Chinas Aufstieg und Europas Bankrott

Vor rund 500 Jahren hat sich die Führung des damals dem Rest der Welt technologisch weit überlegenen Reichs der Mitte dazu entschlossen, seine Flotte zu zerstören und es damit den Europäern überlassen, in den nachfolgenden Jahrhunderten die Welt zu erobern und unter sich aufzuteilen. Soeben haben sich nun umgekehrt die politischen Eliten der einst weltbeherrschenden Zivilisation darauf geeinigt, das Feld den Chinesen und allen anderen globalen Wettbewerbern zu überlassen, indem sie die wirtschaftlichen Grundlagen Europas nachhaltig ruinieren. Sic transit gloria mundi, wie der Chinese sagt ...

Wenn die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union angeblich "ambitionierte", in Wahrheit aber autodestruktive Klimaziele definieren, die bis 2030 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 55 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 vorsehen, so liegt auf der Hand, dass das in einer nach wie vor auf der Verbrennung fossiler Energieträger aufbauenden Zivilisation einen Kahlschlag im Bereich energieintensiver Industrien (z. B. Stahl-, Aluminium-, Chemikalien- und Fahrzeugherstellung) und außerdem eine drastische Einschränkung der individuellen Mobilität bedeutet. Pkws mit Verbrennungsmotoren droht damit das Aus. Teure Elektrokarren (mit zudem geringer Reichweite) werden sich Krethi und Plethi aber nicht leisten können und daher künftig viele Stunden in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln zubringen. Das ist eine in Pandemiezeiten nicht sonderlich verlockend erscheinende Aussicht.

Besonders absurd mutet das angeblich "ambitionierte" Klimaziel der EU-Politnomenklatura an, wenn man die Größenordnungen der CO2-Produktion im internationalen Vergleich betrachtet: Europa ist für gerade einmal acht Prozent des weltweiten Kohldioxidausstoßes verantwortlich. China hingegen, bei steigender Tendenz, für rund 30 Prozent und damit für das etwa Fünfzehnfache Deutschlands. Dass die Klimahysterie ausgerechnet in der auf seine Automobil- und Maschinenbauindustrie angewiesenen wirtschaftlichen Zugmaschine Europas besonders intensiv gepflegt wird, ist haarsträubend.

Zu der von der EU angepeilten – auf weltweit akkumulierte Zahlen bezogen – vierprozentigen Reduktion der CO2-Produktion, wird es aber schon deshalb nicht kommen, weil die Nachfrage nach Produkten, deren Erzeugung mit starken Treibhausgasemissionen verbunden ist, nicht verschwinden und daher lediglich der Ort ihrer Herstellung verlagert wird – nämlich nach Fernost. Und genau dort rangieren Klimaziele weit hinter dem Wunsch, ein im Westen längst selbstverständlich gewordenes Wohlstandsniveau zu erreichen.

Mit anderen Worten: Jene Industrien, die man mit ehrgeizigen Klimazielen in Europa zerstört oder vertreibt, werden an anderen Standorten, wo man für den "Klimaschutz" nicht den geringsten Sinn hat, in Zukunft mehr Mist produzieren als hier. Die Bilanz der europäischen CO2-Veitstänze wird daher, nicht nur im Hinblick auf die zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen für Europa, weltweit negativ ausfallen.

China ist mit jährlich 11,5 Milliarden Tonnen der weltweit größte CO₂-Emittent. Der Bau von hinsichtlich ihres Kohlendioxidausstoßes besonders problematischen Kohlekraftwerken schreitet dort – gegen den internationalen Trend – weiter voran (siehe hier). Indien ist bei der Steigerung seiner Treibhausgasproduktion (bezogen auf das Referenzjahr 1990) sogar Weltmeister. Von 1990 bis 2018 hat sich der Ausstoß von CO2 dort um sagenhafte 330 Prozent erhöht. Menschen, die einen zumindest bescheidenen Wohlstand erreichen wollen, der sich etwa im Erwerb eines mit Zweitaktmotor ausgestatteten Motorrollers manifestiert, scheren sich naturgemäß nicht um die in der Alten Welt kultivierten Klimaneurosen.

Umweltschutz, man kann es nicht oft genug wiederholen, ist ein Luxusproblem, das erst angegangen wird, wenn ein gewisses Mindestwohlstandsniveau erreicht ist. Der Weg zu diesem Niveau ist – solange es keine alternativen und im großtechnischen Sinn praktikabel und in Hinblick auf die Kosten konkurrenzfähig einsetzbaren Primärenergiequellen gibt – mit der Verbrennung fossiler Energieträger und damit mit der Freisetzung von CO2 verbunden. Ob das Greta Thunberg und anderen Klimaapokalyptikern nun gefällt oder nicht.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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