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Der Opfer-Schmäh: große Politik auf dem Niveau kleiner Kinder

Jeder, der Kinder hat oder über sie Erfahrungen gesammelt hat, kennt das Phänomen: Immer sehen sie sich als Opfer und stellen sich lautstark als solche dar. Immer sind die anderen schuld, immer werden sie schlechter behandelt als Geschwister oder Klassenkollegen, immer ist man unfair zu ihnen. Und nie sind sie selber schuld oder behandeln selbst andere ungerecht. Dieses Infantil-Phänomen ist heute zum dominanten Prinzip weiter Bereiche der gesellschaftlichen Debatte und zunehmend auch der Politik geworden. Dieser Opfer-Schmäh prägt die Selbstdarstellung von Frauen, Schwarzen, Schwulen, Transgender-Wesen, Kriminellen und vielen anderen Gruppen.

Schon der Marxismus hat mit diesem Schmäh gearbeitet. Er hat dabei auf dem Trick aufgebaut, Arbeit-Geber einfach in Mehrwert-Nehmer zu verwandeln. Wegen dieses Vorwurfs sind dann Millionen Unternehmer oder Großbauern umgebracht oder enteignet worden. Das hat solange funktioniert, bis die Marxismus-Gläubigen, die sich zuerst begeistert im Status des armen, aber moralisch hochwertigen Opfers gesonnt haben, draufgekommen sind, dass ihnen ja ohne Arbeit-Geber niemand Arbeit gibt, und dass der Staat ein völlig unfähiger Ersatz dafür ist.

In Anbetracht unzähliger Beispiele in der Geschichte der letzten hundert Jahre macht es recht fassungslos, dass es immer wieder neue Gläubige der marxistischen Opfertheorie gibt. Eigentlich sind sie nur noch ein Fall für den Psychiater, wenn sie sämtliche empirischen Fakten leugnen, und sich immer in infantile Denkweisen flüchten.

Manche werden an dieser Stelle einwerfen: Aber man habe es doch Marxismus und Gewerkschaften immerhin zu danken, dass es Arbeitern heute viel besser geht als im 19. Jahrhundert. Diese Behauptung zeugt jedoch von absoluter Ahnungslosigkeit über Geschichte und wirtschaftliche Entwicklung.

Denn die Tatsache, dass es Arbeitnehmern heute viel besser geht, hängt absolut nicht mit Marxismus und Gewerkschaften zusammen. Das zeigt etwa schon ein Blick auf die USA, das Land mit einem der weltweit niedrigsten Niveaus von Gewerkschaftismus und Marxismus: Dennoch geht es dort den Arbeitern heute in jeder Relation weit besser – besser als einst, besser als den Arbeitern in fast allen anderen Ländern der Welt mit oft mächtigen Gewerkschaften.

Was wirklich Wohlstand bringt

Die Wohlstandsmehrung in allen Kontinenten ist aber eben nicht auf Gewerkschaften, sondern auf ganz andere Phänomene zurückzuführen; vor allem:

  1. auf die freie Marktwirtschaft, wo Eigenverantwortung und damit Eigenanstrengung jedes Einzelnen im Interesse der Allgemeinheit am besten wirksam werden;
  2. auf die Wissenschaft und Technik, sowie auf die damit zusammenhängende Industrialisierung und die grüne Revolution in der Landwirtschaft, die es heute mit einem Bruchteil der einstigen Anstrengungen ermöglichen, alle für den Wohlstand und Ernährung der Menschheit nötigen Produkte zu erzeugen;
  3. auf den allen Beteiligten nützenden freien Welthandel, der es auch den ärmsten Gegenden der Welt ermöglicht, etwas zu erzeugen und dann zu verkaufen, sodass sie auch umgekehrt etwas einkaufen können;
  4. auf die Herrschaft des Rechts in vielen Ländern und internationalen Beziehungen, die nicht nur für die Würde jedes Einzelnen wichtig ist, sondern auch für das Funktionieren der Marktwirtschaft. Denn nur die Herrschaft des Rechts sichert, dass Händler nicht regelmäßig ausgeraubt werden, dass Kredite auch zurückbezahlt werden, dass nicht mehr so oft wie früher einfach andere Länder eroberisch überfallen werden (und ein Rückgang der Rechtsstaatlichkeit führt sofort zu einer Erhöhung von Aggressionen – siehe die Neodiktatoren Putin und Erdogan im Vergleich zu ihren Vorgängern);
  5. auf das Fehlen allzugroßer ethnischer oder religiöser Spannungen zwischen den Bürgern eines Volkes beziehungsweise, was oft auf eine geglückte Regelung dieser Spannungen durch gute Verfassungen zurückgeht;
  6. und auf das allem zugrunde liegende Prinzip der Freiheit und gleichen Würde aller Menschen; denn wenn ein Teil der Menschheit rechtlose Sklaven oder Untertanen eines rechts- oder linkstotalitären Systems sind, dann ist das nicht nur ethisch, nicht nur in religiöser Sicht zu verurteilen, dann verhindert das auch die Vermehrung von allgemeinem Wohlstand.

