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Corona: Der Globalismus als Brandbeschleuniger

Die Impfung gegen das Coronavirus hat gewiss viel Leid erspart, doch sie hat sich nicht als der "Gamechanger" erwiesen, als der sie von der Politik gepriesen worden war. Selbst eine Impfpflicht wird die Pandemie nicht beenden, wie der Blick auf Länder mit sehr hoher Impfquote zeigt. Neue Virusmutanten tauchen auf und treten einen immer rascheren Siegeszug um den Erdball an. Eine Coronawelle jagt die nächste, ohne dass ein Übergang in einen endemischen Zustand in Sicht wäre. Dies erweckt zwangsläufig die Frage, wie es in Österreich, wie es in Europa weitergehen soll. Unbestritten, wenn auch kaum ausgesprochen, ist indes, dass die Pandemie in ihrer Entstehung und in ihrem fortdauernden Ausmaß ein Kind der Globalisierung ist.Ein Virus aus China mag unbemerkt nach Europa gelangen, doch war es hier schon die rege interkontinentale Reisetätigkeit, die 2020 in Bergamo nur die Spitze eines Eisbergs entdecken ließ. Während sodann die "britische" Alpha-Mutante relativ gut zu bewältigen war, kamen alle gefährlicheren Mutanten aus Ländern des sogenannten "globalen Südens", wie man die Dritte Welt heute politisch korrekt zu bezeichnen hat: Südafrika, Brasilien, dann, für Europa relevant, Indien und nun wieder Südafrika. Selbst wenn Omicron milder verlaufen sollte als ursprünglich befürchtet, mag die nächste Variante die Kombination aus Delta und Omicron sein. Überdies wird Corona, wie Wissenschaftler versichern, nicht die letzte Pandemie sein.

Jeder irgendwo im "globalen Süden" auftauchenden neuen Variante wird hierzulande nur achselzuckend entgegnet, dass sie sich auf kurz oder lang (und zusehends eher auf kurz als auf lang!) ohnehin auch in Europa ausbreiten würde und man eigentlich nichts machen könne. Doch ist es wirklich hinnehmbar und alternativlos, dass ein einziger Aidskranker in Botswana zwei Wochen später die ganze Welt in den Abgrund stürzt und alle bisherigen Bemühungen nahezu auf Null zurückwerfen kann?

Die Krise der Pandemie, wie wir sie spätestens seit "Delta" erleben, ist zugleich die Krise des Globalismus. Sie ist die Krise einer besonders in Nordamerika und Westeuropa grassierenden One-World-Ideologie, derzufolge es nur eine einzige Menschheit gibt und derzufolge Internationalität per se immer besser sei als nationalstaatliches, durch Bestimmung und Grenze getragenes Denken, das besonders in Deutschland und Österreich als das Böse gilt.

Die Kritik am Globalismus einer One-World-Ideologie hat weder mit Antisemitismus noch mit Verschwörungstheorie zu tun. Was man als Globalismus bezeichnen kann, ist in den Köpfen vieler Menschen verankert, weil es den Universalismus des Menschen als eines Gattungswesens (eines Freiheitswesens usw.) zur richtigen und wichtigen Grundlage hat. Dies ist ein entscheidender Ertrag sowohl des Christentums als auch der europäischen Aufklärung. Alleine, der Mensch ist nicht nur Gattungswesen, sondern gehört als wirklicher Mensch auch konkreten Gemeinschaften (der Sprache, Kultur usw.) an, in denen allein Freiheit sich verwirklichen kann und Individualität konkret wird.

Gerade dies führt wiederum mitten ins Dilemma der nicht enden wollenden Pandemie: Jagt eine Krankheitswelle die nächste, wo leider in der Tat nicht ausgemacht ist, dass das Virus sich abschwächen würde und nicht irgendwo in der Welt auch wieder aggressivere Varianten hervorbringen würde, so sind in einer grenzenlosen Welt zwar alle Menschen frei, doch zugleich ist niemand mehr frei. Das alltägliche Leben wird immer abnormaler statt normaler. Anstatt einfach in ein Restaurant zu gehen, einen Platz einzunehmen und ein Essen zu bestellen, braucht es Registrierung, Ausweis, Impfpass und FFP2-Maske, wozu sich in Bälde auch noch ein aktueller PCR-Test gesellen könnte.

