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LIF und Neos: Wie oft stirbt der Schmäh?

Als ich vor vielen Jahren zugunsten der Gründung einer liberalen Partei anagitiert worden bin, war der erste Werber ausgerechnet –  wie ich später begriff, keineswegs zufällig – ein ehemaliger Journalist aus der Hinterlassenschaft der "Arbeiterzeitung". Das machte mich misstrauisch, so sehr auch die großen liberalen Denker wie Hayek, Mises, Friedman, Streissler für mich seit langem die faszinierendsten und weisesten Männer des letzten Jahrhunderts gewesen sind. Dieses Misstrauen bewahrte mich davor, dem "Liberalen Forum" näher zu rücken als irgendeiner anderen Partei. Dieses Misstrauen bestätigte sich immer wieder – und ist mir zuletzt bei der dramatischen Implosion der Neos bei den Salzburger Landtagswahl wieder in Erinnerung gekommen (Dieser Text wurde in den ersten Stunden nach Erscheinen nochmals überarbeitet).

Hinter den zweimaligen, später gescheiterten Anläufen, eine angeblich liberale Partei zu gründen, steckte regelmäßig der gleiche Schmäh: Man tarnt sich liberal, um damit in bürgerliche Schichten eindringen zu können, welche die eigene oberflächliche Schickeria-Attitüde ohne tiefere Ahnung von geistigen, politischen oder ökonomischen Zusammenhängen oder Werten gerne mit dem Allerweltsvokabel "liberal" etikettieren. Man hat aber in Wahrheit eine klassische Linkspartei gegründet. Das Motiv der Gründung war ganz eindeutig, auf diesem Umweg endlich wieder einmal zu einer linken Mehrheit in Österreich zu kommen, die es hier seit 40 Jahren nicht mehr gegeben hatte.

Vor allem gesellschaftspolitisch standen LIF wie Neos jedenfalls immer stramm links. Man hat nur eben alle Vokabel wie "sozialistisch", "sozialdemokratisch" oder "kommunistisch" strikt vermieden, die abstoßend auf die Bobo-Schlichten sein könnten.

Hörbar waren die Neos statt dessen vor allem als Homosexuellen-, Trans- und Migrationslobby. Nichts davon entspricht der Haltung eines der großen Liberalen (Friedman hat zwar schon einmal gemeint, dass man die Grenzen durchaus komplett öffnen könne – aber nur, wenn man das nationale Wohlfahrtssystem mit seiner Magnetwirkung auf Sozialtouristen komplett abschafft!).

Es finden sich nur wenige inhaltliche Unterschiede der Neos zu den klassischen Linksparteien, die man positiv herausheben könnte, wie etwa:

  • Sie haben sich nie für Verstaatlichungen ausgesprochen;
  • Sie haben die – seit Wolfgang Schüssel – klarste und deutlichste Kritik aller Parteien am nachhaltig zum Scheitern verurteilten Pensionssystem geübt;
  • zu loben ist auch der Neos-Einsatz für ein verpflichtendes Pensionssplitting bei Ehescheidungen;
  • Auch die mutige Kritik am skurrilen Neutralitätsmythos der Österreicher ist den Neos hoch anzurechnen (die im Grund ebenfalls eine Fortsetzung des Kurses der Ära Schüssel/Khol/Riess-Passer darstellt, während bei ÖVP und FPÖ die einstige Erkenntnis der Sinnlosigkeit der Neutralität derzeit leider populistisch völlig verschüttet worden ist);
  • Dazu kommt das ebenfalls lobenswerte Engagement für Studiengebühren, die nicht nur für die Finanzierung der Unis und als Hebel gegen Langzeit(nicht)-Studenten wichtig wären, sondern auch eindeutig gerecht sind (gegenüber jenen, die schon mit 15 arbeiten und die nie die späteren Einkommen erfolgreicher Ärzte, Rechtsanwälte, Manager oder Techniker erzielen können).

