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China: Die gute Nachricht ist auch eine schlechte

Es scheint nicht mehr bloß eine Eintagsfliege der Zufälligkeit zu sein: Die Corona-Daten aus China zeigen nun schon seit einer Woche in eine eindeutig positive Richtung. Das ist aufs erste eine sehr gute Nachricht, die viele auch in Europa aufatmen lässt: Die uns noch bevorstehende Leidensstrecke wirkt dadurch erstmals überschaubar, noch bevor sie so richtig begonnen hat. Aber zugleich bedeutet diese gute Nachricht auch in ganz anderer Hinsicht eine sehr schlechte. Dessen sollten wir uns dringend bewusst werden, bevor es zu spät ist.

Die positiven Nachrichten aus China dürften, nach allem, was man von Europa aus überblicken kann, stimmen. Völlig absurd sind hingegen die von China jetzt ausgestreuten Gerüchte, dass die Epidemie einst eigentlich von den USA heimlich in China eingeschleppt worden sei. Beginnt da nach ein paar friedlichen Wochen schon wieder eine Rückkehr Chinas zu üblen Vorkrisen-Methoden?

Zu geschickten, aber in diesem Fall eindeutig positiven Propaganda-Strategien ist China ja schon auf anderer Ebene zurückgekehrt: Es hat ein Flugzeug mit 30 Tonnen Medizingütern sowie ein Team ausgebildeter Ärzte nach Italien entsandt. Mit solchen Aktionen erzielt China mehr Imageverbesserung als mit hunderten Millionen für geschwätzige PR-Agenturen oder mit Heerscharen von Bloggern, wie sie Russland angeblich beschäftigt, um mittels Internet-Postings amerikanische und auch europäische Wahlen zu beeinflussen.

Was für ein Kontrast jedenfalls zu Deutschland, das derzeit an den Grenzen die Ausfuhr bestellter und bezahlter Medizinartikel verhindert! Das ist eine viel bösartigere Aktion als sämtliche Grenzsperren, die ja letztlich nur dasselbe Ziel verfolgen wie die Sperre europäischer Schulen, Universitäten, Theater und Museen: eine Reduktion der zwischenmenschlichen Kontakte.

Damit rückt China plötzlich in die globale Rolle eines positiven Helden. Dabei ist vieles dort am Anfang der Corona-Epidemie völlig fehlgelaufen, weil alle Funktionäre die Regeln eines totalitären Staates umgesetzt haben: Alle negativen Nachrichten sind zu unterdrücken, beziehungsweise streng zu verfolgen. So ist man anfangs sogar gegen Ärzte vorgegangen, die auf Sozialen Netzen über den Ausbruch der Epidemie informiert haben (einer dieser Ärzte ist sogar dann an dem Virus gestorben). Als Folge hat die chinesische Anti-Corona-Kampagne viel zu spät begonnen.

Als aber dann die negativen Nachrichten nicht mehr eindämmbar gewesen sind, hat China alle Motoren auf totalitär-militante Corona-Bekämpfung umgeschaltet. Eine 20-Millionen Region wurde hermetisch abgeriegelt; die Polizei kontrollierte alle Menschen, die sich noch auf die Straße wagten; Fabriken wurden geschlossen; Sporthallen wurden zu Massenspitälern umgewandelt; binnen weniger Tage wurden Notspitäler gebaut; ein Milliardenvolk musste Gesichtsmasken tragen.

Seit einer Woche scheint das im Kampf gegen das Virus auch zu wirken. Alle Fallzahlen gehen drastisch zurück. Und Diktator Xi Jinping – gegen den zuvor schon die Kritik gewachsen war – steht als großer Triumphator da. Diese chinesischen Nachrichten passen zu den ebenfalls positiven aus zwei anderen schwer getroffenen Regionen: aus Südkorea und der "roten Zone" in der Lombardei, wo auch extrem harte Maßnahmen die Ausbreitung reduziert haben.

