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Wie Schwarz und Blau wieder zusammenfinden könnten

Seit 2019 hat dieses Tagebuch als so ziemlich einzige mediale Stimme in Österreich konsequent das Auseinanderbrechen der schwarz-blauen Koalition als unnötigen Fehler kritisiert und im Interesse Österreichs die Rückkehr zu dieser Formel gefordert. In den letzten Tagen häufen sich rapid die unterschiedlichsten Beweise für diese Kritik am Koalitionswechsel. Eine Rückkehr zu Schwarz-Blau wäre freilich alles andere als einfach.

Zahllose Indizien zeigen jedenfalls, dass die schwarz-grüne Koalition in einer schweren Krise steckt, und dass deswegen im bürgerlichen Lager immer mehr über Alternativen nachgedacht wird:

  1. Mit dem oberösterreichischem Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner schließt sich nun erstmals auch ein prominenter Freiheitlicher der Forderung nach einem neuerlichen Schwarz-Blau oder Blau-Schwarz an. Denn nur so kann es zu der von ihm ersehnten "konservativen, rechten Regierung" kommen. Haimbuchner will mit einem – etwas gewagten – biblischen Vergleich die ÖVP als "verlorenen Sohn" willkommen heißen.
  2. Der von der Korruptionsstaatsanwaltschaft mit brutalen Methoden, aber weiterhin ohne Beweise zum Abgang gezwungene Sebastian Kurz sagt in einem Interview jetzt schon ganz offen (und damit wohl auch Selbstkritik andeutend): "Mit der FPÖ haben wir am meisten für Österreich vorangebracht." Und niemand in der ÖVP widerspricht.
  3. Gleichzeitig sind jetzt die Verhandlungen zwischen der ÖVP und den Grünen über eine Reform der Arbeitslosenversicherung endgültig gescheitert. Und erstmals verwendet Arbeitsminister Kocher nicht die sonst übliche verlogene Koalitionsformulierung, dass hinter den Kulissen eh weiter darüber verhandelt werde, sondern sagt ganz klar, dass ein wichtiges Vorhaben am Widerstand der Grünen gescheitert ist (Kocher wollte die Zuverdienstgrenze für Arbeitslose senken, damit diese wieder in den regulären Arbeitsmarkt zurückkehren; dieser leidet ja schon in allen Bereichen unter einem so argen Arbeitskräfte-Mangel, dass niemand mehr versteht, wieso angesichts des riesigen Bedarfs noch immer 330.000 Menschen Arbeitslosenunterstützung bekommen können). Während sich die Grünen hinter dem üblichen Sozialgeschwafel der Linken verschanzen, hätte auch in diesem Bereich mit absoluter Sicherheit eine schwarz-blaue Koalition mehr zustandegebracht.
  4. Aber auch das Scheitern anderer Projekte, die eigentlich im Koalitionspakt stehen, spricht Bände dafür, wie kaputt Schwarz-Grün innerlich schon ist. Dazu gehört etwa auch die immer wieder versprochene Aufhebung der Kapitalertragssteuer beim Verkauf von Wertpapieren, die von den Grünen jetzt mit der üblichen sozialistischen "Kleine-Leute-haben-keine-Wertpapiere"-Rhetorik abgelehnt wird.
  5. Auf der anderen Seite hat die ÖVP sehr wohl der schwachsinnigen CO2-Steuer der Grünen zugestimmt, die Benzin und Gas zusätzlich verteuert. Und sie hat beim Koalitionspartner kein einziges wirksames Gesetz zur Reduktion der Massenmigration durchgebracht. Das alles steigert zunehmend den Unmut bei den ÖVP-Funktionären und die Abwanderungstendenzen bei den potenziellen ÖVP-Wählern.
