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Was ist die ÖVP ohne Kurz?

In Österreichs größter Partei tut sich gähnende Leere auf. Das merkt man zum Nationalfeiertag ganz besonders, an dem es jenseits von Tagespolitik auch um Inhalte gehen sollte, um Inhalte, die über die Phrasen von Redenschreibern hinausgehen sollten. Mit einem schweigenden und von den linken Kompanien in der Staatsanwaltschaft – rechtswidrig, aber erfolgreich – lahmgeschossenen Parteiobmann und noch lauterem Schweigen rundherum ist die ÖVP aber kaum mehr wahrnehmbar. Das drängt natürlich die Frage auf: Wozu braucht es überhaupt noch die ÖVP, wenn sie ohne Kurz nichts ist?

Diese Identitätsfrage ist ein Dilemma vieler Parteien, das aber zweifellos ganz besonders häufig in der rechten Mitte auftritt. In der Selbstdarstellung, aber auch in der Perzeption durch einen Teil der Öffentlichkeit sind diese Parteien oft ganz besonders stark auf den Chef an der Spitze konzentriert – und reduziert. Über Lobbyismus hinausgehende inhaltliche Akzente, für die nicht zuerst von oben die Initiative gekommen ist, oder gar eine offene interne, vielleicht sogar kontroverse Diskussion finden oft nicht mehr statt.

Empörung über die "Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft" und die Methoden der Linken ersetzen noch keine eigenen Inhalte. So berechtigt beides auch ist. Die Methoden der Linken waren ja schon beim von Christian Kern engagierten Tal Silberstein ungeheuerlich. Silberstein über Kurz: "Wir müssen Negativkampagnen gegen ihn starten. Wir müssen ihn von einem sauberen in einen schmutzigen Kandidaten verwandeln. Das ist unsere Aufgabe."

Erfolgreich umgesetzt wurde diese Vorgabe freilich erst durch die Aktionen der WKStA-Staatsanwälte, nachdem die grüne Justizministerin beide Vorgesetzte dieser Staatsanwaltschaftsgruppe aus dem Weg geräumt hatte, die die WKStA davor noch zur Korrektheit zu zwingen versucht hatten. Jetzt kann man zwar darüber jammern. Aber schließlich hat die ÖVP durch Übergabe des Justizministeriums an die Grünen, durch Verzicht auf jeden guten Juristen in den eigenen Reihen und nicht zuletzt durch den Hinauswurf der Freiheitlichen aus der Regierung das alles erst ermöglicht. Daher hilft das Jammern nichts, dass der ÖVP reihenweise die Handys und Unterlagen der gesamten Parteispitze de facto gestohlen worden sind, dass die WKStA in üblicher Manier jetzt das Vorverfahren über Jahre ziehen wird, dass selbst die privatesten Nachrichten in die Öffentlichkeit gezerrt werden, und dass die Staatsanwälte der Partei ungestraft Hunderttausende Euros an Verfahrenskosten anhängen kann, auch wenn am Schluss höchstwahrscheinlich keine Verurteilung des Sebastian Kurz stehen wird (für Schmid stehen die Chancen deutlich schlechter).

Aber das Jammern über die große Ungerechtigkeit, dass durch putschartige Aktionen einiger Justizangehöriger Kurz wohl auf lange ziemlich behindert ist, ersetzt keine klaren inhaltlichen Visionen, Ziele und Überzeugungen. Und es schafft auch keine politischen Führungspersönlichkeiten. Die ja immer nur das Mittel zu diesen Zielen sein können und sein sollten.

Sehr stark erinnert der Zustand der ÖVP an den der deutschen CDU/CSU, auch wenn in Deutschland kein Staatsanwalt den Jago (oder den Wurm) spielt, sondern die Selbstvernichtung eher an die griechischen Tragödien erinnert. Aber auch bei der CDU war alles auf die Frau an der Spitze konzentriert, die alle potenziellen Rivalen lange ausgespielt hatte. Haargenau das hat auch Kurz gemacht.

Dahinter bricht jetzt da wie dort die große Leere auf. Da wie dort erweist sich der provinzielle Intrigenzirkel der diversen Landes-Chefs als ewiges Hauptübel. Der einzige Unterschied: Bei Angela Merkel wären etliche der Rivalen zehn Mal bessere Regierungschefs gewesen als die Langzeit-Bundeskanzlerin angesichts ihrer katastrophalen Fehler oder die von ihr eingesetzten Erben, während es bei Kurz umgekehrt ist.

Bei beiden Parteien ist jedenfalls eine baldige Klärung der Führungsfrage notwendig. Sie wäre sogar überlebenswichtig. Dabei müsste die CDU auf einen Merkel-Gegenspieler setzen, will sie reüssieren. Die ÖVP hat hingegen nur Überlebenschancen, wenn es jemand ist, der auf Kurz-Linie liegt und auch von diesem inthronisiert wird. Genau deswegen kampagnisieren die anderen Parteien ja auch nicht mehr gegen Kurz, sondern schwadronieren diffus von einem "System Kurz", das weg müsse. Was auch immer das sein soll.

