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Ein Ende des Schreckens

Werner Faymann ist Geschichte. Das werden heute viele Österreicher mit einem Glas Sekt feiern. Auch wenn die Hinterlassenschaft des Mannes dem Land in den nächsten Jahren nichts zum Feiern lassen wird. Faymanns Rücktrittserklärung war freilich gleich in mehrerlei Hinsicht überraschend.

Erstens, weil sie überhaupt erfolgt ist. Denn in den letzten Stunden und Tagen schienen nach außen hin in der SPÖ jene in der deutlichen Überzahl zu sein, die gegen einen Sturz des Parteiobmannes waren. Allerdings: Alle Solidaritätserklärungen waren auffallend schaumgebremst, gleichsam mit hinter dem Rücken gekreuzten Fingern. Typisch für eine Partei, in der das Wort „Freundschaft“ längst nur noch eine hohle Formel ist.

Zweitens, weil Faymann gleich alle Ämter zurückschmeißt. Und das umgehend. Da zeigte sich, dass der Mann zwar der schlechteste Bundeskanzler der Nachkriegszeit, aber ein totaler Experte in den parteiinternen Mechanismen ist. Er hatte zweifellos vor allem noch in Erinnerung, wie eiskalt er selbst 2008 seinen Vorgänger Gusenbauer demontiert hat. Dieser hatte dann ja nach seinem (mit Hilfe von ORF und Boulevard-Medien erfolgten) Abschuss als Parteichef noch ein paar Monate Bundeskanzler spielen dürfen. Er war aber dabei nur noch ein jämmerlicher Hampelmann an den Schnüren des Chefintriganten Faymann. Siehe etwa den „gemeinsamen“ Unterwerfungsbrief an die (damals noch übermächtige) Kronenzeitung.

Drittens, weil Faymann seinen Rücktritt aus allen Ämtern umgehend vollzogen hat. Daraus kann man wohl schließen, dass die Partei die Nachfolge hinter Polstertüren schon geregelt hat. In der Nachfolgefrage deutet daher viel auf den Kandidaten der Gewerkschaft hin, den ÖBB-Chef Christian Kern, der die Staatsbahn ganz im Sinn der Gewerkschaft geleitet hat, während all dessen Vorgänger zumindest hie und da einen - notwendigen! - Konflikt mit dieser gewagt haben.

Viertens ist anzuerkennen: Die SPÖ hat sich in den vergangenen Stunden sehr professionell verhalten. Sie hat es geschafft, den Rücktritt durchzudiskutieren, ohne dass etwas nach außen gedrungen ist. Das war eindeutig der Regie des Wiener Parteiobmanns Häupl zu verdanken. Auch dieser ist zwar in keiner Weise imstande, die beiden – insbesondere in Wien selber! – total auseinanderbrechenden Flügel der Partei zu vereinen. Dazu wäre freilich auch sonst niemand mehr imstande. Aber die brutal-elegante Administration von Personalfragen beherrscht die Partei immer noch brillant.

Fünftens und am allerverblüffendsten: Faymann hat bei seiner Rücktrittserklärung nicht einmal mit einem Halbsatz Reue für den verheerenden Zustand gezeigt, in dem er Österreich zurückgelassen hat. Er war vielmehr sogar stolz darauf!

Dabei ist in seinen acht Jahren die Staatsverschuldung gewaltig in die Höhe geschnalzt. Die Arbeitslosigkeit, die am Beginn die niedrigste in ganz Europa war, ist heute die höchste seit Ende des Weltkriegs. Das Wachstum ist in fast allen Ländern Europas seit Jahren deutlich besser als in Österreich. Die Investitionen im Land gehen dramatisch zurück. Nicht einmal die schon vor Jahren angekündigte Transparenz aller staatlichen Förderungen und Akten ist verwirklicht. Keine einzige wirklich zukunftsweisende Reform ist unter Faymann zustande gekommen, ob es nun die x-mal angekündigte Verwaltungsreform, die des Pensionssystems, oder eine leistungsorientierte Reform des Schul- und Universitätssystems wäre.

Absolut nichts. Und das in jenem Land, das vor einem Jahrzehnt noch von unzähligen Stimmen als Vorbild für Europa und Deutschland gehandelt worden ist!

Dazu kommt auch noch das völlige Versagen in der Flüchtlingspolitik während des ganzen Jahres 2015. Zu dieser Politik hat Faymann selbst noch in seiner Rücktrittsrede Unwahrheiten verbreitet: Er hat darin behauptet, dass ohnedies 95 Prozent der Flüchtlinge bloß durch Österreich durchgezogen sind. Da in Österreich aber (nach Faymanns eigenen Worten!) „über 90.000“ Asyl beantragt haben, und da in Deutschland nur eine Million angekommen ist, fehlen in seiner Rechnung rund 800.000 Menschen. Diese müssten sich in Luft aufgelöst haben, würde man Faymann und seinen Aussagen glauben.

Das tut freilich längst niemand mehr. Halt, einer tut es immer noch: Der ORF. Dort hat allen Ernstes ein Herr Bürger dem Zurückgetretenen sofort eine Karriere in der EU vorausgesagt. Dort würde Faymann laut Bürger geschätzt (Unterton: In Österreich hat man leider nicht verstanden, was für einen tollen Mann man in Faymann gehabt hat). In Wahrheit gibt es in Europa keinen einzigen Spitzenpolitiker, der Hochachtung für Faymann hätte. Eine solche hat nur Angela Merkel in jenen Monaten signalisiert, als Faymann gehorsames Schoßhündchen der deutschen Kanzlerin gewesen ist.

Traurig ist nur, dass Faymanns Ende durch eine unendliche Serie von katastrophalen Wahlniederlagen der SPÖ ausgelöst worden ist, aber nicht durch die verheerende inhaltliche Politik, für die er verantwortlich gewesen ist.

Man kann es aber auch als erfreulich ansehen, dass sich Faymann am Ende nicht einmal mehr durch die unzähligen Bestechungsmillionen für die Boulevardmedien retten konnte. Dabei haben diese alles getan, um ihn doch noch zu verlängern. Sie taten dies im Wissen, dass es auf Bundesebene (im Wiener Rathaus freilich schon) noch nie einen mit Steuergeldern so freigiebigen Paten gegeben hat wie Faymann.

Die Kleinigkeit, dass die Bestechungsmillionen allesamt von uns Steuerzahlern stammen, hat einen Faymann oder einen Häupl freilich nie gestört.

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