„Roma locuta – causa Finita“ war einmal

Der Heilige Stuhl stellte im Dokument "Responsum ad dubium der Kongregation für die Glaubenslehre über die Segnung von Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts" jüngst klar, dass die Kirche nicht die Befugnis habe, gleichgeschlechtlichen Verbindungen den Segen zu erteilen. Eine Entscheidung, die in Anbetracht der kirchlichen Lehre, wonach "homosexuelle Handlungen in sich nicht in Ordnung" und "homosexuelle Menschen zur Keuschheit gerufen sind" (Katechismus der Katholischen Kirche, Rn 2357 und 2359), nicht zu überraschen vermag. Wenn homosexuelle Handlungen bereits an sich nicht in Ordnung sind, wie könnte dann die Kirche darüber rechtmäßig ihren "Segen" geben?

So weit, so unaufgeregt, könnte man meinen. Jedoch: "Roma locuta – causa finita" war einmal. Postwendend hielt die österreichische "Pfarrer-Initiative" von Helmut Schüller in einer Presseaussendung fest, dass sie – ungeachtet des nunmehr ausdrücklich bestehenden Verbotes – weiterhin gleichgeschlechtliche Paare zu segnen gedenke. Selbstverständlich kam sogleich auch scharfe Kritik am Dokument des Vatikans von Organisationen wie der Katholischen Frauenbewegung, der Katholischen Aktion und der Katholischen Jugend, die allesamt gegen jegliche Form der "Ausgrenzung" von homosexuellen Partnerschaften Stellung bezogen.

Nun könnte man anführen, dass von den üblichen basiskritischen Kreisen, die in ORF und Mainstream-Medien hofiert werden, keine andere Reaktion zu erwarten war. Wenn jedoch auch die höchsten katholischen Amtsträger und Apostelnachfolger zu "Erfüllungsgehilfen" des progressiven Kirchenflügels in Österreich werden, dann wird’s bedenklich. So beurteilt der Bischof der Diözese Innsbruck, Hermann Glettler, die Entscheidung der vatikanischen Glaubenskongregation im ORF als "eine Enttäuschung für alle, die sich ein deutlicheres Zeichen der Akzeptanz von homosexuellen Paaren erhofft haben", und führt weiter aus, dass "wir als Kirche allen schwulen, lesbischen und in ihrer Sexualität unsicheren Menschen ein Willkommen und eine spirituelle Heimat in der Kirche anbieten möchten – und dies nicht erst dann, wenn sie enthaltsam leben".

Der Bischof der Diözese Linz, Manfred Scheuer, stieß ins selbe Horn und distanzierte sich "ganz klar von jeder diskriminierenden Beurteilung und Ausgrenzung von Menschen". Noch weiter geht der Vorarlberger Bischof, Benno Elbs, der gar eine "Neupositionierung" der Kirche in dieser Frage verlangt. Zu diesem Verlangen darf jedoch die dezente Frage gestellt werden, warum sich die katholische Kirche jetzt neupositionieren sollte, wenn sie sich vor knapp einem Monat klar festgelegt hat. Und wenn es viele auch nicht hören wollen: das Dokument ist von Papst Franziskus genehmigt worden!

Zwar ist nichts im Entferntesten dagegen einzuwenden, dass homosexuellen Paare in der katholischen Kirche eine "Heimat" finden sollen und ihnen Respekt und Achtung zu schenken ist. Jedoch darf man von katholischen Amtsträgern schon erwarten, dass sie in Presseaussendungen zum Umgang der Kirche mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zumindest ein einziges Mal auf die Lehre der katholischen Kirche verweisen, wie sie im Katechismus niedergeschrieben ist. Umso mehr von dem für die österreichische Bischofskonferenz zuständigen Bischof für "Ehe und Familie", der Hermann Glettler heißt.

Losgelöst vom aktuellen Fall ist generell zu bedauern, dass die höchsten Amtsträger der Kirche (insbesondere im deutschsprachigen Raum) nicht mehr den Mut finden, die katholische Glaubens- und Sittenlehre mit all ihren Konsequenzen für die Gläubigen in unverkürzter Weise zu verkünden. Teils aus falsch verstandener Toleranz gegenüber Menschen, die sich diskriminiert fühlen könnten, teils um ja nicht im ORF und den Mainstream-Medien durch unangenehme Schlagzeilen aufzufallen. Motive solcherart dürfen jedoch niemals ausschlaggebend für Schweigen oder Schönreden sein.

Statt schwammiger und anbiedernder Worte an den linksliberalen Zeitgeist sollten sich die Bischöfe der Worte des Heilandes erinnern: "Eure Rede sei Ja, ja, nein, nein! Alles weiter ist vom Übel!" (Mt 5). Unsere Zeit benötigt mehr denn je Hirten mit Herz und Mut, die hin und wieder auch mal Klartext reden.

Dr. Michael Etlinger ist Jurist und im öffentlichen Dienst tätig

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