Nehmen wir einmal an, in China kommt es zu keinem Rückschlag und die positiven Nachrichten aus allen genannten Regionen verfestigen sich. Dann ist das aufs erste sehr erfreulich. Aufs zweite aber sind das aber auch – auch – sehr schlechte Nachrichten mit verheerenden Konsequenzen. Denn Machthaber – diktatorische wie demokratisch ins Amt gekommene – können daraus zwei für uns brandgefährliche Lektionen ziehen:

  • Erstens: Wenn man den Menschen nur genug Angst macht, dann lassen sie sich erstaunlich viel an totalitären Methoden gefallen. Dann werden sie fügsam wie ein Heer Zinnsoldaten.
  • Und zweite Erkenntnis: Dieser Mechanismus funktioniert ganz unabhängig, ob die Angst berechtigt oder unberechtigt ist, ob die Methoden notwendig oder übertrieben sind. Denn die Menschen können ihre Sinnhaftigkeit ja nie wirklich überprüfen.

Diese zwei Lektionen aus China sind für Machthaber unglaublich verführerisch. Denn, wenn der Mechanismus des Totalitarismus schon im Kampf gegen eine Krankheit so gut funktioniert, obwohl bei ihr weit mehr als 95 Prozent der Erkrankten nach zwei Wochen gut und folgenlos überstanden haben, dann kann man diese totalitären Mechanismen ja noch viel stärker einsetzen, wenn es um den angeblich notwendigen Kampf gegen noch viel größer dimensionierte Ängste geht. Etwa wenn es gar um die behauptete Rettung der gesamten Erde, der gesamten Menschheit geht.

Das ist alles andere als ein überspitztes Gedankenspiel. Ist doch schon im ganzen Vorjahr von Medien und Grünen (was eh fast dasselbe ist) ununterbrochen getrommelt worden, dass die Welt aus Schuld der Menschen "verbrutzeln" würde. Wochenlang waren etwa Fernsehnachrichten voll von Bildern der australischen Waldbrände. Diese wurden jedes Mal zum Beweis eines nahen Endes der Welt hochstilisiert. Dabei ist diesem australischen Sommer insgesamt nicht einmal ein Zehntel jener Zahl zum Opfer gefallen, die es im kleinen Österreich im Jahr an Verkehrstoten gibt, ohne dass jemals viel über diese berichtet würde (und auch da hat sich die Opferzahl seit den 70er Jahren auf ein Siebentel reduziert). Wer zu den australischen Waldbränden gesagt hat, das seien alljährliche bedauerliche Naturkatastrophen, aber alles andere als der Untergang der Welt, der hat sich selber zum Außenseiter gestempelt, der sich nirgends mehr in den von Greta-Gläubigen dominierten Runden oder sonstwo äußern durfte. 

Die einzige Hoffnung, dass Totalitarismus nicht wie vor hundert Jahren links wie rechts zum angebeteten Vorbild wird, besteht derzeit darin, dass das britische Gegen-Experiment gut ausgeht. London hat unter Berufung auf andere Wissenschaftler auf viele radikale Maßnahmen verzichtet.

"Am Boden bleiben", "Nicht übertreiben", "Die Relationen nicht aus den Augen verlieren": Solche Sätze zählen heute weltweit zu den verbalen Todsünden. Egal ob es um Waldbrände, eine Pandemie oder gar um das von der heiligen Greta prophezeite Ende der Welt geht. Auch die Kirchen zählen nirgends mehr zu Ruhepolen einer gelassen-transzendenten Souveränität.

Das alles heißt nun nicht, dass die Anti-Corona-Maßnahmen an sich übertrieben oder unsinnig wären. Das sollte aber einen dringenden Appell an uns alle bedeuten, wachsam und skeptisch zu bleiben, wenn die Mächtigen dieser Erde unter Jubelrufen der politmedialen Elite ohne lange demokratische Rückkoppelung eine totalitäre Maßnahme nach der anderen ergreifen können. Denn auf diese werden sie nur ungern jemals wieder verzichten. Haben sie sich doch so verführerisch leicht anwendbar gezeigt. Waren die Menschen doch so bereitwillig willig. Hat man ihnen doch so problemlos einreden können, dass alles nur der Bürger wegen geschehe.