  6. Zum geistigen Scheitern der Koalition gehört insbesondere auch das skandalöse Verhalten der Korruptionsstaatsanwaltschaft im Weisungsbereich der grünen Justizministerin, die fast täglich neue und konsequenzenlos bleibende Beweise ihrer schweren Schlagseite liefert. Diese haben die Staatsanwälte jetzt neuerlich durch Einbringen einer Betrugsanklage gegen Sophie Karmasin, die Ex-Ministerin der Zeit vor Kurz, bewiesen. Denn das Verfahren gegen Karmasin wurde von der WKStA ja erst lange nach Starten des Vorverfahrens gegen Kurz überhaupt erst gestartet (die Meinungsforscherin Beinschab hatte im Schock der Erpressung durch eine Untersuchungshaft konkrete Vorwürfe gegen Karmasin erhoben). Wir sehen: Dort, wo sie Beweise haben, versuchen die Staatsanwälte bei aller juristischen Unfähigkeit ja doch irgendwann Anklage zu erheben und sich dem Risiko eines Urteils durch einen unabhängigen Richter auszusetzen. Das beweist aber auch umgekehrt: Dort,  wo sie keine Anklage erheben, haben sie auch keine Beweise (sondern nur skurrile Verschwörungstheorien). Daher wäre eigentlich die Anklageerhebung (nur!) gegen Karmasin und das weitere Hinausschieben aller schon viel länger anhängigen Verfahren gegen die ÖVP-Spitze auf eine unendlich lange Bank der allerspäteste Zeitpunkt, wo eine Justizministerin, der es um den Rechtsstaat und nicht um parteipolitische Hetze geht, den ihr unterstehenden Staatsanwälten sagen müsste: "Jetzt stellt das Verfahren gegen Kurz und die halbe ÖVP ein, gegen die ihr offensichtlich keine brauchbaren Beweise habt. Es kann ja in einem Rechtsstaat nicht sein, dass man jahrelange Vorverfahren gegen Menschen nur in der bloßen Hoffnung führt, vielleicht doch noch zufällig irgendwo auf irgendeinen Beweis für einen gehegten Verdacht zu stoßen." Aber das würde eben nur eine Ministerin sagen, der es um den Rechtsstaat geht.
  7. Wieweit diese der grünen Ministerin unterstehende WKStA auch sonst vom Rechtsstaat entfernt ist, zeigt auch ihre Argumentation im sogenannten Chorherr-Prozess. Sie hat dort neben Chorherr die größten Immobilien-Investoren der Republik auf die Anklagebank gesetzt, weil diese sich angeblich im Gegenzug für Spenden an einen humanitären Verein des Grünpolitikers Chorherr Vorteile bei irgendwelchen Widmungsverfahren erhofft haben. Gleichzeitig hat es die WKStA bei etlichen Verfahren gegen H.C. Strache als strafbaren "Mandatskauf" oder "Bestechung" dargestellt, wenn jemand zuerst für eine Partei gespendet hat und dann ein Mandat oder Ähnliches bekommt. Nach dieser in den Chorherr- und Strache-Prozessen angewendeten Logik müssten aber ganz eindeutig auch alle Spitzen von SPÖ, Arbeiterkammer und ÖGB auf die Anklagebank! Denn von den letzten beiden Organisationen fließen unglaublich hohe Vermögenswerte und gezielte Unterstützungsaktionen direkt und indirekt an die Partei. Diese hat im Gegenzug viele Mandate für Gewerkschafter und Arbeiterkämmerer bereitgestellt und bei zahllosen Gesetzesprojekten geradezu sklavisch die Wünsche von ÖGB & Co vertreten. Wo soll da der juristische Unterschied liegen, wenn gleiche Sachverhalte so ungleich behandelt werden?
  8. Ganz klar in diese Liste gehört auch die Tatsache, dass das Bundesverwaltungsgericht jetzt die skurrilen Versuche des parlamentarischen Untersuchungsausschusses abgedreht hat, den "Zeugen" Thomas Schmid, der in Wahrheit ein schwer Beschuldigter ist, für jede einzelne Frage zu bestrafen, deren Beantwortung er sich entschlagen hat. Damit gibt es erstmals ein klares Stoppsignal für die in den letzten Monaten vorangetriebene perverse Umkehrung des Verfassungsstaats, in dem sich die Gesetzesmacher in Richter und die Richter sowie Staatsanwälte in Gesetzesmacher zu verwandeln suchen.
  9. In diesem Ausschuss haben sich die Grünen als beinahe noch schärferer Fundamentalgegner der ÖVP verhalten als die Opposition. Und es ist nie eine Spur davon zu sehen gewesen, dass die beiden eigentlich Koalitionspartner sind.

