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Was sollte uns die AUA wert sein?

Die kurze Antwort: Nichts. Die etwas längere: Eigentlich sollte umgekehrt Österreich den Besitzern der AUA etwas wert sein. Das Bestehen möglichst vieler Flugverbindungen aus aller Welt nach Wien, aber auch nach Graz, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck ist zwar enorm wichtig, wichtig für den Tourismus und alle davon abhängigen Berufe, wichtig für Kongresse und Hochkultur, wichtig für den Steuerzahler und den Arbeitsmarkt. Aber das ist noch kein Grund, der Lufthansa beziehungsweise ihrer Filiale unter der Tarnbezeichnung AUA viele Millionen Steuergeld zuzuschieben. Es gibt genug andere Luftlinien, die um weniger Geld den gleichen Vorteil brächten, ohne dass dabei jede Menge anderer Unternehmen rechtswidrig diskriminiert würde.

Aber ist nicht die AUA ein österreichisches Unternehmen, das halt einen deutschen Miteigentümer hat? Und das daher Anspruch auf gute Betreuung durch die Republik Österreich hat, wie jedes andere österreichische Unternehmen, auch wenn es internationale Eigentümer hat? So scheint es auf den ersten Blick tatsächlich zu sein.

Jedoch, auf den zweiten Blick wird völlig klar: Die AUA ist kein österreichisches Unternehmen, sondern nur eine Filiale der deutschen Lufthansa ohne jede wirtschaftliche Selbstständigkeit, die nur bestimmter Vorteile wegen die rot-weiß-rote Schwanzflosse trägt.

Diese Filial-Eigenschaft der AUA beginnt damit, dass in der Führung überwiegend Lufthansa-Menschen sitzen, für die das halt eine Station auf ihrer Lufthansa-Karriere ist. Und sie endet damit, dass innerhalb des Gesamtkonzerns Kosten immer so hin und her geschoben werden, dass die AUA niemals einen großen Gewinn machen wird. Vielmehr wird das, was die AUA in manchen Jahren vielleicht an größeren Überschüssen abwirft, sofort an die große Mutter weiterverschoben. Das geht über interne Verrechnungspreise und Kostenverschiebungen in so einem Konzern mit Totaldurchgriff leicht.

Diese Filial-Eigenschaft ist auch von der Eigentümer-Situation her völlig klar. Als Mehrheitseigentümer der AUA scheinen die in der Öffentlichkeit völlig unbekannten Briefkastenfirmen "Österreichische Luftverkehrs-Holding-GmbH" beziehungsweise "ÖLP Österreichische Luftverkehrs-Privatstiftung" auf.

Das Rechtsinstitut der Privatstiftung ist eigentlich nie für solche Zwecke gegründet worden, sondern nur dazu, um Familienbetriebe über Generationen im Familienbesitz halten zu können (insbesondere dann, wenn die Erbengeneration unternehmerisch nicht die Genialität des Gründers hat …). Aber das nur am Rande.

Der zentrale Punkt bei der AUA  ist, dass diese in der Öffentlichkeit nie auftretende Privatstiftung völlig unter Kontrolle der Lufthansa steht. Sie ist eine reine Papierkonstruktion, die das Alleineigentum und den Totaldurchgriff der Lufthansa absichert, aber einen rot-weiß-roten Tarnanstrich hat.

Eine zentrale Folge dieses Totaldurchgriffs ist ein "Cash-Pooling", Die gesamte Liquidität der AUA liegt bei der Lufthansa in Frankfurt. Das wird nur von österreichischen Medien nie kritisch thematisiert, weil die AUA – in besseren Zeiten – natürlich ein üppiger Inserent ist.

Der Vorteil der rot-weiß-rot-getünchten Filial-Konstruktion

Wozu braucht die Lufthansa eigentlich diese ganze komplizierte Konstruktion, statt einfach eine Filiale Filiale zu nennen?

Gewiss hat diese Konstruktion emotionale Marketing-Vorteile: So mancher Österreicher steigt lieber in ein Flugzeug ein, wenn er dort mit einem Walzer, einem "Grüß Gott" und österreichischer Sprache empfangen wird. Aber nur die allerwenigsten von ihnen würden allein deswegen mehr für ein Ticket zahlen, wenn sie sowieso in ein anderes Land fliegen, wo sie sich nur auf Englisch, deutschdeutsch oder sonst einem fremden Idiom verständigen können.

