Energiewende, Ressourcen und Kosten

Tagtäglich wird man in den Medien mit den Themen Energiewende und Klimakrise konfrontiert. Man wird ständig informiert – oder besser: manipuliert. Die verbreiteten Ansichten sind meist falsch, deren Basis schon lange überholt, oder es werden den Lesern bewusst falsche Nachrichten präsentiert.

Das geht sogar so weit, dass ein PR-Manager eines österreichischen Energieunternehmens sich entblödete, auf eine meiner Anfragen Folgendes zu antworten:

"Bezüglich Atomkraft ist es kein Wunder, dass Länder wie Frankreich oder Großbritannien die Atomkraft nicht beenden wollen. Beide Länder sind Besitzer von Atombomben und wollen diese auch behalten und müssen auf Grund dieser militärischen Ausrichtung an der Atomkraft festhalten. An ökonomischen Gründen kann es nicht liegen, denn das hat zuletzt auch eine Studie, die das Parlament in England beauftragt hat,  deutlich gemacht: Erneuerbare sind deutlich die günstigste Möglichkeit und die Atomkraft ist weit teurer."

Auf meinen Einwand dazu, dass mit diesem Argument nicht erklärt wird, warum unsere unmittelbaren Nachbarn und viele andere Länder auf Atomenergie setzen, erhielt ich keine Antwort. Weitere E-Mails an diesen Herren hinsichtlich Kosten erneuerbarer Energien blieben ebenso unbeantwortet. Das ist eine Taktik, Bürger nicht mit unangenehmen Tatsachen zu belasten: wie etwa mit der Frage, woher die Photovoltaik-Module kommen. Wie etwa mit der Tatsache, dass sich Windenergie ohne Subventionen nicht rechnet. Dafür aber wird man täglich informiert, dass wir ohne Energiewende den Klimawandel nicht stoppen könnten. Eine ziemliche Vermessenheit.

Grundsätzlich muss man sich die Frage stellen: "Ist es möglich, auf fossile Energieträger weltweit zu verzichten?" Und ebenso die Frage: "Sind die Ressourcen vorhanden, um nur mittels erneuerbarer Energie den gegenwärtigen und zukünftigen Strombedarf zu decken?"

Diese Frage wird in einer Untersuchung von Professor Simon Michaux des Geologischen Dienstes in Finnland beantwortet. In seiner Untersuchung: "Transformation of the Industrial System" ist eine der wesentlichsten Aussagen dazu: "Sowohl die gegenwärtige Bergbauproduktion (2019) als auch die globalen Mineralreserven (2022) können nicht genügend Metalle zur Verfügung stellen, um auch nur eine Generation von erneuerbaren Technologie-Systemen herzustellen."

Aus der Liste der Daten, die er dazu präsentierte, seien einige der wichtigsten und bekanntesten Metalle herausgegriffen.

 

  • Für Kupfer wird angegeben, dass dazu 4,58 Milliarden Tonnen benötigt werden, dass aber nur 0,88 Milliarden Tonnen globale Reserven vorhanden sind. Aus der jährlichen globalen Produktion von 0,02 Milliarden Tonnen würde man 189 Jahre benötigen, um diese Systeme herzustellen. 
  • Für Lithium und Kobalt ergeben sich noch absurdere Werte. Es werden für Lithium 0,94 Milliarden Tonnen Metall gebraucht, dem gegenüber stehen Reserven von 0,02 Milliarden Tonnen. Bei der 2019 gegebene Produktion würde man 9921 Jahre benötigen, um die erneuerbaren technologischen Systeme auszubauen. Die Werte für Kobalt sind ähnlich krass: entsprechend 0,22 Milliarden Tonnen werden gebraucht, es sind aber nur Reserven von 0,0076 Milliarden vorhanden.

Von der Idee, die fossilen Energieträger mittels erneuerbarer Energiesysteme weltweit zu ersetzen, wird man sich wohl verabschieden müssen.

Selbst aus Europa wurden Zweifel angemeldet. Thierry Breton, der EU-Kommissar für den Binnenmarkt, merkte an, dass man Gesetze für den Ersatz der Energieerzeugung auf der Basis fossiler Rohstoffe durch erneuerbare Energien erlassen hatte, ohne sicherzustellen, dass auch die nötigen Ressourcen vorhanden sind.

Breton meint, der Umstieg auf erneuerbare Energien müsse beschleunigt werden. Dafür solle die EU aber sicherstellen, dass ihre Versorgung mit den dafür nötigen Mineralien, etwa Seltenen Erden, abgesichert sei. "Wir müssen verhindern, dass wir von einer Gasabhängigkeit von Russland in eine Solarabhängigkeit von China geraten." Die EU müsse daher den Abbau und die Verarbeitung von Rohstoffen in Europa fördern. "Wir brauchen nicht nur Minen, sondern auch Raffinerien, eine neue Industrie", sagte Breton. "Solange wir abhängig sind, sind wir angreifbar."

