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Was Österreich verbietet – und was seltsamerweise nicht

Das Verbot von Symbolen ist eigentlich eine eher kindische Verhaltensweise. Es haben ja nicht das Hakenkreuz oder Hammer&Sichel Millionen Menschen umgebracht, sondern politische Verbrecher, die mittels Gaskammern, Erschlagen, Erschießen oder gezieltem Verhungernlassen die allerschlimmsten Massen- und Völkermorde der letzten Jahrhunderte begangen haben. Gegen jene, die so etwas tun oder zu so etwas anstiften, sind leider ganz andere Mittel notwendig – auch solche, die weltfremde Linksjuristen als menschenrechtswidrig bezeichnen (wie etwa eine sofortige und notfalls dauernde Abschiebehaft). Noch so lange Listen verbotener Zeichen und Symbole werden da hingegen gar nichts helfen. Allerdings: Wenn sich Österreich schon zu einer solchen Symbolpolitik entschlossen hat, ist es umso beschämender, welche Zeichen da nicht verboten worden sind.

Das Verbieten von Zeichen erinnert irgendwie an das Kreuzen von Fingern hinter dem Rücken, mit dem Kinder jedes schlechte Gewissen verlieren, wenn sie die Eltern anschwindeln. Auch die geheimen Grußrituale von Freimaurern sind ebenso wie der gestreckte Mittelfinger oder das Klopfen an die Stirne nicht die wirklichen Probleme unserer Gesellschaft. Umgekehrt haben auch die Christenverfolger im antiken Rom das dramatische Anwachsen des Christentums (zum Glück) nicht dadurch verhindern können, dass sie Kreuzzeichen oder Fischsymbole bekämpft haben.

Auch die durch die rapide Islamisierung in Europa entstandenen Probleme sind nicht durch das Bekämpfen von Symbolen lösbar. Man kann auch ganz ohne Symbole zur Ermordung von Juden, Christen, Karikaturisten oder (vom Islam) Abtrünnigen aufrufen. Daher sollte sich der Staat statt mit Zeichen-Symbolik viel mehr mit konkreten Aufrufen, Predigten und Büchern(!) befassen, die aggressive Inhalte haben.

Die Muslimbrüder

Die Republik hat sich jedoch entschlossen, die Sache anders anzugehen. Nehmen wir einmal an, sie tat dies, weil es einfacher schien, Zeichnungen mit gekreuzten Säbeln, zwischen denen ein Koran schwebt, als gefährlicher zu brandmarken denn Predigten und Bücher in den vielen schwierigen Sprachen, die man in den letzten Jahren ins Land geholt hat. Das ist ja sogar noch irgendwie nachvollziehbar. Immerhin ist auch bloße Symbol-Politik immer noch besser, als völlig untätig auf Bedrohungen zu reagieren.

Umso unverständlicher ist dann aber, wenn man auch bei diesen Verboten nur sehr selektiv vorgeht. Denn während man das eine Symbol der Muslimbrüder (eben das mit den gekreuzten Säbeln) verbietet, hat man ein anderes, noch dazu in letzter Zeit viel häufiger Verwendetes, nicht in die Verbotsliste aufgenommen: nämlich das Zeigen von vier ausgestreckten Fingern, während der Daumen eingeklappt ist. Bisweilen sind bei Zeichnungen an Stelle der vier Finger auch vier Kalaschnikows zu sehen, die von der Hand nach oben gestreckt werden. Dieses Zeichen ist in den letzten Jahren zum eindeutig meistverwendeten Gruß und Symbol der Muslimbrüder geworden. In islamischen Kreisen wird er auch gerne als "R4BIA" bezeichnet.

Die Muslimbrüder sind eine radikalislamistische Gruppierung mit vielen Verbindungen zur Gewalttätigkeit. Sie sind deshalb sogar in vielen islamischen Ländern verboten. Nicht so freilich in der Türkei unter Präsident Erdogan. Dieser zeigt selbst ganz im Gegenteil bei öffentlichen Auftritten immer öfter demonstrativ den Vier-Finger-Gruß. Auch der neuen Führung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich wird eine erstaunlich große Sympathie für die Muslimbrüder und ihren Zwilling Milli Görüs nachgesagt. Da es freilich keine Mitgliederlisten der Muslimbrüder gibt, klagen alle radikalen Moslems sofort, wenn man ihnen Mitgliedschaft bei den Brüdern vorwirft.

Nun werden manche sagen, man könne doch nicht ein Zeichen verbieten, das der Staatschef eines großen europäischen Landes verwendet. Warum bitte nicht? Wenn man schon angefangen hat, Zeichen als gefährlich zu verbieten, dann muss man konsequent sein. Wenn der Mann auf Staatsbesuch kommt – was ja möglich ist, sofern(!) man ihn einlädt –, dann genießt er sowieso diplomatische Immunität. Kommt er hingegen inoffiziell, dann wäre sein Fernbleiben ohnedies in vielerlei Hinsicht besser. Außerdem kann es wohl keine Frage sein, dass ein ausländischer Präsident sehr bald wieder verabschiedet würde, sollte er etwa den Hitlergruß zeigen.

