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Woran Europa wirklich krankt

Eines der echten und langfristig verheerenden Probleme Europas findet hinter allen geheimen Video-Aufnahmen und der sonstigen täglichen Wadelbeißerei zwischen den Parteien nie in die notwendigen Schlagzeilen und wird nie auf europapolitischen Gipfelhöhen diskutiert. So wie viele andere der  wahren Probleme Europas. Zu diesen zählt etwa und insbesondere die Explosion der Wohlfahrtsausgaben, die in vielen EU-Staaten immer mehr Geld auffressen und den Staaten immer weniger Möglichkeiten lassen, in Zukunftsprojekte und Infrastruktur zu investieren. Die Verantwortung dafür liegt zwar gar nicht primär auf EU-Ebene, sondern eindeutig auf jener fast aller Mitgliedsstaaten. Aber sie schaden europaweit.

Beinahe alle Staaten blasen fast ständig die Wohlfahrtssysteme immer noch mehr auf. Das ist Folge der populistischen Überzeugung aller Parteien (ob sie nun als "populistisch" bezeichnet werden oder nicht), dass sie nur mit Versprechung immer neuer Wohltaten Wahlen gewinnen können. Und dass Maßhalten, Disziplin, sorgsame Haushaltsführung, Investition in die Zukunft statt Konsum in der Gegenwart der sichere Weg zu Wahlniederlagen sind. Kurzfristig haben sie damit vielleicht sogar recht.

Spätestens seit der Euro-Einführung ist ein solches Verhalten aber keineswegs mehr bloß Problem eines Landes. Etwa Griechenland hat gezeigt, dass letztlich alle mithaften. Das Problem wird durch die jahrelange Nullzinspolitik der Zentralbank noch verschlimmert. Die wichtigste Funktion des Geldes ist abgeschafft: nämlich die Information, ob eine Investition sinnvoll ist, ob sich die Strukturen eines Landes positiv entwickeln.

Das alles sieht man sehr konkret an den beiden größten Nachbarn Österreichs: Italien ist zum größten Problemkind der EU geworden, die Regierung stellt sich gegen alle Sparzwänge und die Banken haben schon Ähnlichkeit mit Spielcasinos.

Aber auch wegen Deutschland sollte man sich Sorgen machen, obwohl es als stark gilt und dank der Nullzinsen derzeit auch schwarze Zahlen schreibt. Aber das Land hat Infrastruktur wie Bundeswehr total verkommen lassen; zugleich steht der Kollaps des Doppelausstiegs aus Kohle und Atom bevor; zugleich wird von der Politik gerade die Autoindustrie, die wichtigste des Landes zertrümmert. Das alles wird aber noch durch eine dramatische Zahl übertroffen, die jetzt bekannt geworden ist: Binnen sieben Jahren ist der Anteil der Sozialausgaben am Budget von 52,7 auf 57,3 Prozent gestiegen!

Das kann nicht nur, das muss zu einem bösen Erwachen führen: in Deutschland, in Europa und insbesondere in Österreich, das ja wirtschaftlich völlig abhängig vom großen Nachbarn ist. Und nirgendwo gibt es Anzeichen, dass man zumindest jetzt gegenzusteuern beginnt. Wir reden lieber über Skandale besoffener Geschichten statt über die echten Skandale historischer Dimension.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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