Aber die zeitweise großen politischen Machteroberungserfolge von kommunistischen oder sozialistischen Parteien haben trotz ihres langfristigen Versagens bei vielen den Eindruck erweckt, dass man in Machtkämpfen mit dem Opfer-Schmäh recht weit kommt. Weil ihn Menschen immer wieder gerne glauben, weil viele aus ihrem Infantilismus nicht herausgekommen sind. Wegen des Erfolges im Machtkampf praktizieren daher nun auch viele andere Gruppen den Opfer-Schmäh.

So hat etwa der Nationalsozialismus mit dem Opfer-Schmäh gearbeitet: die sogenannten Arier als Opfer der Juden (weil diese in vielen Berufen erfolgreicher waren); und das deutsche Volk als Opfer der Pariser Vororteverträge (die in der Tat ungerecht waren, aber keinesfalls einen Krieg  gerechtfertigt haben). 

Mit den Erfolgen der feministischen Schmähs habe ich mich hier erst vor wenigen Tagen befasst. Genau den gleichen Schmäh setzen die diversen sexuellen Aktivisten ein.

So wie die Frauenaktivistinnen argumentieren auch die sexuellen Gruppen-Lobbyisten ständig mit einem wahren Nukleus einstiger tatsächlicher rechtlicher Diskriminierung (etwa mit der einstigen Strafbarkeit homosexueller Aktivitäten), um aktuelle Privilegien zu erhalten: etwa den ungehemmten ideologischen Zugang zu Schulbüchern (um Kindern die eigenen sexuellen Ideen anzupreisen); etwa Zugang zu Witwenpensionen für schwule Partner (obwohl solchen Partnerschaften keine Kinder entspringen); etwa komplizierte Umoperationen auf Kosten der Allgemeinheit (wenn man wieder einmal mit seinem eigenen biologischen Geschlecht unzufrieden ist); etwa das Recht auf Adoptionen durch schwule Paare (ohne Rücksicht auf die für Kinder dadurch entstehende Probleme); etwa den Anspruch auf Leihmutterschaft (die medizinisch wie psychologisch belastend ist).

Der Blacklivesmatter-Schmäh

Geradezu zur Perfektion getrieben wird der Opfer-Schmäh durch die "Blacklivesmatter"-Bewegung, die rassistisch ist, auch wenn sie von einem Teil weißer Jugendlicher im alterstypischen Aufbegehren mitgetragen wird.

Dabei ist der Kern dieser Bewegung zutiefst rassistisch. Denn er versteht seinen Hauptslogan eindeutig als ein "Only black lives matter"; er kämpft empört gegen jede Ergänzung des Slogans zu "All lives matter" beziehungsweise "Also black lives matter".

Diese Bewegung stellt die Schwarzen als ständige Opfer der Weißen und insbesondere der US-Polizei dar. Das wird durch die – für den Opfer-Schmäh typische – hysterische Verallgemeinerung einiger Einzelfälle begründet wie den Floyd-Mord, die zwar eindeutige Verbrechen sind, die aber als Einzelfälle absolut nichts beweisen.

Diese Verallgemeinerung wiederspricht aber allen seriösen statistischen Fakten: Demzufolge werden in den USA viel mehr Schwarze zu Gewalttätern als Weiße, obwohl sie nur 13 Prozent der Bevölkerung stellen.

Wenn nun erwidert werden sollte, dass die häufigen  Verurteilungen der Schwarzen wegen Gewaltverbrechen nur auf rassistische Gerichte zurückgehen, dann wird das durch die Tatsache widerlegt, dass erstens der ganz große Teil der Opfer schwarzer Gewalt Schwarze selber sind. Und dass zweitens bei gewaltfreien Verbrechen (Betrug usw.) vornehmlich Angehörige anderer ethnischer Gruppen durch die angeblich rassistischen Gerichte verurteilt werden. 

Wegen der extrem hohen Gewaltkultur in den schwarzen Wohnvierteln der USA verlangen ja gerade die anderen "Ghetto"-Einwohner intensiv die Präsenz der Polizei, weil sie sonst schutzlos den gewalttätigen Jugendlichen ausgeliefert wären. Würde die Exekutive bei Verbrechen in den schwarzen Vierteln nicht mehr eingreifen – das wäre dann wirklich Polizeirassimus.

Diese Gewaltkultur zeigt sich beispielsweise auch in erschreckender Weise in den hasserfüllten, antisemitischen, sexistischen und vor allem gewaltverherrlichenden Texten schwarzer Rapper, die überwiegend vaterlos aufgewachsene junge Männer sind.