Gewiss: Omicron war schon in Europa, bevor es entdeckt und sequenziert wurde. Es wäre aber wohl nicht, oder jedenfalls nicht so schnell, nach Europa gelangt, wenn solange, bis in allen Erdteilen die Pandemie versiegt ist, auch in Niedriginzidenzphasen interkontinentale Reisetätigkeit strikt reglementiert wäre – mit Genehmigungspflichten, Testpflichten und Quarantäne. Dies ist natürlich auch ein Übel, doch besser große Hürden bei Dingen, die der Durchschnittsbürger vielleicht einmal im Leben macht, als wachsende Unfreiheit im alltäglichen Leben! Auch ökonomisch kommt ein Einnahmenersatz für Fluglinien billiger als ein Lockdown. Und wenn jede erfolgreiche Mutante irgendwann doch nach Europa kommt, machen einige Monate genau den entscheidenden Unterschied, dass dann auch schon ein adaptierter Impfstoff zur Verfügung steht.

Natürlich wäre es zu begrüßen, alle Menschen auf der Erde möglichst rasch "durchzuimpfen", aber dies scheint nicht nur ein Problem der Verteilungsgerechtigkeit zu sein. Wer sagt denn, dass Menschen etwa in Afrika geradezu sehnsüchtig auf Impfstoffe warten und diesen nicht mindestens so skeptisch gegenüberstehen (und lieber auf Volks- und Naturmedizin vertrauen) wie viele Menschen hierzulande? Die Vorstellung, dass ein Hubschrauber in der Savanne landet, eine weißgekleidete Ärztin diesem entsteigt und die Menschen begeistert aus ihren Lehmhütten herbeigelaufen kommen, um einer nach dem anderen geimpft zu werden, scheint angesichts der auch vor Afrika nicht haltmachenden globalen Modernität mindestens naiv, wenn nicht subtil rassistisch.

Dann bleibt eben nur der zuvor skizzierte Weg einer vorübergehenden Fragmentierung der Erde, wenn denn alle bisherigen "Gamechanger" sich als trügerische Hoffnung herausstellen. Wenn kein bisher eingeschlagener Weg fruchtet, alsbald und nachhaltig zu einer Normalität zurückzukehren, die keine "neue Normalität" ist, müssen neue Wege angedacht werden. Dabei wird nicht behauptet, dass die skizzierte Überlegung so ohne weiteres gangbar wäre und fruchten würde, doch scheint dem Verfasser gewiss, dass der gegenwärtige Globalismus in der jetzigen Situation Brandbeschleuniger ist und nicht Teil einer Lösung.

Um gegen alsbaldige weitere Pandemien geschützt zu sein, wird es möglicherweise nicht reichen, die Technologie der mRNA-Impfstoffe weiterzuentwickeln, sondern es braucht wohl auch eine Korrektur der geistig-ideellen Koordinaten. Für ein solches Unterfangen sieht es aber gerade in Österreich äußerst düster aus: Das Vokabel "Globalismus" gelte, ebenso wie "Internationalismus", per se als unsagbarer Antisemitismus. Damit kann das nicht öffentlich gesagt werden, was vielleicht gesagt werden muss. Nur der linke Kampfbegriff "Kapitalismus" ist zulässig, gleichwohl dieser nicht minder antisemitisch konnotiert sein kann.

Quer zu aller breiten Reflexion, die es jetzt bräuchte, stehen die Zeichen auf Spaltung und politische Verfolgung: Kanzler Nehammer sieht schon in einem Schriftzug "So begann es auch 1938" eine Übertretung des Verbotsgesetzes, als ob der Nationalsozialismus in einem solchen Vergleich nicht unstrittig als massives Übel anerkannt würde und nur darob als Vergleichsglied fungieren kann. Der neue Innenminister nennt Rechtsextremismus als die größte Herausforderung, und der liberale, in der BRD sozialisierte Fassmann wurde durch einen Mann ersetzt, dem "Entnazifizierung" das Lebensthema ist und der in seinen Stellungnahmen zum Verbotsgesetz stets mit dem DÖW konform ging, was denn nicht alles unter dieses fallen solle. Wobei eine Evaluation und mögliche Verschärfung des letzteren ganz "zufällig" auch Teil des schwarz-grünen Regierungsübereinkommens ist.

