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Hut ab vor Van der Bellen – sofern er weiß, was er sagt

Ich gebe zu: Seit vielen Jahren führen die Predigten der jeweiligen Bundespräsidenten für mich automatisch zum Reflex, im Fernsehapparat einen anderen Sender zu suchen. Aber hie und da sollte man doch genau hinhören und sich fragen: Meint der Mann wirklich das, was er sagt? Dann hat Alexander van der Bellen am Nationalfeiertag nämlich gleich zwei absolut sensationelle Dinge gesagt, die man von einem Altgrünen nie und nimmer erwartet hätte.

Besonders seine Ansprache bei der Angelobung von Soldaten auf dem Ballhausplatz hat es in sich gehabt. Da hat er nämlich wörtlich gesagt: "Europa – und damit auch Österreich – ist vermehrt Bedrohungen ausgesetzt – und auch Angriffen: kulturell, ökonomisch, technologisch, sowie mit den Mitteln der Desinformation. Da ist es unbedingt erforderlich, dass wir uns besser schützen und verteidigen, als das in der Vergangenheit der Fall war."

Sensationell ist vor allem das, was Van der Bellen da an der Spitze der Liste von Bedrohungen und Angriffen nennt, vor denen wir uns unbedingt besser schützen und verteidigen sollen: Das sind "kulturelle" Bedrohungen und Angriffe. Zugegeben, da ich auch heuer bei den Präsidentenansprachen sofort weggeschaltet habe, musste mich erst einer meiner klügsten Freunde darauf aufmerksam machen: "Man glaubt es nicht – aber was genau meint er damit – außer genau das, was wir alle tagtäglich erleben? Und warum nennt er das Kind nicht beim Namen?"

Man kann es in der Tat nicht anders deuten: Van der Bellen hat mit seinem Verweis auf die kulturellen Bedrohungen und Angriffe gegen Österreich genau die gleiche Sorge geäußert – nur unzweifelhaft deutlicher – wie knapp davor der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz, der nur das Stichwort "Stadtbild" nennen musste, damit jeder wusste, welche Bedrohung gemeint ist.

Nach diesem Wort des deutschen Bundeskanzlers ist im Nachbarland zweierlei passiert:

  • Erstens haben die Linksparteien und die Mainstream-Medien (was fast dasselbe ist) aufgeheult und sich über angeblichen "Rassismus" durch den kritischen Hinweis auf das "Stadtbild" erregt, statt auf die Sorgen des Bundeskanzlers und die vieler Deutscher einzugehen; einige rotgrüne Organisationen haben von diesen Medien begeistert unterstützte "Massendemonstrationen" in mehreren deutschen Städten veranstaltet – an denen dann freilich nur ganz wenige Menschen teilgenommen haben (trotzdem hat sogar der ORF pflichtschuldig breit darüber berichtet, wie bei jeder "richtigen", also linken Demonstration).
  • Und zweitens hat Merz einen so heftigen Sturm der Zustimmung erlebt, wie nie seit seinem Amtsantritt – nicht zuletzt deshalb, weil die Mehrheit der Deutschen überhaupt erst durch die hysterischen Reaktionen der Linken von seiner Äußerung erfahren hat.

Van der Bellens Worte vom "kulturellen Angriff" treffen noch viel genauer ins Schwarze als das Merz-"Stadtbild". Dennoch gibt es keine Demonstrationen. Weil er Recht hat? Weil es der Großteil der Österreicher auch so sieht? Oder weil die linksmediale Aufregungs- und Protestmaschinerie sich nur bei einem rechten Politiker in Gang setzt, nicht aber bei einem, der aus den eigenen Reihen kommt.

Es ist jedenfalls weit und breit keine andere kulturelle Bedrohung, kein anderer kultureller Angriff auf Österreich von der gleichen Dimension, von der gleichen Gefährlichkeit zu erkennen als jene durch die Massenmigration und durch die Islamisierung. Sollte der Mann aus der Hofburg jedoch eine solche andere Bedrohung erkannt haben, sollte er sie nennen. Er wird doch nicht die Publikumsvertreibung aus fast allen Theatern durch ständig linke Stücke und Inszenierungen gemeint haben ...

Auch bei der an zweiter Stelle genannten Bedrohung, der "ökonomischen", hat Van der Bellen recht – aber auch da ist sein Hinweis letztlich bloß salbungsvoll und billig, solange er nicht konkreter wird. Solange er nicht endlich das eindeutig Notwendige, wenn auch politisch Unpopuläre sagt: Nämlich, dass wir vor allem den über die Ufer tretenden Wohlfahrtsstaat dringend eindämmen müssen, dass wir dabei insbesondere das Pensionsantrittsalter deutlich erhöhen und die exorbitante Grundsicherung für illegale Migranten besonders in Wien deutlich reduzieren müssen.

