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Kultur - das teure Lebens-Mittel

Die Festspiele gehen allerorts zu Ende, dafür sperren die hoch subventionierten Theater wieder auf. Während der langen Covid-bedingten Sperren hat man uns von Seiten der Theatermacher häufig erklärt, dass Kultur ein Lebens-Mittel sei. Vor allem ist sie aber ein nie hinterfragter Budgetposten.

Nein, das Tagebuch ist nicht kulturfeindlich, es ist kein Theaterbanause und kein Hintertreiber des österreichischen Selbstverständnisses als Kulturnation. Aber berechtigte Zweifel an einem Kulturbetrieb, der nur die Forderung "mehr, mehr" (Geld) kennt, müssen erlaubt sein. Und auch ein Blick in andere Länder wäre gut.

Hierzulande darf der Steuerzahler eine riesige Theaterlandschaft finanzieren. Es sind ja nicht nur die Bundestheater, die knapp 170 Millionen verschlingen. Jede Stadt, jedes Bundesland subventioniert Bühnen. Manchmal sogar mehrfach, wenn sie die politischen Wünsche der Subventionsgeber erfüllen. Und zwar egal, ob das Publikum, also der doppelte Geldgeber – einmal über das Steuergeld und dann noch mit der Eintrittskarte –, überhaupt kommt.

Die Theaterlandschaft selbst ist in seltsamer Weise dreigeteilt. Da sind die Regietheater-Macher, die kein Zeitgeisterl auslassen wollen. Ein "Jedermann" muss heutzutage transgender sein. Aus den Weltdramen eines William Shakespeare, dessen Dichtung taufrisch fünfhundert Jahre überdauert hat, wird irgendein mäßiger Verschnitt gemacht – denn die Klassiker sind nicht mehr gut genug –, außer man motzt sie mit Hakenkreuzen, nackten Männerhintern und anderen unlogischen Zutaten auf.

Applaus kommt meist vom zweiten Teil dieses Biotops, von den Kritikern. Sie wollen schließlich mit den fortschrittlichen Geistern auf den Regiestühlen Schritt halten. Der Dritte im Bunde, das zahlende Publikum, bleibt meist ratlos sitzen. Aber: Wer macht heutzutage noch Theater/Oper fürs Publikum?

Nun kann man sagen: Was immer Festspiele produzieren, ob es etwa auch nur im Entferntesten mit dem Stück etwas zu tun hat, wenn in Mozarts "Don Giovanni" ein Klavier vom Bühnenhimmel fällt oder der Sinn eines Stückes im schwülen Nebel der woken Regenbogen-Mode verloren geht, ist egal. Das wird ein paar Mal vor einem freiwillig Höchstpreise zahlenden Publikum gespielt und dann verschwindet es in der Versenkung. Anders bei den "normalen" Theatern. Da bleiben unlogisch bis dümmlich konstruierte Inszenierungen oft für Jahre. Und wenn man einem jungen Menschen die Theaterleidenschaft vermitteln möchte und ihn ins Theater mitnimmt, wird er in den meisten Fällen verständnislos zurückbleiben und wohl nicht wiederkommen.

Aber der so genannte Kulturkonsument wird ja auch nicht gefragt. Wenn er ausbleibt, dann darf er sich von den Theatermachern auch noch Banause (im besten Fall) schimpfen lassen. Und das Steuergeld fließt weiter.

In Frankreich hat man sich ein interessantes Experiment einer alternativen Subventionierung einfallen lassen, denn auch dort hat die Pandemie das Kulturleben lahmgelegt. Um junge Menschen im Oberstufenalter mit Kulturbegeisterung zu "infizieren", wurde ihnen eine App zur Verfügung gestellt, über die sie 300 Euro für Kulturaktivitäten ihrer Wahl ausgeben können. Das Angebot umschließt alles – von der Eintrittskarte ins Theater über das Museumsticket bis zum Buch-Kauf. Damit hilft man den Kultureinrichtungen und beseitigt die viel zitierte Schwellenangst bei den jungen Menschen, die noch nicht mit Kultur in Berührung gekommen sind.

Noch sind die Ergebnisse dieses kulturellen Feldversuchs nicht bekannt, denn die Aktion läuft noch.

Aber der Gedanke, der dahintersteckt, ist faszinierend: Plötzlich ist der Kultur-Konsument nicht mehr der, dem für sein eigenes Geld zwangsweise alles vorgesetzt werden kann, sondern derjenige, der seine Meinung für die Kulturproduzenten spürbar kundtun kann. Dann müssten die sich vielleicht wieder bemühen, ihr Publikum zu erreichen – was für alle Beteiligten nur von Vorteil wäre.

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