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Steuern: Der nächste große Schritt nach links

Finanzminister Blümel hat nun verkündet, dass der laut Gesetz eigentlich mit Jahresende auslaufende Spitzensteuersatz von 55 Prozent doch bleibt. Das ist ein weiterer dramatischer Schritt dieser Regierung nach links, der doppelt schockiert, weil er nicht einmal im Koalitionspakt steht. Offenbar hat die neue Regierung die Sammlung ihrer Folterwerkzeuge auch auf fast 300 Seiten noch nicht vollständig ausgebreitet. Damit hat die ÖVP, die angeblich etwas von Wirtschaft versteht, nun in einem weiteren gravierenden Punkt nach der Aushandlung des Koalitionspaktes enttäuscht.

Nun werden manche meinen, den Spitzensteuersatz habe man wohl bei der Aushandlung des Koalitionspaktes bloß vergessen, und eh nie wirklich absenken wollen – auch wenn sein Auslaufen eigentlich seit langem im Gesetz so steht.

Mag durchaus sein, dass darauf tatsächlich vergessen worden ist. Nur wäre das erst recht eine Peinlichkeit zur Potenz für die beiden Regierungsparteien. Das würde nämlich beweisen, dass da wirklich nur Leute ohne jedes Wirtschafts- und Finanzwissen am Verhandlungstisch gesessen sind.  

Umso leichtfertiger war es deshalb, dass die ÖVP binnen kurzem zwei sehr gute Finanzminister gefeuert hat. Und dass sie stattdessen einen Philosophen zum Finanzminister gemacht hat, dessen Hauptqualität die Freundschaft zum Bundeskanzler ist. Man könnte das Populismus nennen, wenn man jeden Finanzminister aus dem Weg räumt, der – pflichtgemäß – öfter als jeder andere "Nein!" gesagt hat.

Zurück zum Verbleib des exorbitant hohen Grenzsteuersatzes. Ein Pseudoargument zu seiner Verteidigung lautet: Er trifft ohnedies nur 200 Menschen; daher gäbe es keinen Grund, sich um solche Superverdiener zu kümmern.

Gewiss, auch ich habe niemanden als Freund oder Verwandten, der auch nur annähernd so viel verdient. Es geht aber um ganz etwas anderes. Es geht um die langfristigen Interessen dieser Republik und der hier lebenden Menschen. Und wer diese Interessen analysiert, muss klar erkennen: Wir bräuchten viel mehr als diese 200!

Wer ist denn das überhaupt, der in einem Jahr eine Million verdient? Das sind primär Künstler, Sportler, Chefs erfolgreicher Unternehmen. Bei jedem einzelnen von ihnen ist es im Interesse Österreichs, dass er hier lebt, dass er hier Steuern zahlt, dass er hier sein Geld ausgibt. Und nicht in Monaco, Lateinamerika oder – in letzter Zeit immer öfter – in Osteuropa.

Mit Sicherheit wäre ihre Zahl ein Vielfaches von 200, wenn Steuerberater vielen Künstlern und Sportlern zum Wohnsitz in Österreich raten könnten. Was aber aus guten Gründen keiner tut.  

Fußballspieler müssen zwar dort Steuer zahlen, wo sie unter Vertrag sind. Aber es ist kein Zufall und hat keineswegs nur sportliche Gründe, dass praktisch alle österreichischen Spitzenfußballer – siehe etwa die der Nationalmannschaft – bei ausländischen Vereinen spielen: Dort müssen sie überall weniger Steuern zahlen. Kein einziger Spieler ist hingegen ins Hochsteuerland Schweden gegangen.

Niedrigere Steuern würden eindeutig zu weit höheren Steuereinnahmen führen, weil mehr Menschen sich entschließen würden, ihren Hauptwohnsitz in Österreich zu haben. Von der Umwegrentabilität des bei Wohnsitzwahl in Österreich hier zusätzlich ausgegebenen Geldes gar nicht zu reden.

Das trifft für gut verdienende Künstler und Sportler wie auch auf die Spitzenleute der Wirtschaft zu. Bei diesen aber wäre eine Senkung der Spitzensätze bei der Einkommensteuer noch zusätzlich aus einem anderen Grund vorteilhaft: Sie entscheiden oft über die Ansiedlung ganzer Unternehmensteile, in denen sie selbst arbeiten.

Es ist kein Zufall, dass die amerikanischen Wirtschaftsgiganten ihre Europasitze nicht im schönen Österreich haben, sondern vornehmlich in den ebenso schönen Ländern Irland und Luxemburg. Dort sind sowohl Körperschaftssteuer (also das, was das Unternehmen zahlen muss) wie auch Einkommensteuer (also das, was vom Geschäftsführer angefangen alle Mitarbeiter zahlen müssen) deutlich niedriger als hierzulande.

An diesem Ergebnis ändern auch die für Ausländer sehr absurd wirkenden österreichischen Sonderbestimmungen nichts (etwa die von Gewerkschaft und Kronenzeitung wider alle Vernunft verteidigte unterschiedliche Besteuerung des Jahressechstels). Viele, die in einem Unternehmen über eine Übersiedlung ihrer Abteilung nach Europa mitentscheiden, würden vor einer solchen Entscheidung jedenfalls die von ihnen selbst zu zahlenden Spitzensteuersätze vergleichen. Und da sehen sie für Irland und Luxemburg Werte zwischen 40 und 42 Prozent. Bei Österreich steht hingegen 55.