So schwierig die Personalfrage auch ist, so sehr sollten sich beide Schwesterparteien darüber klar werden: Sie sind nicht so sehr der Merkel-Raute oder der Kurz-Ohren wegen gewählt worden, sondern sie wurden von einem guten Teil der Bevölkerung primär wegen der Inhalte gewählt. Wegen der Inhalte, mit der Kurz die Partei gewaltig nach oben geschnalzt hatte, für die Merkel zumindest am Anfang ihres Erfolgswegs gestanden ist. Die Person an der Spitze bringt zwar bisweilen die letzten wichtigen Prozentpunkte an Wählern, besonders aus eher politikfernen Kreisen. Aber die Basis gerade solcher Parteien identifiziert sich primär mit Inhalten – auch ohne charismatische Führungspersönlichkeit an der Spitze. Und nur auf dieser Basis können dann wieder erfolgreiche Parteiführer nachwachsen.

Das müssen sich beide Parteien dringend in Erinnerung rufen, wollen sie überleben. Sie sollten sich aber auch klar darüber werden, dass es wirklich ums Überleben geht. Wie Beispiele beweisen: So sind sowohl die italienischen wie auch die spanischen Christdemokraten – um nur zwei der größten Verblichenen zu erwähnen – praktisch von der Erdoberfläche verschwunden, obwohl sie lange "die" Regierungsparteien ihrer Länder gewesen sind. Beide sind untergegangen, nicht weil die Männer an der Spitze abgeschossen worden sind, sondern weil sich die Inhalte und Ziele verflüchtigt haben. Weil Parteiführungen an das Modernisierungs-Gewäsch irgendwelcher Beratertypen geglaubt und sich nach links bewegt haben. Als Folge sind dann aber zwangsläufig rechts von ihnen mächtige Gruppierungen aufgeblüht und haben sie marginalisiert.

Daher sollten sich ÖVP wie CDU im eigenen Interesse auf die Inhalte besinnen, die für so viele ihrer Wähler wichtig sind. Letztlich waren es immer die Inhalte, deretwegen sie so lange und erfolgreich überlebt hatten. Es sind aber ebenso auch die Inhalte, deretwegen die Menschen andere Parteien wählen werden, sobald sie diese dort besser verankert sehen.

Dabei geht es vor allem um die folgenden Stichwörter, die hier angerissen seien. Es geht um:

  • ein echtes und gelebtes Bekenntnis zu den Werten Familie und Heimat;
  • einen mutigen Kampf für die Freiheit in ihren vielfältigen Bedeutungen – Freiheit von überbordenden Steuern und Zwängen, Freiheit von staatlicher Einmischung ins Privatleben und in das der Kinder, Freiheit vom Zwang zum Gendern und von homosexueller Propaganda;
  • Recht und Ordnung;
  • Sicherheit nach innen und außen;
  • Leistung und Verantwortung;
  • die klare Abgrenzung zu allen – braunen wie roten – Totalitarismen;
  • eine erkennbare außenpolitische Positionierung, die bis zur Wende 1989 klar prowestlich war und seither zunehmend mitteleuropäisch geworden ist;
  • die Verhinderung illegaler Migration;
  • eine Nähe zum Christentum als prägendem Faktor der europäischen Vergangenheit;
  • eine positive Einstellung zur eigenen Vergangenheit und Tradition;
  • eine freie und daher soziale Marktwirtschaft;
  • die Verantwortung für die finanzielle Stabilität auch in Hinblick auf die nächste Generation, also möglichst wenig Schulden.

Gleichmacherei, Kampffeminismus, Umverteilung und Planetenrettung sollte man hingegen unbekümmert den anderen lassen. Und die EU hat zweifellos große Bedeutung für die Wirtschaft, hat sich aber als Ideologieersatz völlig untauglich erwiesen. 

In fast all den aufgelisteten Punkten war die FPÖ zwei Mal kurze Zeit schon fast näher bei den bürgerlichen Wählern dran als die ÖVP. Die Schwarzen hatten aber dreimal Glück. Einmal hieß es Schüssel, einmal Kurz und einmal Corona (also der für viele Bürgerliche so abstoßende Corona-Kurs von Kickl). Ein viertes  Mal auf Glück zu setzen, wäre ziemlich kühn.

Gerade am österreichischen Nationalfeiertag müsste sich eine selbstbewusste ÖVP auch (kurze) stolze Rückblicke erlauben. Sie könnte auf die heroischen Rollen ihrer Nachkriegskanzler Figl und Raab verweisen, unter deren Führung die Nation den Aufstieg von den Hungerjahren zum Wirtschaftswunder geschafft hatte. Genauso könnte das die CDU mit Adenauer und Erhard tun. Und dem Vater der deutschen Einheit Helmut Kohl könnte die ÖVP die Raab-Figl-Patenschaft über den Staatsvertrag gegenüberstellen.

Die Geschichte müsste bewusst machen, dass da wie dort Freiheit und Wohlstand genau durch jene Werte errungen worden sind, nach denen man derzeit hier wie dort nicht einmal zu suchen versucht. Die auch für die Zukunft wegweisend sein könnten. Sobald diese Werte jedoch von den großen alten Mitte-Rechts-Parteien vernachlässigt werden, sobald die CDU ein zielloser Merkel-Wahlverein und die ÖVP ein ebensolcher Kurz-Wahlverein geworden ist, finden sich andere Parteien, die für diese Werte stehen. So wie sie sich in vielen anderen Ländern schon gefunden haben.

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