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Die Chefin der deutschen AfD fällt immer öfter durch ihre Wortmeldungen positiv auf. Das wird nur völlig überdeckt vom völlig einseitigen Verhalten der Mainstreammedien und des deutschen Verfassungsschutzes, der längst zu einem Schutz der Regierungskoalition degeneriert ist. Leider kann man dies absolut nicht von FPÖ-Chef Herbert Kickl sagen. In einem zentralen Aspekt kann man neuerdings Kickl und seiner Entourage sogar Donald Trump als positives Vorbild hinhalten, und die Regierungs- bzw. Staatschefs von Italien und Argentinien schon lange, die einst auch von den österreichischen Freiheitlichen als ihrem Lager zugehörig gepriesen worden waren.
Alice Weidel zeichnet sich so wie Giorgia Meloni und Javier Milei durch extrem gutes Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen aus. Das kann man von der FPÖ seit den Zeiten des Jörg Haider leider bis auf wenige Ausnahmen bei bedeutungslosen Hinterbänklern nicht sagen. Vor allem seit der Machtübernahme durch Herbert Kickl und seine Generalsekretäre dominiert bei konkreten wirtschaftlichen Aussagen der Parteispitze total ein linkssozialistisches Wirtschaftsverständnis.
Das wurzelt in der seit Jahrzehnten sichtbaren Persönlichkeitsstruktur des Herbert Kickl wie auch in der Absicht, die Arbeiterschaft für die FPÖ zu erobern. Das ist zum Teil zwar – wegen der Ausländerfrage – gelungen, stößt aber an Grenzen. Denn angesichts der Rezession haben viele österreichische Arbeiter und zuletzt auch die Metallgewerkschafter ein seriöses Wirtschaftsverständnis entwickelt.
Kurz: Kickl und seine hemmungslose sozialpolitische Lizitationsstrategie (etwa die Ablehnung jeder Pensionsreform) machen die FPÖ derzeit nicht regierungstauglich. Das erklärt wohl auch ihren Rückgang bei den Umfragen – auf allerdings noch immer sehr hohem Niveau – von 38 auf 35 Prozent in diesem Jahr.
Noch auffallender ist der Unterschied zwischen der AfD, also der zuletzt mit der FPÖ am engsten befreundeten ausländischen Partei, und der FPÖ aber neuerdings in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik. Laufen doch wirklich sämtliche Aussagen der freiheitlichen Spitze zu diesem Themenkomplex im inhaltlichen Ergebnis auf eine klare Unterstützung Russlands hinaus, auch wenn sie durch völkerrechtlich ahnungsloses Neutralitäts-Geschwurbel oder durch die Stammtisch-"Erkenntnis" getarnt werden: Gegen die Russen haben wir – oder die Ukrainer - eh keine Chance, daher sollen wir – oder - sie es gleich bleiben lassen.
Daher wenden sich die Freiheitlichen gegen fast alle notwendigen Maßnahmen der Landesverteidigung – früher eine ihrer Stärken. Denn die Bedrohungen der Sicherheit haben sich total verschoben: von Gewehren und Panzern hin zu Drohnen, Raketen und Satelliten in der Luft sowie im Weltraum. Ebenso schlimm sind die elektronischen Bedrohungen, die das ganze Stromnetz lehmlegen können, die über Cyberattacken nicht nur spionieren können, sondern ganze Flughäfen, Spitäler und Telefonnetze lahmlegen. Gegen all diese Bedrohungen hilft nur internationale Zusammenarbeit. So hat Deutschland gerade 35 Milliarden zur Abwehr von Bedrohungen aus dem Weltraum beschlossen: Das sind etwa die Störungen aller Kommunikationskanäle im angegriffenen Land, breit gestreute Abhöraktionen durch Satelliten und die Zerstörung feindlicher Satelliten. Kickl-Freiheitliche wollen uns jedoch einreden, dass wir uns gegen all das nur im Alleingang wehren sollen – sofern sie überhaupt die neue Qualität der Bedrohungen begriffen haben.
Wie anders reden und denken(!) zu all diesen Themen – von der Wirtschaft über Russland bis zum Cyberkrieg – immer mehr ausländische Politiker, die so wie die FPÖ als rechtspopulistisch oder rechtskonservativ bezeichnet werden (oder in der ORF-Hassdiktion als "ultrarechts" oder "rechtsextrem"). So spricht beispielsweise US-Präsident Donald Trump neuerdings offen von einer Rückeroberung des ganzen ukrainischen Staatsgebiets; so fordert er die Europäer zu einer viel geschlossenerer Haltung gegenüber Russland auf, da ja gegen sie, gegen die Europäer – nicht nur gegen die Ukraine – Krieg geführt werde; so spekuliert er durchaus zustimmend damit, dass die "Ukraine vielleicht sogar noch weitergehen kann" als bis zur Rückeroberung des ursprünglichen ukrainischen Territoriums. Von Meloni über Milei bis zur niederländischen Rechtsregierung gab es sogar schon viel früher eine klare Unterstützung der Ukraine.