Jetzt können sich die Mächtigen bei dieser Argumentation auf China berufen, das angeblich beweisen würde, wie gut alles ist, was die Obrigkeit tut. Ständig hört man auch: "Die Experten sagen es". Diese "Experten" sagen freilich auch, die Corona-Probleme könnten zwei Jahre lang so weitergehen. Und die Erwärmungs-Panik kann man ja überhaupt noch jahrzehntelang an die Wand gefügiger Medien schreiben. Dann hat man natürlich auch so lang eine gut klingende Begründung für totalitäre Maßnahmen.

Selbst, wenn ich der einzige im Land wäre, macht mir deshalb so manches bang, was da in Europa und Österreich derzeit rund um Corona geschieht. Vor allem eben schon deshalb, weil es so wenige warnende Stimmen gibt. Etwa zu folgenden Vorgängen:

  • Vorgeschriebene Kommunalwahlen in zwei Bundesländern werden kurzerhand abgesagt (man denke nur daran, unter welchen ganz ähnlich klingenden Vorwänden Diktaturen schon Wahlen abgesagt haben).
  • In Österreich dürfen ab jetzt die meisten Geschäfte nicht mehr offen haben: Die Regierung kann aber nicht einmal klar sagen, auf welcher rechtlichen Basis sie das anordnet, sondern redet nur davon, dass die nötigen Gesetze dann halt nachher einmal folgen werden (Motto: Shoot first, ask later).
  • Der deutsch-österreichische Privatsender Puls 24 fordert – trotz der Serienmaßnahmen durch die Regierung – noch "mehr Verbote".
  • Da wird von der Regierung gegen Falschmeldungen in sozialen Medien gehetzt, wie etwa jene, dass ganz Wien unter Quarantäne gestellt würde. Nur: Gerüchte – unzutreffende wie zutreffende – hat es in kritischen Situationen immer gegeben. Dafür hat es kein Internet gebraucht, dafür hat alleine der Mundfunk gereicht. Nicht einmal die totalitäre Gestapo hat diesen einst unterbinden können. Die Regierung sagt in ihrer offensichtlichen Zensurgier und Angst vor den so schwer kontrollierbaren Internet-Plattformen auch nicht, dass die sozialen Medien sehr oft über vieles richtiger, besser und früher als die offiziellen Medien berichtet haben – vom Corona-Ausbruch in China bis beispielsweise zum massiv übergriffigen Silvester 2015 in Deutschland. Je weniger Vertrauen die traditionellen Medien bei den Menschen genießen (mehrere Umfragen der letzten Jahre zeigen einen dramatischen Rückgang des Vertrauens zu den Medien), umso bereitwilliger vertrauen die Menschen eben anderen Menschen, egal ob man die im persönlichen Gespräch hört oder via Internet liest. Da kann die Regierung verbieten und zensurieren, so viel sie will. Vertrauen kann man nicht anordnen, sondern nur erwerben.

Bei den genannten Beispielen geht es wohlgemerkt nicht um Kinkerlitzchen, sondern um die wichtigsten Grund- und Menschenrechte: um Demokratie, um Meinungsfreiheit, um Berufs- und Gewerbefreiheit, um Bewegungsfreiheit.

Ganz egal. Ist uns völlig wurscht. Darüber reden wir nicht einmal, wenn uns etwas Angst macht. Der Kampf für Freiheit und Grundrechte ist auch schon zu lange her. Das war ja 1848, 1867, 1945, 1955 …

Und Angst kann man so leicht erzeugen. Vor allem wenn die Medien mitspielen. Dann geben wir alles blitzschnell ohne Widerstand, ohne Nachdenken her, was wir an Freiheit erkämpft haben.

PS: Es waren übrigens nicht das Internet oder die von mir nur ganz selten angeschauten sozialen Medien, sondern zwei ganz traditionelle Telefonanrufe, die mich in den letzten Stunden auf die angeblich drohende Quarantäne hingewiesen und die Hunderttausende in die Supermärkte getrieben haben. Der Mundfunk funktioniert also auch heute. Die Informationen waren mir jedoch viel zu unseriös, um sie zu schreiben. Aber natürlich kann die Staatsmacht ja auch das Telefon wieder wie das Internet unter Zensur zu stellen beginnen, bei dem sie schon heftig unterwegs ist. Hatten wir ja alles schon einmal ...

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