Die Gesamtbilanz ist klar: Es geht absolut nichts mehr zwischen Schwarz und Grün. In Österreich steht – so wie in Italien, so wie in Skandinavien, so wie in Spanien – ein geschlossener Linksblock den rechten Parteien gegenüber. Blockübergreifende Koalitionen scheitern.

Das war eigentlich schon vom Anfang der schwarz-grünen Koalition an klar gewesen (was ich schon vor drei Jahren prophezeit habe …). Nur für Sebastian Kurz war es offenbar nicht klar. Er ist in grober Fahrlässigkeit die Koalition mit den Grünen eingegangen. Das ist seine eigentliche, seine historische Schuld, während es bei jenen Vorwürfen gegen den Exkanzler, die den ORF und die Staatsanwälte rund um die Uhr beschäftigen, keinerlei Schuld zu finden gibt.

Kurz ist eine Koalition mit einer Partei eingegangen, mit der es – selbst wenn Werner Kogler wie ein gemütlicher Steirer auftritt – für eine wertkonservative und wirtschaftsliberale Partei niemals eine sinnvolle Gemeinsamkeit geben kann. Und schon gar nicht nach den unglaublichen Skandalen in der Korruptionstaatsanwaltschaft, die einer grünen Ministerin unterstellt ist. Und schon gar nicht, nachdem diese Ministerin alle Spitzenjuristen, die dieser Staatsanwaltschaft direkt oder indirekt vorgesetzt waren, gezielt hinausgeworfen hat, weil sie diesen Skandalen Einhalt gebieten hätten können und offenbar wollten.

Die Konklusion aus dieser Analyse der letzten drei Jahre ist also eindeutig. Umso schwieriger sind jedoch die Fragen zur Zukunft:

  • Wie können Schwarz und Blau jemals wieder zusammenfinden?
  • Geht das nur dann, wenn da wie dort die jetzigen Parteispitzen verabschiedet werden und ein unbelasteter Neuanfang gefunden wird?
  • Kann man, kann irgendwer mit einem Herbert Kickl nach seiner verantwortungslosen Kampagne gegen die Corona-Impfung und seiner ebenso verantwortungslosen Kampagne gegen die Russland-Sanktionen wieder zusammenarbeiten?
  • Kann Kickl noch jemals vergessen, dass er – und dadurch auch die FPÖ – 2019 von der ÖVP zu Unrecht aus der Regierung hinausgeworfen und dadurch gedemütigt worden ist (also lange, bevor er in Sachen Corona und Russland Schuld auf sich geladen hat)?
  • Kann der abgrundtiefe Hass auf die ÖVP, mit dem auch etliche andere FPÖ-Spitzenleute in der Bundespartei seit 2019 bis in die letzte Faser erfüllt sind, in dieser Generation noch jemals wieder einer konstruktiven Zusammenarbeit weichen?
  • Wenn die Freiheitlichen innerhalb des bürgerlichen Lagers die stärkere Partei werden sollten – und das zeigen zumindest derzeit die Umfragen: Kann es da die ÖVP überwinden, dass diese dann auch einen logischen Anspruch auf den Kanzlersessel haben?

Lauter gewaltige Herausforderungen. Diese können sicher nur dann positiv für Schwarz und Blau gemeistert werden, wenn schon deutlich vor dem Wahltag mit ihrer Überwindung begonnen wird. Und nicht erst in einem Huschpfusch in ein paar Regierungsbildungswochen nach der Wahl.

Die beiden bürgerlichen Parteien werden aber auch nur dann überhaupt zusammen eine Mehrheit haben, wenn sie schon rechtzeitig mit dieser Überwindung beginnen. Denn sonst wird der Linksblock – der ja seit längerem bei den Umfragen Kopf an Kopf mit den beiden Rechtsparteien liegt – einen deutlich geschlosseneren Eindruck auf die Wähler machen.

Und viele Wähler wollen alles, aber nicht gleich wieder einen neuerlichen Streit in der Regierung haben. Sie werden daher entsprechend wählen.

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