Und wenn jemand jetzt noch argumentieren sollte, diese Gewaltkultur der Schwarzen sei ja nur Folge weißen Rassismus', der die Schwarzen von Bildung und Aufstieg fernhalten würde, dann muss man solchen Einwürfen weitere Tatsachen entgegenhalten: Sowohl lateinamerikanische wie auch ostasiatische Einwanderer haben in den USA die Schwarzen in sämtlichen Statistiken überholt, bei Bildungs- wie bei wirtschaftlichen Erfolgen, aber auch bei der Stabilität von Familienstrukturen. Obwohl sie viel später ins Land migriert sind. Die Asiaten haben (nicht nur) an amerikanischen Unis übrigens auch schon eindeutig die Weißen überholt, dennoch wurde und wird ihnen auch nach Eigenaussagen nichts in den Weg gelegt – zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, wo Japaner als Hauptfeinde der USA zweifellos rassistisch behandelt worden sind.

Letztes verzweifeltes Argument in solchen Diskussionen bleibt dann der Hinweis auf die Sklaverei. Diese hätte die Schwarzen mit dauerhaften Folgen beschädigt. Da kann man nur fragen: Wie viele Generationen denn noch soll die Sklaverei als Argument herhalten? Können auch die Griechen sich heute noch darauf ausreden, dass viele Griechen einst von den alten Römern versklavt worden sind?

Das Sklaverei-Argument noch immer als Erklärung für heutige Ansprüche heranzuziehen, ist nicht nur lächerlich, es ist auch ethisch letztklassig. Denn es bedeutet nichts anderes als rassistische Sippenhaftung für Sünden von Vorvorvorvorfahren. In seiner Grundstruktur gleicht es dem ebenso widerlichen christlichen Antisemitismus: Weil die Berichte des Neuen Testaments für die einstigen jüdischen Hohepriester und Pharisäer nicht sonderlich schmeichelhaft sind, haben noch viele Jahrhunderte nachher Teile der christlichen Welt geglaubt, eine biblische Rechtfertigung für Judenverfolgungen zu haben.

Diese Argumentation widerspricht dem Grundsatz jeder Rechtsstaatlichkeit (und übrigens auch des Christentums): dass man nur für die eigenen Taten verantwortlich ist.

Ähnlich absurd ist es, auch noch im Jahr 2020 die Probleme Afrikas auf die einstige Kolonialzeit zurückzuführen. So sehr Kolonialismus menschenrechtlich und in Hinblick auf die gleiche Würde jedes Menschen und jeder Nation abzulehnen ist, so eindeutig ist doch, dass die Kolonialzeiten wirtschaftlich, gesundheits- und bildungsmäßig für Afrika große Fortschritte gebracht haben. Etliche Länder Afrikas leiden heute in Wahrheit an den Nachwirkungen sozialistisch-rassistischer Systeme, die nach den Kolonialzeiten in Teilen Afrikas geherrscht haben und von denen sie sich jetzt erst erholen, wie etwa Äthiopien.

In Asien jedenfalls beruft sich kein Land mehr auf die einstige Kolonialzeit, um als Opfer Ansprüche zu erheben. Dabei ist in Asien der wirkliche, der politische, ethische UND wirtschaftliche Tiefpunkt ähnlich lange her wie das Ende des Kolonialismus in Afrika, das rund um das Jahr 1960 eingetreten ist. Für die Japaner war die Nullstunde das Jahr 1945 (samt zwei Atombomben), für die Südkoreaner 1953 (nach dem Koreakrieg), für die Indochinesen 1975 (nach dem Vietnamkrieg), für die Chinesen 1979 (nach den maoistischen Verbrechen und ab den großen marktwirtschaftlichen Reformen von Deng Xiaoping). Nur für die Nordkoreaner liegt der Nullpunkt noch in der Zukunft (weil dort all die oben genannten Erfolgsprinzipien von Marktwirtschaft bis Freiheit weiterhin verpönt sind).

Und doch liegen die meisten Staaten Ostasiens schon seit vielen Jahren in einer steilen Überholkurve. Ohne daran zu denken, noch irgendwie mit der Kolonialzeit zu argumentieren und bei anderen die Schuld für eventuelle eigene Probleme zu suchen.

Die Folgen der Opfertheorie

Wo auch immer wir die Folgen der Opfertheorie und des durch sie geschaffenen Selbstmitleids untersuchen: Sie halten Menschen, Familien, Völker, Nationen davon ab, ihr eigenes Schicksal in die Hände zu nehmen, selbstverantwortlich zu denken und agieren, statt ständig nach Ausreden und Schuldigen zu suchen.

Durch den Opfer-Schmäh machen sich die Opfer damit selber zum Opfer. Woran auch alle jene mitschuld sind, die auf den Opfer-Schmäh hereinfallen, die ihn mitverbreiten.

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