Der große Vorteil dieser Konstruktion, dass eine deutsche Luftlinie eine Abteilung als österreichisch tarnt, liegt ganz wo anders:

  1. Er besteht erstens in den Landerechten, in den Slots, die man nur für eine "österreichische" Luftlinie bekommen hat, die sonst verloren wären.
  2. Und er liegt zweitens darin, dass die Lufthansa damit strategisch das Drehkreuz des Schwechater Flughafens relativ erfolgreich besetzt, sodass sich dort kein anderes Konkurrenzunternehmen wirklich breitmachen kann.
  3. Dagegen ist der Materialwert der Flugzeuge – sofern überhaupt abbezahlt – fast vernachlässigenswert.

Warum hat dann aber der Staat, beziehungsweise seine damalige Tochter ÖIAG, eigentlich 2008/09 die AUA an die Lufthansa verkauft? Noch dazu unter Zugabe von 500 Millionen Euro! Noch dazu ist damals diese Zugabe erst so spät kommuniziert worden, dass andere Interessenten nicht darüber informiert gewesen sind und ihr Interesse an der maroden AUA verloren haben. Im Grund ist dieser Skandal nie völlig aufgedeckt worden. Gerüchte über ein besonders heftiges Interesse des damals noch sehr mächtigen Raiffeisen-Konzerns an der Lufthansa-Konstruktion konnten nie echte Bestätigung finden.

Wie so oft haben sich jedenfalls seltsame Abhängigkeiten österreichischer Entscheidungen vom deutschen Nachbarn gezeigt. Klar ist, dass die damalige Regierung großes Interesse hatte, ihr eigenes Versagen als AUA-Eigentümer zu verwischen. Sie hat viel zu oft in die AUA hineinregiert. So hat etwa der einstige Verkehrsminister Streicher die AUA wider alle ökonomische Vernunft gezwungen, die marode (erste) Lauda-Fluglinie zu übernehmen. Noch schädlicher waren die durch diese politische Eigentümerkonstruktion ermöglichten Einmischungen der Sozialpartner. Vor allem die Gewerkschaft konnte substanzraubende Privilegien herausverhandeln.

Deutsch-österreichisches Ringen an mehreren Fronten

Was aber jetzt tun? Zur Stunde steht die Republik hart unter Druck. Ein Wirtschaftsprüfer hat sein Gutachten über die Lage der AUA – die Corona-bedingt so wie alle Fluggesellschaften in eine schwere Existenzkrise geraten ist – im letzten Moment zurückgehalten. Und zwar mit der bedrohlich klingenden Andeutung: Man müsse der AUA zwingend den Gang zum Insolvenzrichter empfehlen, wenn nicht die Republik im letzten Augenblick einspringt.

Nun deutet vieles darauf hin, dass sie das tun wird. Auch die Grünen, die ja eigentlich ideologisch militante Gegner jedes Luftverkehrs sind (oder waren?), wollen unter ein paar eher symbolischen Auflagen zustimmen. Eine der grünen Bedingungen empört allerdings die Bundesländer: Innerösterreichische Binnenflüge der AUA sollen reduziert oder ganz verboten werden. Die Landeshauptleute befürchten dadurch logischerweise ein Aushungern ihrer regionalen Flughäfen und ein touristisches Minus.

Das Argument der Grünen scheint aber plausibel zu sein: Zwischen Städten sei der Zugsverkehr umweltfreundlicher und zumutbar. Wer in Schwechat landet, soll dann mit dem Rail Jet der ÖBB weiterfahren. Das ist in der Richtung Linz tatsächlich sinnvoll. Das wird auch zwischen Wien und Graz eines fernen Tages zumutbar sein, wenn der (von den Grünen stets bekämpfte) Bahnbau durch den Semmering einmal fertiggestellt sein sollte. Für alle übrigen Landeshauptstädte ist das aber nicht mehr zumutbar. Die Passagiere von Salzburg oder Innsbruck haben es dann überdies ohne Anschlussflug nach Wien Richtung München viel näher.