Glasklar sind aber auch die Worte von Alice Weidel: "Irgendwo muss sich Putin irgendwann bewegen. Davon haben wir leider bislang zu wenig gesehen." Und sie warnt Moskau: "Man sollte die Geduld von Donald Trump nicht auf die Probe stellen. Man sollte ihn auch nicht in seinen Friedensbemühungen das Gesicht verlieren lassen."
Von der FPÖ hingegen hat nie auch nur ein Politiker zumindest einen Halbsatz zur Unterstützung der Ukraine, zur Kritik an Moskau oder für die wahren Notwendigkeiten der Landesverteidigung geäußert. Das ist blamabel. Das ist ein eindeutiger Beweis, dass die FPÖ unter allen westeuropäischen Rechtsparteien die russland-freundlichste ist. Die FPÖ kann sich bei ihrer Russlandliebe höchstens noch auf den im nächsten Jahr vor einer Wahlniederlage stehenden Ungarn Viktor Orbán und auf den slowakischen Postkommunisten Robert Fico ausreden. Deren Motive scheinen klar: Sowohl Slowaken wie auch Ungarn haben emotionale und territoriale Nachbarschafts-Konflikte mit der Ukraine, die weit in die Geschichte zurückgehen, und die sich in der sowjetischen Epoche nicht gerade gemildert haben.
Die Zunahme der Klarheit der Positionierung zu Russland und zur Ukraine in vielen internationalen Rechtsparteien mit Ausnahme Kickls, Ficos und Orbáns hängt wahrscheinlich auch mit folgenden drei Aspekten zusammen:
Diese Vorgänge, die etwa auch Weidel sehr empören, werden in der FPÖ bisher ignoriert. Hinter vorgehaltener Hand wird lediglich – ohne den geringsten Beweis – ausgestreut, das wären wahrscheinlich eh alles nur Angriffe aus der Ukraine, die dafür erbeutetes russisches Kriegsgerät missbrauche.
Mit der von Kickl vorgegebenen sozialpopulistischen Wirtschaftspolitik und mit der Russlandfreundlichkeit der ganzen Parteispitze hat sich die FPÖ auch international in gefährliche Isolation begeben. Sie hat sich in beiden Bereichen auch von der eigenen prowestlichen und antisozialistischen Tradition dramatisch wegentwickelt, für welche die FPÖ jahrzehntelang gestanden war. "Aber, was wollen Sie: Kickl ist in vielen Fragen nun einmal ein nationaler Linker", sagte mir unlängst – natürlich unter dem Schutz der Vertraulichkeit – ein Freiheitlicher der früheren Generation.
Wenn die FPÖ nicht in beiden zentralen Fragen eine rasche Kursänderung beginnt, wird das zum raschen Ende ihres Höhenflugs führen – oder die FPÖ ganz zur Nachfolgepartei der SPÖ machen, während die SPÖ selber zunehmend von der Bildfläche verschwindet. Die jetzt nicht einmal mehr 19 Prozent Unterstützung für die österreichischen Sozialdemokraten sind ja, vergleicht man international, durchaus noch abbaufähig. So sind ihre einst regierenden Freunde in Deutschland, Polen sowie in fast allen osteuropäischen Reformstaaten, in Portugal und den Niederlanden bei den letzten Umfragen auf noch viel tiefere Werte gestürzt.
Die Genossen haben die Arbeiter schon weitgehend an die FPÖ verloren. Jetzt scheint auch inhaltlich eine Übernahme der einstigen SPÖ-Position in allen Fragen der Außen-, der Sicherheits- und der Sozialpolitik erfolgt zu sein.
Wie gut wäre es da für die Zukunft der FPÖ als rechtsbürgerliche Partei und für Österreich, wenn eine kluge Persönlichkeit wie Alice Weidel die Partei übernehmen könnte! Eine solche zeichnet sich aber freilich weit und breit nicht ab.
Heute hat die FPÖ nur noch drei Themen, wo sie auch bei jenen Österreichern punkten kann, die nicht ganz automatisch dem Parteiführer folgen, wohin immer der marschiert, und was immer der sagt (für sie ist einzig wichtig, dass er es denen da oben gehörig hineinsagt):
Dazu wirkt sich zugunsten der FPÖ der gleichsam automatische Bonus als einziger relevanter Oppositionspartei bei allen aus, die sich irgendwann über eine Regierungsmaßnahme oder über einen irgendwo passierten (beziehungsweise von linken Meinungsmachern behaupteten) Korruptionsfall geärgert haben. Dieser Bonus ist in Zeichen einer Wirtschaftskrise mit Inflation, Rezession und unzureichenden Regierungsmaßnahmen logischerweise besonders groß.
Mit diesem Oppositionsbonus und den drei genannten Schwerpunkten hofft die FPÖ, auch weiterhin reüssieren zu können. Der Kickl-Kurs in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie seine sozialdemokratische Liebe zum Wohlfahrtstaat werden aber seinen Höhenflug sehr bald zu einem Sinkflug machen.