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Jagt die Alten!

Vor zwei Wochen war jeder, der irgendwie ostasiatisch aussieht, potentielles Opfer von blöden Sprüchen und demonstrativem Aus-dem-Weg-Gehen. Das war auch jenseits der Lächerlichkeit des sofort ausgebrochenen linken "Rassismus!"-Alarms ungut, das hat aber zum Glück zu keinen schlimmen Folgen geführt. Das wird aber noch harmlos sein gegenüber dem, was älteren Menschen durchaus heimischer Herkunft in den nächsten Wochen, Monaten und vielleicht Jahren bevorstehen dürfte (die die Linken freilich viel weniger interessieren als Nichteuropäer). Daran trägt, so muss man offen sagen, auch die – gut gemeinte, aber schlecht durchdachte – Kommunikationsstrategie der Herrn Kurz und Anschober kräftig Mitschuld.

Zu einem "Jagt die Alten!" wird es vor allem dann kommen, wenn der weitgehende Ausnahmezustand ein paar Wochen angedauert und sich die Lage nicht substanziell gebessert haben wird.

Derzeit ist das Land psychologisch ja noch von überwiegend kollektiv-heroischer Aufbruchsstimmung, von einem "Wir schaffen das" getragen. Kritik gibt es derzeit nur dann, wenn irgendwo eine Anti-Corona-Maßnahme wirklich oder vermeintlich zu spät eingesetzt hat, Richtung China, Richtung Italien, Richtung Ischgl, Lech und Tirol, Richtung der Wiener Ärzte, Richtung der Kontrolllosigkeit am Wiener Flughafen, Richtung des Corona-Hilfstelefons. Mit einem Ex-post-Wissen weiß man natürlich immer alles besser.

Überhaupt nur noch absurd ist die Erregung sogenannter Datenschützer darüber, dass Telekom-Firmen mit Hilfe von aggregierten – also völlig anonymen – Daten die Beobachtung ermöglichen, wie sehr sich die Mobilität der Menschen reduziert hat. Dieses Daten-Outing beeinträchtigt keinen einzigen Telefonbesitzer. Niemand wird dadurch konkret nachverfolgbar (so wertvoll diese Möglichkeit einer konkreten Datenverfolgung übrigens ist, wenn Menschen abgängig sind oder sich verirren). Diese selbsternannten Datenschützer sollten sich besser um den technisch ja immer möglichen Missbrauch der Rufdatenverfolgung in konkreten Einzelfällen durch Telekom- oder Polizei-Mitarbeiter kümmern. Sie sollten sich vor allem mehr um die schon seit Jahren voranschreitende Einschränkung der Meinungsfreiheit und ideologische Gängelung durch die Staatsmacht sorgen, wenn sie wirklichen Freiheitsbedrohungen nachgehen wollen.

Mit großer Sicherheit werden aber jedenfalls alle diese Kritikpunkte – ob Ischgl, ob Telekom – binnen kurzem vergessen sein. Dann wird sich nämlich das Gefühl kollektiver Hilflosigkeit gegenüber dem Virus durchgesetzt haben und die Erkenntnis: Es hätte sich wohl auf jeden Fall ausgebreitet.

Im Lauf der Wochen werden aber Frust und Zorn unweigerlich gewaltig wachsen. Je mehr die negativen Folgen und Einschränkungen sichtbar werden, von denen wir ja erst einen kleinen Teil überblicken. Je länger die Maßnahmen weltweit von Tag zu Tag eskalieren. Und je später sich die Hoffnungen auf wirksame Therapien und Impfungen realisieren.

Dann werden sich Frust und Zorn aber auch unweigerlich ein menschliches Ziel suchen. Wie schon oft in der Geschichte. Am häufigsten waren da immer "die Juden" das Opfer des dumpfen Volkszorns. Aber fast genauso oft waren es "die Reichen", die Unternehmer, die "Kapitalisten", die Großbauern, die Weißen und Inder (in Idi Amins Uganda), die "Ungläubigen" (die in vielen islamischen Kulturen für alles Mögliche bis hin zum Vergiften pakistanischer Brunnen verantwortlich gemacht werden), die Moslems (in indischen Dörfern), die Adeligen (nach dem Ersten Weltkrieg), die "toxischen" Männer (für radikale Feministinnen), die Hexen (wie man im Mittelalter kräuter- und heilkundige Frauen genannt hat), und so weiter, und so fort.

Es scheint jetzt schon ziemlich klar, wer bei Fortschreiten der Corona-Katastrophe diese Rolle übernehmen wird: die Alten.

