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Im Strafrechtssumpf

Henne oder Ei? Wer hat angefangen mit der juristischen Schlammschlacht zwischen ÖVP und FPÖ? Begreifen die beiden denn nicht, dass sie mit dieser nur eines erreichen: dass durch ihren Streit und mit Hilfe der Genossen in der Staatsanwaltschaft die politisch eigentlich völlig am Boden liegenden Linksparteien wieder Oberwasser bekommen? Noch viel wichtiger ist aber die Frage, wann oder ob es endlich da wie dort wieder kluge Parteiführungen geben wird, die wie einst Schüssel und Haider oder später Kurz und Strache konstruktiv in die Zukunft blicken und einander die Hand geben können.

Nach den vielen untergriffigen Attacken der Freiheitlichen auf die ÖVP in den letzten fünf Jahren, insbesondere in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, war es parteipolitisch nur logisch – zumindest wenn man in der eindimensionalen Logik einer Schulhofrauferei denkt –, dass die ÖVP jetzt auch umgekehrt die juristischen Schwächen und Delikte der Freiheitlichen voll ausnutzt. Sie begreift aber dabei nicht, dass sie damit gleichzeitig ihre eigene Position in den Koalitionsverhandlungen mit Rot und Pink entscheidend verschlechtert. Je mehr die Schwarzen die Alternative einer Kooperation mit den Blauen zumauern – die ja ihre einzige Alternative ist –, umso größer wird die Erpressungsmacht der Sozialisten in den Koalitionsverhandlungen. Diese verweigern jetzt schon jeden Reformwillen.

Das ändert freilich zumindest in einem Fall absolut nichts an der moralischen wie rechtlichen Verwerflichkeit des Verhaltens freiheitlicher Politiker. Die beiden FPÖ-Politiker Hafenecker und Jenewein sind nun in zweiter Instanz rechtskräftig zu (erhöhten) Geldstrafen für die Fälschung von Covid-Testzertifikaten verurteilt worden. Das ähnelt dem (dank der parlamentarischen Immunität straffrei gebliebenen) Verhalten des FPÖ-Chefs Herbert Kickl, der sich auch im Parlament geweigert hatte, die damals obligaten Corona-Masken aufzusetzen.

Damit hatten die Freiheitlichen eine in der Bevölkerung verbreitete abfällige Meinung über Politiker anschaulich bestätigt: Dass sich diese über das Gesetz erhaben dünken, dass das Gesetz nur für die einfachen Menschen gelte. Das ist aber nicht so. Woran auch der subjektive Glaube nichts ändern kann, dass bestimmte Regeln unsinnig seien. Jeder Bürger muss auch von ihm zutiefst abgelehnte Gesetze einhalten (wenn ich das mit einem persönlichen Beispiel untermauern kann: Ich muss zweimal gesetzliche Krankenversicherung einzahlen, obwohl ich eigentlich nicht zweimal krank werden kann. Ich muss mich hilf- und alternativlos bei jeder Zahlungsvorschreibung und bei jeder Frage einer Ordinationsgehilfin ärgern, ob meine Behandlung bei der ÖGK oder der SVS verrechnet werden soll). Nur manche Politiker glauben offenbar, dass sie Gesetze nicht befolgen müssten.

In anderen Ländern treten Politiker wegen solcher Delikte umgehend zurück. Nicht in Österreich. Und nicht bei der FPÖ.

Vorerst ganz anders zu beurteilen sind die weiteren Strafverfahren, die gegen Freiheitliche erst angelaufen sind. Da steht an erster Stelle das von der Staatsanwaltschaft für strafbar gehaltene Absingen des Liedes "Wenn alle untreu werden" – auch – durch drei FPÖ-Abgeordnete bei einem Begräbnis eines Burschenschaftsfreundes. Das ist nun wirklich üble Gesinnungsschnüffelei linker Staatsanwälte, die offenbar glauben, die innere Gesinnung beim Absingen jenes Liedes zu erkennen.

Denn dieser als Nazi-Lied eingestufte Treue-Gesang stammt aus dem Jahr 1814 und bezog sich damals auf das "heilge deutsche Reich". Die Krone des "Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation" hatten bis 1806 jahrhundertelang die Habsburger getragen (sie ist auch heute noch in der Wiener Schatzkammer zu bewundern); sie musste damals auf Verlangen Napoleons niedergelegt werden. Dieses tatsächlich tausend Jahre alt gewordene Heilige Reich war auch noch lange nachher Objekt großer nostalgischer Reichs-Sehnsucht vieler auf Duodez-Fürstentümer aufgeteilter Deutscher, die sich erst langsam auf die zwei folgenden Kaiserreiche aufteilte, auf das (schon 1804) in Wien ausgerufene Kaisertum Österreich und auf das (erst 1871 durch einen Kriegszug gegründete) deutsche Kaiserreich.

Das Lied "Wenn alle untreu werden" ist im Laufe seiner 220-jährigen Geschichte auch noch für Treue-Beschwörungen verschiedener anderer Arten verwendet worden: von katholischen Gruppen für die Treue zu Gott; Theodor Herzl, der Vater des Zionismus, hat das Lied den Juden empfohlen; die SS hat sie als Treue-Aufruf zu sich selber gesungen; und zweifellos haben Studenten-Verbindungen das Lied ganz ähnlich gesungen.

