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Faymann und Scheuch: Wie sich die Bilder gleichen

Dass ich das noch erleben durfte: Zwei Jahre lang hat das Tagebuch praktisch im Alleingang gegen die kriminelle Bestechung von Tages- und Wochenzeitungen vor allem durch SPÖ-Politiker mit Steuergeldern angeschrieben. Und jetzt ist die Sache allgemeines Thema und sogar in mehreren ORF-Sendungen Spitzenmeldung. Da kommt ehrliche Freude auf. Doch sollte man sich nicht zu früh freuen. Noch immer hat kaum jemand das wahre Ausmaß und den wahren Charakter dieses Korruptionsmechanismus erkannt.

Noch immer droht ein sogenanntes Medientransparenzgesetz, das einzig dazu dient, hinter einem Feigenblatt eine Fortsetzung der Korruption zu ermöglichen. Noch immer glaubt die SPÖ, mit lächerlichen Verteidigungslinien ein Strafverfahren gegen die Herren Faymann und Ostermayer abwenden zu können.

Nachdem binnen weniger Tage die erste Verteidigungslinie völlig geräumt werden musste, dass sich die beiden Politiker in der Zeit ihrer Regentschaft im Verkehrsministerium überhaupt nicht in die Vergaben von Inseraten durch ÖBB und Asfinag eingemischt hätten, wurde rasch eine zweite Linie aufgebaut: Dass die Inserate vor allem den Faymann ständig zujubelnden Postillen Kronenzeitung, „Heute“ und „Österreich“ zugute gekommen seien, sei ein „Zufall“ gewesen. Das wagte Ostermayer wörtlich zu sagen. Diese Behauptung war aber so erkennbar lächerlich, dass sich Ostermayer und Klubobmann Cap fast postwendend auf die dritte Linie zurückzogen.

Die da lautet: Es habe zwar „hunderte Gespräche“ mit ÖBB und Asfinag gegeben, aber diese Aktiengesellschaften seien ja eigentlich rechtlich unabhängig; es gebe kein Weisungsrecht des Verkehrsministers. Zusagen an die Herrn Fellner oder Dichand seien irrelevant, weil Faymann ja gar keine Kompetenz dafür hatte.

Diese Argumentation ist aber dem Österreicher aus einem ganz anderen auch nicht unaktuellen Zusammenhang mehr als bekannt: Sie wurde von dem Kärntner Freiheitlichen Uwe Scheuch verwendet, als dieser vor Gericht stand.

Scheuch hatte in einem mitgeschnittenen Telefonat versprochen, dass ein reicher Russe im Gegenzug für Geld die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen werde. Als Scheuch dann deswegen angeklagt wurde, hatten er und seine Parteifreunde so wie die SPÖ das Formalargument hervorgekramt, dass Scheuch ja laut Verfassung gar nicht für die Verleihung zuständig gewesen wäre. Zumindest in der ersten Instanz hatte er sich mit dieser Argumentation aber ein blutige Nase und eine saftige Verurteilung geholt.

Denn Staatsanwaltschaft und Richter waren wohl zu Recht der Meinung, dass informell der Wunsch eines starken Landespolitikers sehr wohl (und in der Praxis sehr häufig) Einfluss auf die Vergabe der Staatsbürgerschaften hat. Es kann aber nun gar kein Zweifel bestehen, dass der Einfluss des Verkehrsministers als oberster und einziger Eigentümervertreter auf die ÖBB und die Asfinag nicht nur wie bei den Landespolitikern ein traditioneller, sondern ein auch juristisch sehr starker ist.

Der Zufall wollte es, dass Stunden nach dem demaskierenden Ostermayer-Auftritt im ORF die jetzige Verkehrsministerin und der jetzige ÖBB-Chef gemeinsam die ÖBB-Pläne für die nächsten Jahre präsentiert haben. Das wurde zu einem mehr als lebendigen Beweis gegen diese dritte Verteidigungslinie: Minister und Vorstand führen ganz offensichtlich gemeinsam die ÖBB.

Noch aus einem weiteren Grund ist der Scheuch-Vergleich für Faymann, Ostermayer und deren Freunde in der Staatsanwaltschaft, die wohl noch immer nach einem Grund für eine Niederschlagung suchen, sehr unangenehm: Denn aus dem Scheuch-Telefonat ist ja nie Wirklichkeit, nie ein österreichischer Pass geworden. Aus den Wünschen des famosen Duos Faymann-Ostermayer sind hingegen allein im Fall ÖBB Dutzende mit unserem Geld teuer bezahlte Doppelseiten in der Kronenzeitung geworden (um nur ein Beispiel zu nennen!). Und auch die Gegenleistung – massive Unterstützung der geförderten Blätter im anfangs total verloren gewesenen SPÖ-Wahlkampf 2008 – ist Wirklichkeit geworden.

Herr Huber, Radmuttern immer gut kontrollieren!