Das Problem dieser Aussage: Wir haben schlichtweg in der EU nicht alle diese notwendigen Rohstoffvorkommen in genügendem Ausmaß. Auch die kleine Lithiumerz-Lagerstätte auf der Koralm, oder die Nickel-, Kobalt- und Kupfervorkommen in Skandinavien, wären nicht in der Lage, den Rohstoffbedarf in der EU zu decken. Alle kritischen Rohstoffe müssen eingeführt werden. Mit der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik sind wir leider immer abhängig von China.

Europa hat es versäumt, wie China selbst in der Exploration und im Bergbau in den ehemaligen Kolonien aktiv zu werden. So wird die Produktion von Seltenen Erden von China beherrscht. Nicht anders ist es für Kobalt. Der ehemalige Produzent Belgien wurde von China im Kongo abgelöst. Und während dort früher nur Bergbaukonzerne tätig waren, sind es jetzt vielfach Familienbetriebe mit Kinderarbeit. So ist es kein Geheimnis, dass gegenwärtig 16 Prozent der weltweiten Kobaltproduktion aus solchen Betrieben stammen.

69 des weltweiten Kobalts werden in China verarbeitet. Hauptsache ist, wir bekommen Handys und Batterien billig aus China. Der Verstoß gegen Menschenrechte in den Herkunftsländern, wo diese Rohstoffe gewonnen werden, wird selbst von den Grünen als kollaterale Unannehmlichkeit akzeptiert.

Und es sind nicht nur Rohstoffe, die wir nicht haben und bei denen wir von China abhängig sind: Auch die PV-Paneele werden nur in geringem Maße (0,2 Prozent) in der EU erzeugt. 70 Prozent davon werden in China hergestellt. Daher ist das, was Breton fordert, ein frommer Wunsch.

Wir befinden uns in einer Situation, weiterhin abhängig zu sein: Bisher waren wir das bei der Lieferung von Gas aus Russland, jetzt in noch größerem Maße von Asien (94 Prozent bei Solarpaneelen). Bretons Aussage "Solange wir abhängig sind, sind wir angreifbar" trifft aber voll zu.

Breton fordert aber auch: "Unser Ziel ist CO2-Neutralität bis zum Jahr 2050 und jede technische Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, sollte willkommen sein. CO2-Neutralität bis 2050 ist auf EU-Ebene ohne Atomstrom nicht möglich." Und weiter: "Dass die EU ohne Atomstrom CO2-neutral werden kann, ist eine Lüge." Mit dieser Meinung steht Breton nicht allein. Viele Industriekapitäne vertreten diese Ansicht.

Es ist daher schon sehr fahrlässig von Michael Strugl, dem Vorsitzenden des Verbund-Vorstands,  und anderen Kapazundern in Regierungsposition, auf Teufel komm raus sich nur auf den Ausbau erneuerbarer Energien zu konzentrieren und nicht ebenso stark auf Atomenergie zu setzen.

Dass Teile der Bevölkerung gegen Atomkraft sind, ist zu akzeptieren, doch ist es meine Erfahrung, dass viele nur das über Atomkraft wissen, was in den Medien verbreitet wird, und das ist nur Negatives. Erstaunlich ist, dass in Deutschland mittlerweile wieder eine Mehrheit die Atomkraft befürwortet. Umfragen zu diesem Thema in Österreich wären sinnvoll und deren Resultate interessant. Leider ist keine politische Partei dafür, solche zu veranlassen.

Eine Diskussion über Kosten der Kernkraft wird üblicherweise mit dem Hinweis "Zu teuer" beendet. Wenn dem so wäre, dann fragt man sich:

  • Warum setzen 16 der EU-Staaten auf Atomstrom?
  • Warum bauen sogar die Emirate, die Gas exportieren, Atomreaktoren?
  • Warum errichten Sonnenländer wie Indien verstärkt Kernkraftwerke?
  • Warum investiert Kanada, ebenfalls gesegnet mit Gas, Öl und Wind, enorme Summen in die Entwicklung von Reaktoren?
  • Warum haben Länder der EU den Beschluss, aus Kernenergie auszusteigen, revidiert oder wollen ihre Reaktorflotte vergrößern?
  • Warum wollen Länder wie Polen, die noch keine Reaktoren besitzen, solche im Lichte des Klimawandels bauen und setzen nicht auf PV und Windkraft als einzige Maßnahme?

Wir setzen enorme Summen für die Erzeugung von Strom mittels erneuerbarer Energiesysteme ein, die sich ohne Subvention vom Steuerzahler nicht rechnen, vermeiden es aber, den Blick auf andere Länder zu richten, und die tatsächlichen Kosten der Energiegewinnung zu hinterfragen.

Diese Fragen sollten unsere Regierenden behandeln, um der österreichischen Bevölkerung eine Antwort zu geben. Leider ist das nicht der Fall. Wir werden nur mit "Faktendreherei" (H.B.Broder) zugemüllt. Siehe die zitierte Behauptung: "Beide Länder sind Besitzer von Atombomben und wollen diese auch behalten und müssen auf Grund dieser militärischen Ausrichtung an der Atomkraft festhalten . . ."

 

Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.

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