Es ist vor diesem Hintergrund absolut peinlich, wenn österreichische Staatsanwälte das Mitsingen jenes Liedes noch dazu an einem Grab jetzt daraufhin untersuchen, ob dahinter vielleicht die Absicht steht, ein neues Hitler-Reich zu errichten. Staatsanwälte sollten wahrlich Besseres zu tun haben.

Solche Gesinnungsschnüffelei ist eine Schande für ein Land, das sich zu den Menschenrechten und zur Meinungsfreiheit bekennt. Und es ist geradezu lächerlich, wenn Staatsanwälte aus einem alten Lied den Versuch zu einer Wiedererrichtung des nationalsozialistischen Verbrecherregimes abzuleiten versuchen. Sollte aber das Wiederbetätigungsgesetz wirklich zu einer Verurteilung führen, dann zeigt das nur, das sich jenes Gesetz 80 Jahre später endgültig als fragwürdig erwiesen hat. Und das doppelt und dreifach in Zeiten, da auf den Straßen Wiens aggressive Horden ungestraft nach dem Kalifat brüllen können, oder da ein Mann, der ungestraft Stalin bejubelt hat, wahrscheinlich bald Vizekanzler dieser Republik werden wird.

Demokratie und Rechtsstaat in Österreich werden jedenfalls nicht durch selektive Ausnahmen von den Menschenrechten gesichert, durch Ausnahmen, die in den späten 40er Jahren ihre guten Gründe hatten, die aber im 21. Jahrhundert nur von den wirklichen Bedrohungen ablenken.

In ganz anderer Hinsicht problematisch ist ein weiteres Strafverfahren gegen einen FPÖ-Mann. Parteichef Herbert Kickl dürfte mutmaßlich im parlamentarischen Untersuchungsausschuss gleich mehrfach die Unwahrheit gesagt haben. Zumindest vermutet das die Staatsanwaltschaft nach einer Anzeige der ÖVP. Das ist nun absolut spiegelbildlich genau das Gleiche, wofür Sebastian Kurz (nicht rechtskräftig) und Hannes Androsch (rechtskräftig) verurteilt worden sind. Für beide haben ihre Verfahren ein steiles Ende stolzer Karrieren bedeutet. Die Anzeige der ÖVP ist dabei zwar zweifellos ein Revanchefoul für die hetzerischen Kommentare der FPÖ gegen Kurz gewesen (welche damals überhaupt nicht die üblen Rollen von Staatsanwaltschaft und Justizministerium kritisiert hat). Es ist aber völlig unklar, mit welcher Glaubwürdigkeit jetzt Kickl im Amt bleiben will, der damals so laut den Rücktritt von Kurz gefordert hatte.

Dennoch ist es eine historische Katastrophe, dass Karl Nehammer und Kickl jetzt die Chance zu jenem Deal versäumt haben, so wie ihn das Tagebuch vorgeschlagen hatte. Dessen Eckpunkte hätten sein können: Beide Parteien stimmen gemeinsam gegen die Auslieferung Kickls an die Staatsanwälte; Kickl verzichtet dafür auf den Anspruch auf das Bundeskanzleramt; und beide Parteien einigen sich auf einen anderen FPÖ- (oder einen unabhängigen) Kandidaten für dieses Amt.

Jedoch: Beide Parteien begriffen die Perspektive nicht; Nehammer will Bundeskanzler bleiben und hat deshalb die Chance nicht sehen wollen, das Kurz-Verfahren ebenfalls als absurdes Politikum zu demaskieren; und Kickl will lieber weiterhin die Märtyrerrolle spielen – was er zwar gut kann, was ihn aber auf Dauer politisch disqualifiziert. Jetzt droht ihm das gleiche Schicksal wie Kurz.

Als Staatsmann qualifiziert hat sich jedenfalls keiner der beiden.

PS: Noch an ganz anderer Front, wenn auch bei einer propagandistischen Kleinigkeit, zeigt sich übrigens ein weiterer bedenklicher Umgang der Freiheitlichen mit der Wahrheit. Der niederösterreichische FPÖ-Chef Landbauer verkündet stolz zu den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen, dass die FPÖ dabei "erstmals wirklich flächendeckend" antreten werde. Wahr ist jedoch, dass sie – offenbar mangels Kandidaten – nur in 448 von 573 Gemeinden antritt. Das ist halt nicht ganz das, was der gemeine Staatsbürger unter "wirklich flächendeckend" versteht. Offenbar ist salopper Umgang mit Fakten und Wahrheit auch in nicht lebenswichtigen Dingen für manche geradezu genetisch bedingt.

PPS: Ebensowenig ein Ruhmesblatt für die FPÖ ist das Verhalten von Parlamentspräsident Rosenkranz. Dieser hat die Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft wegen Kickl und den drei Grabessängern wohl zu Unrecht einige Tage lang geheimgehalten, bis die steirischen Landtagswahlen vorbei waren. Und jetzt hat er über einen Abgeordneten, der das kritisiert hat, einen Ordnungsruf verhängt und düstere Drohungen ausgestoßen.

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