Längst ist auch die Pandemiebekämpfung in die Mühlen dieser Spaltung geraten: Wer sich weswegen immer nicht impfen lassen möchte, sei böse und "rechts", wohingegen der "Gutmensch" sich trotz Boosterimpfung selbstverständlich jeden Tag weiterhin PCR-testet. Impfen, Nichtimpfen, Testen und Nichttesten mutieren zur Inszenierung eines politischen Bekenntnisses. Wenige allgemeine Regeln einerseits (wie etwa in Schweden) und individuell abgewogene Entscheidungen andererseits haben in diesem Klima immer weniger Raum.

Auch ein jüngst von zahlreichen "Wissenschaftler:innen" unterzeichneter Aufruf an die Politik, der vorgibt, eine einheitliche Stimme "der" Wissenschaft zu sein, wird eher die gesamte Szenerie der österreichischen Virologen, Immunologen und Epidemiologen auf eine Seite der Spaltung stellen, als diese zu unterlaufen. Zumal die "Wissenschaftler:innen" sich, ganz entgegen der Politik des Sebastian Kurz, für eine verpflichtende "2G-Plus"-Regel am Arbeitsplatz aussprechen, die es in der Folge nur mehr als einen kleinen Schritt erscheinen ließe, wenn Geimpfte sich auch für Restaurant und Theater zusätzlich testen lassen müssen.

Leider zieht eine Impfpflicht es nach sich, um Geimpfte nicht mehr werben zu müssen, sodass man auch diese mit Testpflichten traktieren kann, die den Alltag viel intensiver beeinträchtigen als ein oder zwei Mal im Jahr sich impfen zu lassen. – Hinzu kommt, dass einmal mehr wichtige Informationen, die eigentlich leicht zu beschaffen sein müssten, kaum zu finden sind, wie etwa die Frage, wie es (unter Einbezug von Alter und Impfstatus) den mittlerweile hunderten Omicron-Infizierten in Großbritannien und Dänemark geht.

Der von der FPÖ orchestrierte Widerstand ist breit, aber substanzlos, weil zu offensichtlich ist, dass es ohne alle Maßnahmen eine gesundheitspolitische (und menschliche) Katastrophe gäbe. Man kann gewiss jede einzelne Maßnahme mit guten Gründen kritisieren, aber nicht jedwede Maßnahmen, ohne dabei jeden seriösen Boden in Bezug auf die Gefährlichkeit des Virus zu verlassen. So, wie die FPÖ derzeit auftritt, gibt sie zwar auch Verschwörungstheoretikern eine Bühne, lässt die Ideologie des Globalismus jedoch unangetastet.

Was aber, wenn die FPÖ getreu ihrer früheren Politik nunmehr (auch) im Blick auf den raschen Import von Virusmutanten auf den Schutz der Grenzen setzte? Wenn "Österreich zuerst" nun hieße: Lieber weitgehende Freiheit im Inneren als globale Unfreiheit womöglich auf Jahre – die dann ohnedies auch massive Einschränkungen der Reisefreiheit impliziert? Würde sie dann vom nun erneuerten schwarz-rot-grünen Establishment endgültig diffamiert, auf dass die Zeichen auch politisch in Richtung Eskalation weisen?

Die Hoffnung bleibt, dass das Virus sich abschwächt und zugleich die durch Infektion und Impfung erlangte Immunität steigt. Doch auch dann macht die Frage, wie lange dieser Prozess noch dauern wird, den Unterschied, wie es um die politische Stabilität in Österreich und Europa bestellt sein wird.

Wilfried Grießer, geboren 1973 in Wien, ist Philosoph und Buchautor.

 

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