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Entsteht aus den Corona-Protesten eine politisch relevante Bewegung?

Seit Monaten kommt es immer wieder zu Protestdemonstrationen, die rund um die Corona-Krise vielfältigen Unmut artikulieren. Am meisten Aufsehen haben diese allerdings durch die völlig falsche Reaktion und Härte der Behörden erregt, die gegen sie mit Polizeistaatsmethoden vorgegangen sind. Das hat viele empört – und die Demos letztlich aufgewertet. Unabhängig davon stellt sich die Frage: Entwickelt sich da eine politisch relevante Masse, die über Augenblicks-Unmut, berechtigte wie paranoide Einzelängste hinaus Bedeutung hat? Der starke FPÖ-Mann Kickl scheint daran zu glauben. Jedenfalls hat er sich an die Spitze der Unmuts-Versammlungen gestellt und diese zu einem "Kurz muss weg" umzufunktionieren versucht. Seit einer Woche scheint man aber in der FPÖ das Interesse an diesem Thema und den Demonstrationen wieder verloren zu haben. Wofür es mehrere gute Gründe gibt.

Denn Manfred Haimbuchner muss jetzt in einer Intensivstation wegen einer Corona-Infektion künstlich beatmet werden, die er sich durch Nichtbeachtung der Kontaktregeln eingefangen hat. Haimbuchner war jedoch der kommende Mann in der FPÖ – zumindest für jene, die auf eine moderat-konstruktive Entwicklung der FPÖ gehofft haben. Der oberösterreichische FPÖ-Chef ist der erste österreichische Politiker, der wegen Corona in einer Intensivstation gelandet ist.

Das ist kein Grund für Schadenfreude, hat doch wohl jeder Österreicher schon das eine oder andere Mal die strengen Corona-Regeln ignoriert. Das sollte vielmehr für Kickl & Co ein Grund zur Besinnung sein. Und die hat der Krankheitsfall zumindest dem ersten Anschein nach auch tatsächlich bewirkt, halten sich doch Kickl und seine Freunde zumindest vorerst von den neuerlichen Demonstrationen fern.

Sowohl das Interesse an der eigenen Gesundheit sollte jedenfalls ein Anlass dafür sein wie die Erkenntnis, dass es auch in rein parteipolitischer Perspektive für die FPÖ ein Irrweg ist, wenn sie glaubt, in der Corona-Bewegung eine tragfähige neue Basis der eigenen Existenz gefunden zu haben – auch wenn die Instrumentalisierung der Proteste für die Blauen sehr verführerisch gewesen ist. Gab es doch in den letzten zwölf Monaten eine ständige wachsende Menge an Problemen und Belastungen durch die Corona-Pandemie und durch die unzähligen, teils inkonsistenten Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung. Der Unmut darüber ist eine geradezu logische Reaktion. Er hat viele Menschen erzürnt und in Bewegung gesetzt. Sei es, dass sie an Wochenenden aufmarschieren, sei es, dass sie im Internet ihren Zorn äußern.

Diese Bewegung ist aber politisch wie eine Sanddüne. Eine solche ist zwar  auch immer in Bewegung: Sie baut sich wie von selbst im Wind steil auf – um dann aber ebenso rasch wieder zu verschwinden.

Auch die diversen Corona-Proteste bilden in Summe keine solide, keine dauerhafte Struktur, auf der sich etwas politisch Stabiles errichten ließe. Wer auf einer Sanddüne baut, dem schwindet binnen kurzem der Boden unter den Füßen.

Denn wer nüchtern analysiert, muss erkennen: Die Menschen, die sich da allwöchentlich in Bewegung setzten oder die sonst ihren Unmut äußern, sind total heterogen. Etliche Gründe für diesen Unmut sind zwar durchaus real und gewichtig, andere absurd. Da protestieren diejenigen,