Die kroatische Ustascha

Oder ist man der Meinung, ein verbotenes Zeichen wäre dadurch gerechtfertigt, dass es in einem anderen europäischen Land toleriert wird? Dann dürfte man aber auch nicht die kroatischen Ustascha-Symbole unter Strafe stellen. Denn diese sind in Kroatien sehr beliebt. War doch der mit den Nazis verbündete Ustascha-Staat in der gesamten Geschichte der Kroaten das einzige Mal gewesen, dass die Kroaten vor dem Zerfall Jugoslawiens 1991/92 einen eigenen Staat hatten. Das gibt ihm naturgemäß bei vielen zwischen Zagreb, Pula und Dubrovnik einen sehr positiven Beigeschmack.

Nun werden manche sagen: Aber die – unbestreitbaren – Grausamkeiten der damaligen Ustaschi rechtfertigen doch jedenfalls ein Verbot eines Ustascha-Symbols. Das ist ein durchaus sympathisches Argument. Nur kann man es dann nicht nur selektiv einsetzen, wenn man halbwegs fair und objektiv bleiben will. Also nicht nur gegen die Kroaten und ihre Geschichtssicht.

Dann müsste man die gleiche Verbotspolitik etwa auch gegen die Symbole der Serben und ihrer Tschetnik-Milizen betreiben (ihre vor und nach 1945 ebenfalls in großem Stil begangenen Grausamkeiten waren keineswegs harmloser). Dann müsste man vor allem auch Sichel&Hammer verbieten, in deren Zeichen weltweit überhaupt so viele Menschen umgebracht worden sind, wie noch unter keinem anderen der schlimmen Symbole der Vergangenheit.

Hamas und Hisbollah

Wirklich verboten hat Österreich hingegen die Symbole von Hamas oder Hisbollah, zwei der zweifellos ärgsten antiisraelischen Organisationen. Aber gleichzeitig gibt es – vor allem auf der politischen Linken – in Österreich viele, die diese Organisationen direkt oder indirekt unterstützen. Sie verteidigen das mit der spitzfindigen Behauptung, nicht antisemitisch, sondern nur antizionistisch zu sein. Als ob das eine Rechtfertigung wäre, um Kämpfer zu unterstützen, die ständig Raketenangriffe auf Israel verüben. An diese Hamas ist aus Österreich freilich auch viel Steuergeld geflossen – aber hoppla, da sind wir ja bei der Republik selber und der skandalösen Hilfe der UNO vor allem für die Hamas im Gazastreifen. Das ist die gleiche Republik, die bei Symbolen die Trennlinie zwischen Gut und Böse gefunden zu haben vorgibt.

Aber jetzt kann ja nichts mehr passieren. Jetzt sind die Symbole von Hamas & Co verboten. Offenbar glaubt man hierzulande, dass sich Widersprüche lösen, wenn man noch einen weiteren hinzufügt …

Noch einmal zurück zur Türkei und den österreichischen Symbol-Verboten. Statt dass in Österreich eine kritische Diskussion über das Nichtverbot des R4BIA-Zeichens entstanden wäre, empört sich ausgerechnet die Türkei selbst über Österreich. Und zwar ganz offiziell. Ankara ist nämlich über das sehr wohl ausgesprochene Verbot eines anderen Zeichens empört. Das ist jenes der rechtsextremistischen türkischen "Grauen Wölfe", einer besonders dubiosen Organisation, die für zahllose politische Morde verantwortlich ist. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen, worüber sich die Regierung eines EU-Beitrittskandidaten aufregt.

Die PKK

Dabei müsste Ankara Österreich eigentlich auf den Knien danken über ein weiteres von Österreich ausgesprochenes Verbot. Es betrifft nämlich die Zeichen der kurdischen Befreiungsbewegung PKK.

Deren Verbot ist nämlich alles andere als logisch und konsequent. Immerhin hat ja Österreich in den letzten Jahrzehnten sämtliche anderen Befreiungsbewegungen der Dritten Welt auf die Ehre der Altäre erhoben: zumindest nach deren Sieg, manche auch schon vorher, egal, ob sie blutig oder unblutig gekämpft haben.

Dabei sind die Kurden heute eindeutig das weitaus größte Volk der Erde, das keinen eigenen Staat hat, deren Gebiet auf vier verschiedene Länder aufgeteilt ist. Und ausgerechnet in der Türkei werden sie weitaus am stärksten unterdrückt …

PS: Wenn Österreich beim kroatischen Ustascha-Symbol so pingeling ist, sollte es übrigens tunlichst verschweigen, wie – wahrscheinlich – das österreichische Rot-Weiß-Rot entstanden ist: nämlich durch Blut in einem Angriffskrieg im Heiligen Land (wie man das heute bezeichnen müsste) …

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