Freimaurer-Machos gegen eine deklarierte Lesbe stehen) und die katastrophale finanzielle Situation als Folge von Corona andererseits könnten bewirken, dass sich die staatlichen Förderungen nur noch auf das konzentrieren, was dem Land auch irgendwie einen Nutzen bringt. Was 90 Prozent der geförderten Kulturaktivitäten nicht tun.

Die Hoffnung ist aber wirklich winzig. Denn derzeit kann man keine Zeitung aufschlagen, keinen Radio-, keinen Fernsehnachrichten zuhören, ohne dass einem sofort ein Tsunami von Forderungen aus allen gesellschaftlichen Ecken an den Steuerzahler entgegenschlägt. Alle argumentieren nach dem gleichen Muster: Es hätte sich ja gezeigt, wie viele Milliarden in Bewegung gesetzt werden können, da muss auch für uns eine dabei sein. Und seit ein Regierungsmitglied nach dem anderen die furchtbare Formulierung "Koste es, was es wolle" verwendet hat – ohne jemals zu sagen, wer denn eigentlich diese unlimitierten Kosten zahlen soll –, ist die Hoffnung auf eine Einkehr der Vernunft noch kleiner geworden.

Wir werden daher nur voyeuristisch zuschauen können, wie jetzt der Kulturmafia das nächste Opfer vorgeworfen wird.

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