  1. die sich prinzipiell – oft gestützt auf esoterische Naturheilweisheiten, die einst eigentlich eher aus dem grünen Eck gekommen sind, – vor einer Impfung fürchten;
  2. die sich ärgern, weil sie beim Impfen noch lange nicht dran sind oder gar zurückgereiht worden sind;
  3. denen die Tests unangenehm sind oder die auf einer exotischen Webseite gelesen haben, dass sie schädlich seien;
  4. die sich ärgern, weil Geimpfte bald wieder die alten Freiheiten zurückhaben;
  5. die in ihrem jugendlichen Hormon- oder Geselligkeitsdrang die Isolation nicht aushalten;
  6. die Corona für einen besseren Schnupfen halten;
  7. die gestützt auf dubiose Quellen glauben, das Virus sei von Bill Gates in die Welt gesetzt worden, damit er den Menschen Chips einpflanzen kann;
  8. die verzweifelt sind, weil sie ihr Wirtshaus monatelang schließen haben müssen, weil ihr Gewerbe, ihr Betrieb schwere Umsatzeinbrüche erlitten hat;
  9. die zornig sind, weil die Regierung viel zu leichtfertig mit den Einschränkungen der von unseren Vorfahren so hart erkämpften Menschenrechte und Grundfreiheiten umspringt;
  10. die wissen, dass die gigantische Schuldenvermehrung (derzeit etwa rund 33 Milliarden allein in Österreich) und das Versprechen, alle Schäden würden gedeckt, "koste es, was es wolle", ökonomisch und damit gesellschaftlich noch ganz schlimme Folgen in der Zukunft haben werden;
  11. die sich als Gruppe völlig ungerecht behandelt fühlen (die Theaterleute etwa fühlen sich ungerecht behandelt, weil sie ohnedies die besten Sicherheitskonzepte hätten, oder die Tennisspieler, weil man sich in ihrem Sport körperlich ja gar nicht nahe kommt und trotzdem alle Hallen geschlossen worden sind);
  12. denen vor der totalitären Diktatur einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern wie der Virologen und Epidemiologen graut, die immer im Schatten gestanden sind, jetzt aber plötzlich wichtig und prominent sind - was zum Missbrauch verführt;
  13. die bereits starke Indizien sehen, dass mit den Corona-Maßnahmen schon die nächste "wissenschaftliche" Diktatur vorbereitet und trainiert wird, nämlich die der Klimapaniker;
  14. die sich daran erinnern, wie viele Völker lange vom sich ebenfalls als "Wissenschaft" ausgebenden Marxismus gequält worden sind;
  15. denen als Ärzten (nicht Corona-affiner Fachrichtungen) die Umsätze, also die Patienten wegbrechen;
  16. die sich sorgen, dass die Maßnahmen böse Folgen bei vielen anderen Krankheitsbildern haben werden, von unterdrückten Herzinfarkten bis zu ausbleibenden Krebs-Vorsorgeuntersuchungen;
  17. die unter Missbrauch von Corona für das eigene Geschäft – ob sie nun Frauenhäuser betreiben oder Psycho-Beratungen – mehr Geld verlangen;
  18. die sich um den Bildungsverlust für die nächste Generation sorgen;
  19. die durch die familiäre Enge rund um Home-Schooling und Home-Office unerträglich belastet sind;
  20. die beobachten, dass die verhängten Maßnahmen alles andere als konsistent sind (zuerst werden Masken etwa als unwirksam erklärt, dann werden diese plötzlich zur Pflicht);
  21. die aus den – tatsächlich! – 100.000 wissenschaftlichen Studien zu Corona nur jene zitieren, der zufolge alle 99.999 anderen und damit überhaupt die Sorge vor der Pandemie Unsinn seien;
  22. denen alles einfach furchtbar auf die Nerven geht;
  23. die bei jeder Demo dabei sind;
  24. sowie alle diejenigen, die einfach in ihrer Frustration glauben, wenn so viele beisammen sind, wird zumindest irgendwer der anderen eine Lösung für die Corona-Krise wissen, was Unterstützung verdient.

Da sind also viele mit total berechtigten Sorgen dabei, aber ebenso viele, die man nicht ernst nehmen kann. In Summe ist diese vermeintliche Bewegung jedenfalls ein heterogener Haufen, eine in "Bewegung" befindliche Sanddüne. Dass sie überdies von der FPÖ mit dem Slogan "Kurz muss weg" parteipolitisch instrumentalisiert worden ist, tut ihren Anliegen auch nicht sonderlich gut. Gibt es doch in fast allen Ländern der Welt auch ganz ohne Kurz sehr ähnliche Maßnahmen und Probleme.

Herbert Kickl, der auf diese Sanddüne politisch aufzubauen versucht hat, hat zwar aus seiner persönlichen Biographie gute Gründe für den Wunsch, Kurz müsse weg. Aber er spielt damit ein extrem riskantes Spiel. Die FPÖ kann zwar kurzfristig damit einigen Zulauf haben, solange der Wind die Düne auftürmt, aber sie verliert damit langfristig jede feste Basis unter den Füßen.

Die kann es nicht geben, wenn sich eine Partei ständig neu umdefiniert. Das hat sie aber schon getan beim Wandel

  • von einer deutschnationalen zu einer österreichisch-patriotischen Bewegung;
  • von einer prinzipiellen Oppositions- zu einer Verantwortung tragenden Regierungspartei und wieder zurück;
  • von einer bürgerlichen Honoratiorenpartei mit einem klaren Uni-Schwerpunkt zu einer Partei, die sich am Favoritner Viktor-Adler-Markt am wohlsten fühlt;
  • von einer Pro-EU zu einer Anti-EU-Partei;
  • von einer antiklerikalen Partei zu einer, die das Kreuz schwingt;
  • von einer konservativen Law-and-Order-Partei zu einer, die nicht genehmigte Versammlungen abhält.

Sind also Protest, Beliebigkeit und Inkonsistenz zu den einzigen Konstanten der freiheitlichen Identität geworden? Oder bringt Haimbuchners Intensivstation da noch einmal Besinnung?

Teile dieses Textes sind auch als Kommentar auf "Tagesstimme" erschienen.

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