Vor allem begreifen die Grünen nicht: Die Tourismus-Regionen brauchen nicht so sehr die Anschlussflüge nach Wien, sondern Direktflüge in viele europäische Metropolen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Im Winter noch mehr als im Sommer.

Aber der eigentliche ökonomische Unsinn einer AUA-Rettung wird durch diese Randfrage der Binnenflüge gar nicht tangiert. Lediglich Sebastian Kurz hat ihn einmal ausgesprochen: Es gäbe keinen Grund, ein deutsches Unternehmen zu subventionieren. Das ist die AUA im Wortsinn, sie ist eben nicht nur ein österreichisches Unternehmen mit einem deutschen Eigentümer. Aber auch Kurz ist seltsam still geworden.

Hinter den Kulissen gibt es in diesen Tagen gleich mehrfach ein deutsch-österreichisches Ringen, das zusammenhängen dürfte:

  1. Der Streit, welche Inner-EU-Grenzen endgültig geöffnet werden. Da fällt die interessante (und erfreuliche) Wendung auf, dass es außerhalb deutscher Vormundschaft zu einer Wiederbelebung Mitteleuropas kommt, nämlich zu einem "Mini-Schengen" zwischen Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Österreich. Diese vier Länder mit exzellenten Corona-Zahlen (die auch deutlich besser sind als die deutschen) sind dabei, die Grenzen zueinander komplett zu öffnen. Österreich sagt hingegen wegen der Pandemie-Lage eisern Nein zu jeder Öffnung von und nach Italien und damit auch zu Slowenien, weil dieses seinerseits Richtung Italien aufsperren will (was wiederum das Urlaubsland Kroatien hart trifft, das damit hinter Slowenien abgeschlossen bleibt). Berlin hingegen will intensiv die Italiener unterstützen, und intrigiert prinzipiell eifersüchtig gegen jede mitteleuropäische Kooperation.
  2. Noch schärfer ist der Konflikt Berlin-Wien seit dem jüngsten deutsch-französischen Plan, gemeinsame EU-Kredite aufzunehmen, die dem angeblichen Wiederaufbau in Italien, Spanien und Frankreich zugutekommen sollen – ohne dass diese Länder das zurückzahlen müssen. Österreich hingegen besteht darauf, dass nur Kredite und keine verlorenen Zuschüsse fließen dürfen.
  3. Dritter deutsch-österreichischer Konfliktpunkt ist eben die Frage, ob Österreich die deutsche Lufthansa subventioniert. Diese will ja gleichzeitig auch Milliarden vom deutschen Staat haben, der derzeit plant, dafür eine 25-prozentige Beteiligung an der Lufthansa einzugehen. Weshalb Gelder aus Österreich – zuletzt war von 700 Millionen die Rede – die deutsche Regierung etwas entlasten würden.

Man darf gespannt sein, wie dieses Dreifachringen ausgeht.

Am problematischen Charakter jeder AUA/Lufthansa-Subvention ändert sich jedenfalls überhaupt nichts durch die Wahl einer Rechtskonstruktion, also ob das Geld als Kredit fließt, als Stille Beteiligung, als Aktienbeteiligung an der AUA oder direkt an der Lufthansa.

Dass die SPÖ auf eine direkte Beteiligung drängt, hat keine wirtschaftlichen, sondern politische Gründe. Erstens will man dem deutschen Finanzminister Scholz helfen, einem Parteifreund. Zweitens glaubt die Gewerkschaft, mit einer direkten Beteiligung wie in den (schlechten) alten Zeiten einen besseren Hebel zur Durchsetzung ihrer Forderungen zu haben. Und drittens erregt jede Form einer Re-Verstaatlichung bei Sozialisten sofort Begeisterung.

Eine echte Änderung der Geschäftspolitik zugunsten österreichischer Interessen könnte jedenfalls keine der erwähnten Formen bewirken. Jede Form löst vielmehr einen weiteren überflüssigen Abfluss aus den eigentlich leeren Staatskassen der Republik aus.

Was Österreich fördern sollte statt der Lufthansa

Was aber stattdessen? Wieder mit einem Satz: Österreich soll das fördern, was sein Interesse ist. Und das sind möglichst viele internationale Landungen auf österreichischen Flugplätzen mit möglichst viel Passagieren. Das bringt Wertschöpfung ins Land, Kongresse und Touristen. Es sollte hingegen völlig egal sein, ob diese mit einer Maschine des Lufthansakonzerns kommen oder einer anderen Gesellschaft.

