„Alles ist relativ“

... auch das Landtagswahlergebnis in der Steiermark.

Da ist von einem Triumph der ÖVP, des Hermann Schützenhöfer – ja auch des Sebastian Kurz die Rede. Die FPÖ erlebt ein Debakel. Die SPÖ frohlockt, weil doch noch ein Zweier vorne steht. Die Grünen sind Sieger und werden jetzt die Richtung im Bund angeben. Die Neos sind drinnen und damit in den Augen ihrer Obfrau die wichtigste Kraft. Und die Kommunisten haben ein Sensationsergebnis eingefahren.

Eigentlich müssten nach den 6,1 Prozent für die KPÖ jetzt in Brüssel nach bisheriger Übung die Alarmglocken läuten und vor einem deutlichen LINKSruck in Österreich gewarnt werden ...

Bleiben wir jedoch lieber bei den Parteien mit einem zweistelligen Ergebnis und beginnen wir mit dem strahlenden ÖVP-Sieger Schützenhöfer. 

Er errang mit 36 Prozent ein hervorragendes Ergebnis. Wirklich hervorragend? Immerhin es ist das ZWEITSCHLECHTESTE Ergebnis, das die ÖVP bei Landtagswahlen in der Steiermark nach 1945 je hatte. Unterboten nur von den 28,5 Prozent im Jahr 2015. Wenn so triumphale Sieger aussehen, dann schauen wir uns als nächstes gleich die total abgestürzten Verlierer dieser Wahl an: die FPÖ mit Mario Kunasek.

Sie kam gestern auf 17,3 Prozent. Immerhin das ZWEITBESTE Ergebnis, das die FPÖ bei Landtagswahlen in der Steiermark seit 1945 erzielte. Übertroffen nur durch die 26,8 Prozent ebenfalls im Jahr 2015.

Jetzt wissen wir also, was ein triumphaler Sieg, und was eine vernichtende Niederlage ist. Alles ist halt relativ!

Der Sieg der Grünen und der damit einhergehende Auftrag nach Wien, jetzt erst recht in eine Koalitionsregierung mit Sebastian Kurz einzutreten, bedarf auch einer gewissen Relativierung. Mit den erreichten 12,2 Prozent (immerhin fast eine Verdopplung des Ergebnisses gegenüber 2015) sind die Grüninnen und Grünen dennoch hinter ihrem Ergebnis der letzten Nationalratswahl im September (13 Prozent) geblieben. Und das, wo doch jetzt die Wiener Regierungsverhandlungen und Parteichef Kogler einen unheimlichen Rückenwind – ja einen Rückensturm – für Grün in der grünen Mark prognostizierten.

Wie das gemeinsame schwarz-grüne steirische Ergebnis, das voraussichtlich nicht einmal für eine Zweierkoalition in Graz reichen wird, ein "jetzt erst recht!"-Auftrag an Kurz und Kogler sein soll, das muss man mir auch erst erklären.

Echt gratulieren kann ich eigentlich nur den Kummerln, die durch maximalen persönlichen Einsatz und persönliche Vorbilder ein Wahlergebnis errungen haben, von dem in manchen deutschen Bundesländern die große FDP am anderen Ende des Politspektrums nur träumen kann.

Aber, wie gesagt: alles ist relativ.

Dr. Günter Frühwirth ist Jurist mit aktivem Interesse an Themen der Gesellschaftspolitik.

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