Aber abgesehen von diesen fünf verdienstvollen Positionen haben sich bei den Neos immer mehr die linken Kräfte durchgesetzt:

  • Das reichte vom Schwulen- und Trans-Kult bis zum krampfhaften Gendern und zum Ersetzen der (urliberalen) Forderung nach Gleichberechtigung der Frauen durch die modische Parole einer "Gleichstellung" der Frauen.
  • Als aktuelles Symbol dafür, wie sehr die Neos sozialistisch geworden sind, prangt auf sämtlichen ihrer Internet-Seiten derzeit ganz oben die Forderung "Petition: Psychotherapie auf Krankenschein – unterschreiben". Mit anderen Worten: Auch die Neos agitieren – bis auf die genannten fünf Ausnahmen – auf vielen Feldern für eine ständige Ausweitung des ohnedies schon überschuldeten Sozialstaates.
  • Dazu gehört etwa auch die Forderung nach Ausweitung des Unterhaltsvorschusses,
  • nach Abschaffung des Alleinverdienerabsetzbetrags,
  • nach mehr Väterkarenz,
  • nach "Aufbrechen rückständiger Rollenbilder in den Köpfen der Österreicher:innen". Und so weiter, und so fort.
  • Jedem wirklich Liberalen muss vor allem bei der letztgenannten Formulierung das Geimpfte aufgehen, wenn eine Partei "rückständige Rollenbilder in den Köpfen aufbrechen" will. Liebe Neos, zum Mitschreiben: Was sich in meinem, in unseren Köpfen abspielt, sollte niemals den Staat oder eine Partei etwas angehen! Geschweige denn, dass die dort etwas "aufbrechen" dürfen.
  • Wer glaubt, das alles hätte noch etwas mit liberal zu tun, der sollte sich tatsächlich einer Psychotherapie unterziehen. Mit oder ohne Krankenschein. Ebenso, wer eine Partei für "liberal" hält, auf deren Homepage man (in Zusammenhang mit den Gemeinde- und Landeskompetenzen) die Forderung "mehr Kontrolle durch den Bund" liest.
  • Selbst zur Direkten Demokratie fällt ihnen vor allem ein, dass deren Einführung vor allem ja "langsam" gehen soll.
  • Den Neos fällt auch nicht auf, dass das von den Linken durchgesetzte Gendern ein massiver Widerspruch ist zu dem, was die große Mehrheit der Menschen will.
  • Ganz offensichtlich gilt bei den Neos wie bei den Sozialisten: Zuviel Demokratie ist ungesund, sobald dabei etwas anderes herauskommt, als die Politruks wollen.
  • Dafür taucht immer wieder die – völlig illiberale Forderung nach mehr Zentralisierung auf. Bis hin zur Forderung nach "Vereinigten Staaten von Europa" (die man mit unerträglichen Phrasen skizziert: Diese seien "ein Ort für Optimist:innen").

Die allergrößte Selbstbeschädigung der Neos findet sich aber gar nicht in einem Parteiprogramm, sondern im politischen Verhalten der pinken Politiker. Die Summe dieses Verhaltens prägt viel stärker als geduldiges Programmpapier das Bild, das die Bürger am Ende des Tages in ihren Köpfen von den Neos haben. Dieses Verhalten war auch jetzt in Salzburg entscheidend, wo die Neos einen weit größeren Prozentsatz ihrer Wähler verloren haben als jede andere Partei!