Eine sinnvolle Alternativstrategie würde etwa bedeuten:

  • Positive Gleichbehandlung aller Flug-Gesellschaften,
  • Offensive Verhandlungen mit möglichst vielen von ihnen, denen Lande-Slots anzubieten sind,
  • Streichung der Lohnnebenkosten etwa für drei Jahre, wenn zusätzliches österreichisches Personal beschäftigt wird (soweit EU-rechtlich möglich),
  • Flughäfen sollten von den Bundesländern nicht mehr als Cashcow angesehen werden, sondern als wichtige Infrastruktur-Investition – so wie die Milliarden verschlingende ÖBB –, was zu niedrigeren Landetarifen führen müsste,
  • Mäßigung überzogener Kollektivverträge (derentwegen jetzt der wichtigste AUA-Konkurrent Ryan-Air die Lauda-Basis in Wien schließen will),
  • Abschaffung von Ticketsteuern und ähnlichem,
  • und Abstellung von kleineren Skandalen wie den massiv überhöhten Tarifen der Wiener Flughafenzüge CAT.

Das alles würde nur einen Bruchteil der 700 Millionen kosten. Das alles würde Österreich auch sauteure Klagen von Lufthansa- und AUA-Konkurrenten ersparen, die jeden Grund zum Prozessieren haben, wenn man nicht auch ihnen die Millionen hineinstopft.

Und die Arbeitsplätze?

Bleibt als letztes Argument der Lufthansa-Subventions-Truppe: "Aber die Tausenden Arbeitsplätze bei der AUA!"

Selbstverständlich haben alle AUA-Mitarbeiter – jetzt schon – Anspruch auf Arbeitslosen- und Kurzarbeits-Unterstützung. So wie jeder andere Arbeitnehmer im Lande. Aber sie sollten eben nicht mehr Ansprüche haben. Und die zusätzliche AUA-Unterstützung wäre eben ein gewaltiges Mehr. Sie wäre eine krasse Ungleichbehandlung, die wahrscheinlich sogar verfassungswidrig ist (zumindest dann, wenn sich der VfGH einmal wieder mit der eigentlichen Verfassung statt der Einführung der Schwulenehe befassen sollte).

Absolut jede Sonderunterstützung für ein einzelnes Unternehmen – selbst wenn dieses nicht bloß eine unselbständige Filiale eines Konzerns mit ganz unösterreichischen Interessen wäre – ist eine himmelschreiende Diskriminierung. Dies nicht nur gegenüber allen Konkurrenten, sondern auch gegenüber allen anderen Unternehmen in anderen Branchen. Diese müssten das noch dazu mit ihren Steuern finanzieren. Dabei werden von ihnen in den nächsten Jahren viele ohne Chance auf Einzelsubventionen in Konkurs gehen. Vom Wirt bis zum Fitnessstudio, vom Konzertveranstalter bis zum Catering-Unternehmen, vom Sprachlehr-Institut bis zur Baufirma, vom Familienhotel bis zum Busunternehmen.

Sebastian Kurz hat mit seinem fahrlässigen "Koste es, was wolle" Forderungen wie jenen der Lufthansa Tür und Tor geöffnet. Er muss daher auch der Erste sein, der diese Tür wieder schließt. Er sollte das zumindest dann tun, wenn er weiter Wahlen gewinnen und nicht von einem Proteststurm aller gegenüber der Lufthansa Benachteiligten hinweggefegt werden will.

PS: Wer glaubt, dass es bei der AUA ja nur um eine einmalige Krisenüberbrückung geht, der sollte – so wie bei der Corona-Entwicklung – einen Blick nach Italien machen. Dort findet seit Jahrzehnten bei der Alitalia fast alljährlich dasselbe Spiel statt: Ständig wird fürs kommende Jahr die Rettung der Gesellschaft prophezeit – meist durch ausländische Wohltäter –, weshalb "nur noch einmal" Staatsgeld fließen muss. Und im nächsten Jahr wiederholt sich dann das teure Spiel. Dieses beweist übrigens auch anschaulich, warum Italien so marod dasteht (und jetzt halt wieder einmal vom Norden Europas Geld einfordert).

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