Hätten Google&Co nicht schon seit Jahren in solchen Ländern ihre Europasitze, sondern müssten erst heute einen suchen, dann würden ihnen inzwischen freilich ganz andere Länder ins Auge springen: insbesondere Ungarn und Tschechien. Dort liegt die Körperschaftssteuer bei 9 beziehungsweise 19 Prozent (in Österreich beträgt sie 25 und soll laut Koalitionsabkommen auf immer noch vergleichsweise hohe 21 Prozent sinken); und die Einkommensteuer beträgt in diesen Ländern einheitlich 15 Prozent. Egal wieviel man verdient.

Man stelle sich daher die Fragen: Willst du 15 oder bis zu 55 Prozent zahlen von allem, was du verdienst? Und wo würdest du hinziehen, wenn du dich entscheiden kannst?

Diese Fragen sollten auch für den Intelligenzquotienten eines Politikers beantwortbar sein. Das oft vorgebrachte Gegenargument, dass in diesen Nachbarländern die Infrastruktur schlechter wäre, stimmt seit Jahren nicht mehr. Und die Behauptung, dass Prag und Budapest nicht so schön wären wie Wien, machen sich selbst in Prospekten der Wiener SPÖ nur noch lächerlich aus.

In der Antwort auf diese zwei Fragen liegt aber auch gleich die Antwort auf eine weitere Frage. Nämlich auf jene, warum Österreich ständig so erfolglos ist, die dringend benötigten Fachkräfte, sowie Spitzenforscher und Wissenschaftler ins Land zu holen. Egal, was man da an Einwanderungsgesetzen und Rot-Weiß-Rot-Cards austüftelt: Wichtiger wären die Steuersätze.

Es geht aber nicht nur um die Notwendigkeit der Anziehung ausländischer Investitionen, Fachkräften und Ansiedlungen. Es geht vor allem um die Österreicher selber. Von ihnen wandern jedes Jahr Tausende der Tüchtigsten und Bestausgebildeten aus. Ganz legal, ganz ohne Aufsehen. Sie wollen einfach mehr von dem Geld, das sie verdienen, auch wirklich zu sehen bekommen. Ziemlich schade um sie.

Den noch im Lande befindlichen Österreichern ist vor der Wahl von allen Parteien ein Abbau der Stillen Progression versprochen worden. Das würde zumindest ein Gleichbleiben der prozentuellen Steuerlast bedeuten, wenn ein Einkommen zwar ziffernmäßig (auf Grund der Inflation) zunimmt, aber wertmäßig gleichbleibt.

Wenigstens etwas, werden sich da viele gedacht haben. Jedoch: Nach der Wahl wird dieses Versprechen einfach gebrochen. Eiskalt.

Es passiert sogar das genaue Gegenteil: Laut den Ankündigungen der Koalition wird die normale Progression sogar steiler werden. Das ist zwingend logische Folge einer Steuersenkung nur bei den unteren Steuerstufen. Damit erhöht sich der Anteil besonders schnell, den der Staat wegnimmt, wenn man mehr verdient.

Wenn der Zugriff des Staates nicht nur absolut, sondern auch in Prozenten so rasch steigt, werden als Folge immer mehr Österreicher zu dem Schluss kommen, dass es sich gar nicht auszahlt, mehr zu arbeiten. Und seit den Ankündigungen von Herrn Blümel hat sich überdies eben jede Hoffnung zerschlagen, dass der Prozentsatz dann wenigstens ganz oben weniger hoch steigt. Zwar scheint dieses "ganz oben" sehr weit weg, aber junge Menschen denken oft sehr zukunftsorientiert. Sie ahnen überdies, dass sie durch die Geldentwertung diesem "ganz oben" im Lauf der Zeit durchaus nahekommen könnten (wem das unwahrscheinlich erscheint, der soll bedenken, dass es vor wenigen Jahrzehnten ebenfalls völlig unwahrscheinlich erschienen ist, dass im Jahr 2020 die Mehrheit der Österreicher Schillingmillionäre sein wird).

Aber statt eine vernünftige und leistungsfreundliche Steuerreform zu machen, "rettet" diese Koalition zusammen mit Greta und den Deutschen halt den Planeten. Anstelle einer Einhaltung dieses Wahlversprechens hat sich die ÖVP mit den Grünen den teuersten denkbaren Koalitionspartner geholt.

Wie teuer die Grünen sind, hat die neue grüne Staatssekretärin jetzt in einem Interview sogar selbst zugegeben. Sie sagte, alle grünen Wünsche würden "20 Milliarden" kosten. Gewiss: Im Koalitionsprogramm haben sich die Grünen nur rund zur Hälfte durchgesetzt. Da könnten wir ja fast noch froh sein, billig davongekommen zu sein, werden manche denken – hätte nicht auch die ÖVP etliche Wünsche durchgesetzt …

PS: Im Vergleich zu den Grünen erweisen sich sogar die ständig des Populismus geziehenen Blauen als ein Steuerzahlerschonprogramm. Haben sich ihre Wünsche doch primär auf die Anliegen der Raucher konzentriert und auf die Postenversorgung für wenig qualifizierte Parteifreunde. Das sind Bagatellen im Vergleich zur Weltrettung.

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