Fast ebenso interessant, wenn auch noch ambivalenter war das Plädoyer des Bundespräsidenten für den "guten Kompromiss" in seiner zweiten Nationalfeiertagsrede. Völlig unklar bleibt freilich auch da, was Van der Bellen eigentlich genau gemeint hat. Was unterscheidet etwa einen "Guten Kompromiss" eigentlich von "Packelei" oder "Postenschacher", also von Dingen, mit denen seine Freunde in Partei und Medien zuletzt ununterbrochen bei jedem Regierungs-Kompromiss so verachtungsvoll um sich geworfen haben?

Van der Bellen ist da ja nicht sonderlich konkret geworden. Wörtlich redet er nur herum: "Der gute Kompromiss bewahrt uns davor, uns gegenseitig zu bekämpfen. Er zwingt uns dazu, die jeweils andere Seite zu verstehen.  Er zwingt uns dazu, auch an die jeweils andere Seite zu denken.  Der gute Kompromiss ist lebenswichtig für unsere Demokratie. Er bildet das Fundament unserer liberalen Demokratie. Er ist die Grundlage dafür, dass unser Miteinander überhaupt erst funktionierten kann. Denn niemand ist im alleinigen Besitz der Weisheit. Nur wenn man es schafft, die einzelnen Perspektiven zu einer größeren Sicht auf die Dinge zu verbinden, kommt man gemeinsam weiter. Der gute Kompromiss ist österreichisches Kulturgut!"

Wenn wir aber diese schönen Worte des Mannes aus der Hofburg ernst zu nehmen versuchen, dann können sie vor dem Hintergrund der österreichischen wie deutschen Debatte außer heißer Luft nur eines bedeuten: Schluss mit der Brandmauerei, bei der vor allem von den Linksparteien ein Miteinander mit den sogenannten Rechtspopulisten nicht einmal versucht, sondern strikt verboten wird (vor allem wohl deshalb, weil diese den sozialdemokratischen Linkspopulisten so viele Wählerstimmen genommen haben …)!

Oder will er eine Partei, noch dazu die derzeit größte, ganz vom "Fundament" der Demokratie verstoßen? Dann sollte er das auch ehrlich sagen – und sich daran erinnern, dass im vergangenen Herbst seine monatelange Weigerung, den freiheitlichen Wahlsiegern einen Regierungsbildungsauftrag zu geben, der FPÖ die besten Umfragen ihrer Geschichte beschert hatte.

Ein prinzipielles Fernhalten der Freiheitlichen vom beschworenen "Guten Kompromiss" wäre umso absurder, als er gleichzeitig ausgerechnet die Kommunisten ausdrücklich zum Teil der österreichischen Identität erhoben und als Teil des guten Kompromisses gelobt hat, weil nach seiner Analyse der "Keim für unsere österreichische Heimat im Geist der Lagerstraße begründet wurde. Sozialdemokraten, Christlichsoziale und Kommunisten fanden in den KZs der Nazis zueinander."

Van der Bellen sieht also mit den Kommunisten, die eindeutig noch lange nach(!) der KZ-Zeit zusammen mit den russischen Besatzern für die Errichtung einer totalitären Diktatur in Österreich agitiert haben, gute Kompromisse möglich. Gegenüber den Freiheitlichen in der Gegenwart ringt sich Van der Bellen hingegen nie zu solchen Worten durch. Dabei sind diese – bei allen schweren Verirrungen in der Ära Kickl – seit ihrer Gründung nie für eine Diktatur welcher Art immer eingetreten. Dabei sind von ihnen, so wie von den Grünen, zwar etliche schwere Fehler, aber keinesfalls Abwendungen von der Demokratie zu erwarten.

Geht Van der Bellen damit auch in einer zweiten Frage fundamental auf Distanz zu einer fundamentalen Position der Grünen, nämlich der Brandmauerei in Österreich wie in Deutschland? Oder begreift er nur nicht, wie widersprüchlich, wie hohl, wie sinnlos geplappert sonst seine Worte wären?

PS: Wenn Van der Bellen wirklich etwas über die Rolle der Kommunisten in der Lagerstraße und in der Nachkriegszeit wissen will, dann sollte er die Memoiren des Franz Olah nachlesen, eines Sozialdemokraten, der wirklich jahrelang im KZ gesessen ist, der dort seine ernüchternden Erfahrungen mit den Kommunisten gemacht hat und der in der Nachkriegszeit der vielleicht größte Held bei der Abwehr der Bedrohungen für unsere Freiheit und Demokratie durch die Kommunisten gewesen ist.

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