Am Rande ist erstmals seit langem dem ORF journalistische Reverenz zu zeigen; er hat – wenngleich Jahre verspätet – auch einen SPÖ-Skandal thematisiert. Doppelte Reverenz gilt den Regionalmedien Austria, welche die Sache exzellent recherchieren. Noch größere dem damaligen ÖBB-Generaldirektor Huber, den ich bisher immer für ein eher schwaches Kirchenlicht gehalten habe. Aber der Mann war so schlau, sich viele entscheidende Kopien mit nach Hause zu nehmen, die nun Faymanns direkte Verantwortung für diese Inseratenvergabe nachweisen.

Umso mehr würde ich ihm jetzt empfehlen, vor jeder Autofahrt zu kontrollieren, ob auch all seine Radmuttern gut angezogen sind. Damit er nicht so ein blödes Pech hat wie der auch nicht anpassungswillige General Entacher.

Das Delikt heißt Untreue

Dennoch ist das Thema der Faymann/Ostermayer-Weisungen nur ein Randaspekt des Faymann-Skandals. Denn der Kern ist, dass Faymann bei ÖBB und Asfinag ein Korruptionssystem eingeführt hat, das die Gemeinde Wien samt ihren zahllosen Tochterunternehmen seit Jahren in noch viel größerer Breite praktiziert, wo es Faymann ja auch gelernt hat. Und das dieser nach seinem Aufstieg ins Bundeskanzleramt zum Regierungsprinzip gemacht hat: Kauf des Wohlwollens wichtiger Zeitungen mit Unsummen von Steuergeld. Das heißt im österreichischen Strafrecht freilich Untreue.

Diese wird vom Gesetzbuch so umschrieben: „Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt, ist . . . zu bestrafen.“ Und konkret: “Wer einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“

Der Missbrauch im Fall der Inserate hat zwei Elemente, wobei man über das erste streiten mag: nämlich darüber, ob auch der Inhalt der Inserate ein Missbrauch war. Es ist jedenfalls mehr als anrüchig, wenn in den doppelseitigen Inseraten der angeblich unabhängigen ÖBB, die im 14-tägigen Rhythmus in der Krone erschienen sind, jedes Mal mehr als ein Fünftel der Fläche einer Faymann-Kolumne „Sie fragen – der Minister antwortet“ gewidmet war. Dieser erste Teil des Missbrauchs ist also die parteipolitische Werbung mit öffentlichen Mitteln.

Aber selbst wenn man das noch für legitim halten mag, so ist das zweite Missbrauch-Element umso eindeutiger und umso schlimmer: Diese Inserate wurden ebenso wie später die Inserate vieler Ministerien ganz gezielt und oft ausschließlich an die Freunde Faymanns vergeben. Und nicht etwa nach dem größten Nutzen für den Inserenten. Dieser Nutzen heißt in der Fachsprache: die Herstellung der größtmöglichen Zahl von Leserkontakten zu den geringsten Kosten. Zur Erzielung dieses Nutzens gibt es eigene spezialisierte Agenturen, deren Dienste sich praktisch jede werbende Firma bedient. Wenn ein Marketing-Chef es nicht täte, riskierte er sofort Kopf und Kragen.

Jedes Ministerium muss jede größere Anschaffung (und mit „größer“ sind da schon Anschaffungen deutlich unter dem Wert der von Faymann in Auftrag gegebenen Inserate gemeint) in einem extrem peniblen Verfahren entweder selbst oder über die Bundesbeschaffungsgesellschaft ausschreiben. Wenn ein Beamter glaubt, statt dessen direkt bei seinem Freund Wolfgang oder Hans kaufen zu können, um denen eine Freude zu machen, dann landet er mit Sicherheit vor dem Richter.

Der Ostermayer-Schmäh und die ÖVP

Es schmerzt geradezu unsäglich, dass die ÖVP nun offensichtlich auf den Ostermayer-Schmäh eines „Medientransparenzgesetzes“ hereinzufallen bereit ist, mit dem nun angeblich gegen diese Fälle schweren Missbrauchs vorgegangen wird. Dabei schreibt der Ostermayer-Schmäh lediglich vor, dass irgendwann später einmal – nur! – die Globalsummen veröffentlicht werden, wie viel Steuergeld Wolfgang, Hans oder dessen Erben insgesamt von einem Minister oder einem Staatsbetrieb haben. Da ist der Schaden aber längst entstanden und kann in solchen Globalzahlen nie mehr konkret analysiert werden. Das Gesetz ist daher völlig für die Katz.

Über die juristische wie auch die Medien-Kompetenz der ÖVP könnte man nicht nur aus dem Anlass dieses Gesetzes ganze Bücher schreiben. Mit lauter leeren Seiten. Bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens keine der Oppositionsparteien ihre Hände dazu hergibt, ein solches Feigenblatt zu produzieren. Ich tippe aber darauf, dass die Grünen wieder einmal binnen sechs Wochen umgefallen sein werden.

 

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