Der Prozentsatz der Wähler einer Partei, die diese im Vergleich zur letzten Wahl nicht mehr gewählt haben, wird leider in den üblichen medialen Wahlberichten immer ignoriert. In diesen Berichten wird immer nur die Verschiebung in Prozentpunkten angegeben. Die Entwicklung der Parteien selber ist aber mindestens ebenso spannend. Denn dabei zeigt sich: Die ÖVP hat 14 Prozent ihrer Wähler verloren, die anderen Verlierer weniger – bis auf die Neos. Bei ihnen haben sich gleich 38 Prozent der ehemaligen Wähler verabschiedet. Das ist absolut dramatisch (interessant ist übrigens auch die Entwicklung der beiden großen Dazugewinner-Parteien: Da steht die jahrzehntelang fast ganz verschwunden gewesene KPÖ mit unglaublichen 3095 Prozent an der Spitze. Und die FPÖ ist um 18 Prozent stärker gewesen als die beiden freiheitlichen Listen zusammen, die beim letzten Mal zerstritten gegeneinander angetreten sind).

Die politisch-strategischen Fehler der Neos-Politik, die zu diesen dramatischen Verlusten geführt haben:

Erstens: Die Neos haben nach dem Einzug der Grünen in die Regierung strategisch ganz darauf gesetzt, möglichst viele der grünen Wähler zu sich lotsen zu können. Die pinke Annahme: Die Wähler der Grünen würden diesen nach einer Koalition mit den Schwarzen davonlaufen. Daher profilieren sie sich – ganz besonders in Wien – als Radfahrer- und Anti-Auto-Partei. Diese Spekulation einer alternativen Partei für Grünwähler  ging aber nicht auf, weil sich die Grünen in der Bundeskoalition massiv gegen die ÖVP durchsetzen konnten. Daher haben sie im Gegensatz zur ÖVP auch kaum verloren.

Zweitens: Ihr gesamtösterreichischer Linkskurs hat den Neos absolut nichts genützt: Denn sie haben jetzt in Salzburg – nach den (allerdings umstrittenen) Wählerstromanalysen – mehr Wähler der letzten Wahl an die Kommunisten verloren als neuerlich für sich selbst gewonnen. Das lässt massiv am Sinn des ganzen Neos-Projekts zweifeln: Wenn die Neos für so viele Wähler problemlos durch die Kommunisten ersetzbar sind, sobald diese selber fesch und zeitgeistig geworden sind und einen attraktiven Spitzenkandidaten haben, dann kann das Neos-Projekt mit vielem, aber nicht mit den liberalen Ideen zu tun haben.

Drittens: Noch deutlicher wurde diese irre Positionierung der Neos in den Augen der Wähler, als in den letzten Jahren und Monaten eine Regierungsbeteiligung der Neos nur in absolut einer Richtung erwähnt worden ist: als drittes Glied am Wagen einer rotgrünpinken Ampelkoalition. Das Arge ist, dass da kein einiges Mal ein Neos-Politiker protestierend aufgeschrieen hat: "Nein, dort passen wir nicht hin! Was auch immer vor allem die jetzigen roten Spitzenkandidaten in ihren feuchten Träumen sich erhoffen mögen: Wir Liberalen sind keine Mehrheitsbeschaffer für eine Linkskoalition!" Dabei hätte spätestens das dramatische Schicksal der deutschen Schwesternpartei FDP, die ja sehr wohl in eine Linkskoalition gegangen sind, für jeden denkfähigen Neos-Menschen ein Warnsignal sein müssen: Die FDP steht nach Verlust vieler verärgerter Wähler fast halbiert da.

Viertens seien einige Beispiele aufgezählt, wo überall die Neos es versäumt haben, sich konkret als Verteidiger der Freiheit gegen einen übergriffigen Staat zu engagieren (obwohl ja das Wort "liberal" von der "Libertas" in all ihren Variationen wie "liberty" oder "liberté" kommt):

