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Der Wahlkampf der Unbeteiligten

Wie immer die Stichwahl ausgeht, wir erleben in den letzten Tagen und Stunden davor in unguter Weise, wie Wahlkampf von scheinbar unverdächtiger, weil eigentlich unbeteiligter Seite geführt wird.

Die objektive Lage Österreichs ist schwierig. Die Arbeitslosigkeit ist hoch wie nie in der 2. Republik, die Wirtschaft kommt nicht in Schwung, in den internationalen Rankings stürzt unser Land, vor zehn Jahren noch ein Vorzeigestaat, immer stärker ab. Gleichzeitig breitet sich ein noch nicht gekanntes Gefühl der Unsicherheit aus: Kein Tag vergeht mehr, ohne dass nicht von Messerstechereien, Vergewaltigungen, Dealer-Kriegen berichtet wird – weil sich dieses Anwachsen der Kriminalität als Folge einer verheerenden „Willkommens-Kultur“ einfach nicht mehr geheim halten lässt.
Das alles „hilft“ klarerweise einem echten Anti-Establishment-Kandidaten. Da müsste dieser gar keinen Wahlkampf mehr führen. Dem wird in diesem Finale um die Hofburg deshalb bis zum letzten Augenblick zweierlei entgegengesetzt: Eine Parallelwelt und ein Ministerium für Wahrheit ganz im Orwellschen Sinne.
Der neue Kanzler hält eine Regierungserklärung, in der er zwar nichts Sachlich-Inhaltliches erklärt, dafür aber die lichte Zukunft ausruft – mit dem Gipfelpunkt: „Jetzt beginnt der Countdown um die Herzen.“ Oh, Lady Diana Kern! Sogar ein Mann der Staats-Wirtschaft müsste wissen, dass der Countdown für das Pensionssystem, für das Gesundheitssystem etc. begonnen hat. Und dass sich ein seriöser Politiker um die Gehirne und nicht um die Herzen seiner Mitbürger zu kümmern hat. Aber das alles würde natürlich nicht in die Wohlfühlschiene passen. (Auf die der davon völlig verzauberte Vizekanzler mit seinem (Ehe-)Versprechen „Ja, ich will“ auch gleich aufzuspringen versuchte. Von Reinhold Mitterlehner wird dieses harmoniesüchtige Gelöbnis übrig bleiben – genauso wie von Erhard Busek der Schwur „Große Koalition - ohne wenn und aber“, mit dem er sich einst jeder politischen Ernsthaftigkeit entledigte.)
Und die Zeitungen sind ganz beglückt und voll des Lobs für so viel gute Laune. Eine Parallelwelt eben.
Da darf natürlich der im Abgang begriffene Bundespräsident nicht fehlen. Er engagierte vier Kinder, die auf „Youtube“ zum Wählengehen auffordern. „Sofahüpfen“ heißt das Wohlfühlvideo, in dem die Vier dann einträchtig mit Heinz Fischer das Hofburg-Sofa teilen und er sagt: „Es ist nicht egal, wer der nächste österreichische Bundespräsident ist“. Na sowas. Ja, auch für solcherlei haben wir Steuergeld.
Und falls das künstlich erzeugte Wohlfühlklima doch nicht reicht, legt der ORF ein paar Gänge zu. Zuerst rückt die ständig augenverdrehende Moderatorin der letzten Wahlkampf-Diskussion aus, um den ihr missliebigen Norbert Hofer der Lüge über seinen Israel-Besuch zu überführen. Seinen Gegenargumenten wird natürlich vor laufender Kamera keine Glaubwürdigkeit beigemessen. Leider, so hört man tags darauf vom Moderator der ZiB, seien dem ORF nicht alle Informationen zugänglich gewesen und Hofer habe doch nicht gelogen. Natürlich, ein Dementi am nächsten Tag nützt nicht mehr, wenn jemand zu Unrecht angepatzt wurde, aber man könnte davon ausgehen, dass die Hauptnachrichtensendung von vielen Menschen gesehen wird.
Von vielen – aber natürlich nicht von allen. Zum Beispiel nicht von der Moderatorin der ZiB 2, Lou Lorenz. Die erzählt am selben Abend nur zwei Stunden später von der Großtat der ORF-Information, wie man den Kandidaten Hofer der Lüge überführt habe. (Wobei man diesem Stil noch Harmlosigkeit zubilligen muss im Vergleich zur Moderation der ZiB 20 vom Anfang der Woche. Da wurde ein Bericht mit den Worten eingeleitet: „Augen auf bei der Präsidentenwahl“ – und dann wurde erzählt, wie der neu gewählte Präsident der Philippinen Massenhinrichtungen ankündigt und von sich selbst behauptet, er sei verrückt.)
Schon schön, wenn man ein zur Objektivität verpflichtetes Ministerium für Wahrheit namens ORF hat. Da zahlt man seine Zwangs-Gebühren doch gern.
 

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