  1. Die Neos haben es komplett der FPÖ und den diversen MFG-Grüppchen überlassen, sich in der Corona-Krise für den Wert der Freiheit (sich zu bewegen, seinem Gewerbe nachzugehen, in die Schule oder ins Theater gehen zu können) zu positionieren. Was selbst dann notwendig gewesen wäre, wenn man nicht in Kickl-Manier die Gefahren der Pandemie unterschätzt hat.
  2. Die Neos schweigen auch, wenn die Freiheit der Almen, die Freiheit der Menschen, eine Wanderung zu unternehmen, durch radikale Grüne bedroht wird, die überall das Aussetzen von Bären und Wölfen durchgesetzt haben – als ob die Freiheit jener Tiere wichtiger wäre als die Freiheit der Menschen.
  3. Die Neos schweigen auch, wenn die Freiheit von Millionen Menschen, sich fortzubewegen, oder einem Beruf nachzugehen, durch die Blockaden von Grünextremisten immer mehr behindert wird.
  4. Sie schweigen überdies auch, wenn durch diese Blockaden versucht wird, die Politik zu etwas zu nötigen, was dem Verständnis der meisten Menschen von Freiheit widerspricht: wie (unter anderem) Tempo 100 auf der Autobahn.
  5. Mir ist auch kein ernsthafter Neos-Versuch bekannt, sich gegen die Nötigung durch die Klebeterroristen durchzusetzen, obwohl diese ja de facto die Demokratie erpresserisch aushebeln wollen.
  6. Es gab auch keinerlei Neos-Empörung zu hören, als sich marodierende Staatsanwälte nach der Reihe private Chats gegriffen und deren Inhalt hemmungslos nach außen gespielt haben, sodass jetzt alle Welt weiß, dass der eine schwul ist und der andere im Privatgespräch einen Konkurrenten "Arsch" genannt hat.
  7. Und es sind auch keine lauten Proteste gegen eine Staatsanwaltschaft zu hören, die politisch unliebsame Menschen nach der Reihe mit acht- oder zehnjährigen Vorverfahren in ihrer Existenz vernichtet, ohne dass diese Menschen am Ende eines Deliktes schuldig wären.
  8. Besonders laut müsste sich eine liberale Partei insbesondere gegen alle Zensur-Versuche wenden, die sich unter dem Vorwand massiv häufen, dass die Regierungen "Fake News" bekämpfen müssten. Für einen Liberalen ist es fast unerträglich, wenn sich der Staat und seine Justiz als Zensor und Verkünder der Wahrheit aufspielen, als ob sie in deren Besitz wären. Nicht so für die Neos.

All diese Punkte hätten im Zentrum einer wirklich liberalen Partei stehen müssen. Standen aber nicht.

Fazit am Ende der kurzen Geschichte der Neos: Da bleibt wenig in Erinnerung außer dem ständigen Sichselbstneuerfinden des Herrn Strolz und den hasserfüllten Auftritten der Frau Krisper. Liberal war da jedenfalls absolut nichts. Die Schmähs sind ihnen ausgegangen, mit denen sie immer wieder unter der Überschrift "liberal" linke Politik gemacht haben.

Aber wahrscheinlich ist die ganze österreichische Pinkerei sowieso nur ein Übersetzungsfehler aus dem Amerikanischen, der dem netten Sonderling Strolz beim Baumumarmen unterlaufen ist: Denn in Nordamerika nennen sich die Linken verwirrendweise "Liberals", mit der Betonung auf der ersten Silbe (weil Sozialismus dort immer schon ein Unwort gewesen ist). Hingegen hatten die europäischen Liberalen (mit Betonung auf dem "A") mit Sozialismus wirklich gar nichts am Hut.

Wer das bezweifelt, möge Hayeks millionenfach aufgelegten "Weg zur Knechtschaft" lesen: für ihn ist Sozialismus Knechtschaft. Dringend lesenswert ist auch der Essay, in dem der österreichische Nobelpreisträger darüber Auskunft gibt, warum er sich liberal und nicht konservativ nennt: Weil die Konservativen den Linken nicht ausdauernd genug und hartnäckig genug Widerstand leisten. Er muss sich im Grab umdrehen, würde er erfahren, was heute als "liberal" herumläuft.

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