Insbesondere in Österreich hat ja schon die Regierung die Aggressions-Richtung vorgegeben. Wenn auch aus einem komplett gegenläufigen Motiv. Aber sie hat die Folgen der Botschaft nicht durchdacht, die sie in den letzten zwei Wochen kommuniziert hat. Der immer gleiche Kern dabei war in den Politikeräußerungen und jetzt in einer riesigen Anzeigenkampagne: Die allermeisten von uns werden die Krankheit folgenlos oder gar unbemerkt überstehen, wir müssen das alles aber für unsere Großeltern machen.

Natürlich war das an sich gut gemeint. In intakten Familien wie der des Sebastian Kurz sind die Wertschätzung für und die Rücksicht auf die Älteren eine Selbstverständlichkeit, die daher auch als Handlungsmotivation ausreicht. Jedoch überall dort, wo es keine über die Generationen hinweg zusammenstehenden Familien mehr gibt, ist das eine verheerende Botschaft. Das wird sie vor allem dann, wenn die massiven Folgen der Corona-Bekämpfung monatelang ganze Länder lahmlegen sollten.

Und noch viel mehr wird sie dann zur gesellschaftlichen Explosion führen, wenn man bei anderen – anfangs noch ob ihrer mangelhaften Maßnahmen getadelten – Ländern sieht,

  • dass die Seuche dort zwar heftig gewütet und zum vorübergehenden Zusammenbruch von Gesundheits- und vielen anderen Systemen geführt hat, dass sie aber dann nach wenigen Wochen rasch vorbei gewesen ist;
  • dass dort über 95 Prozent der nachweislich infizierten Menschen Corona letztlich folgenlos überstanden haben, und wahrscheinlich 99 Prozent aller Infizierten, weil ein großer Teil der gesund gebliebenen Menschen gar nicht richtig gemerkt hat, dass sie eigentlich den Virus hatten;
  • dass dort dann der beruhigende Zustand der "Durchseuchung" eingetreten ist, wie die Virologen es in ihrem nüchternen Zynismus nennen, wenn die große Mehrheit der Bevölkerung eine Krankheit schon hinter sich hat;
  • dass dort dann alles wieder so weitergehen kann, wie es vor Ausbruch der Seuche gewesen ist.

Das wird unweigerlich in jenen Ländern, wo man mit strikten Maßnahmen die Infektionsraten niedrig gehalten hat, zu gewaltigem Frust führen. Man hat zwar den wochenlangen Kollaps des Gesundheitssystems wie jetzt in Italien vermieden, aber in der übrigen Gesellschaft viel, viel längere und damit ärgere Schäden angerichtet. Weil dann dort diese strikten Maßnahmen ja noch lange weitergeführt werden müssen. Jedenfalls über Monate. Internationale Virologen haben schon das deprimierende Wort von "ein bis zwei Jahren" in den Mund genommen.

Wie sich die Gesellschaft ändern wird

Worin werden dann die Folgen trotz – oder gerade wegen der radikalen Maßnahmen bestehen?

  • Hunderttausende werden ihre Jobs dauerhaft verloren haben.
  • Zehntausende Selbständige werden sich in die Mindestsicherung geflüchtet haben.
  • Tausende Unternehmen gehen in Konkurs und verschwinden auf Dauer.
  • In häuslicher Isolation sind viele Menschen in massive Depressionen verfallen.
  • Kindern und Jugendlichen, die jetzt scheinbar aus der Öffentlichkeit verschwunden sind, fällt insbesondere in Städten und insbesondere in kleinen Wohnungen die häusliche Decke auf den Kopf; manche von ihnen werden in der Folge zum nicht mehr bewältigbaren Sozialproblem.
  • Man bekommt viele Dinge nicht mehr, weil globale Lieferketten und Fabriken kollabiert sind.
  • Und fast niemand hält es auf Dauer ohne schwere psychische Schäden aus, wenn alles, was sein Leben mit Abwechslung, Freude, Sinn und Spaß erfüllt hat, dauerhaft verschwunden ist: Kaffeehaustratsch mit Freunden, Konzerte, Oper, Sport (in zuschauender und noch viel mehr aktiver) Form, Geselligkeit, Theater, Gottesdienste, Partei- und Vereinsgremien, Diskussionsveranstaltungen, Gesellschaftsspiele – für manche waren wohl auch Firmenintrigen, Kollegen-Mobbing oder Bordellbesuche wichtiger Inhalt ihres Lebens.

Aber nichts davon gibt es mehr.

Eine Zeitlang kann man gute alte Filme herunterstreamen (sofern nicht die Telekoms wegen Überlastung zusammenbrechen, wie sich jetzt schon abzeichnet). In den Sozialen Netzen werden ablenkende Späße über das Virus kursieren (aber sich bald als redundant erschöpfen). Auch alleine oder zu zweit durch den Wald spazieren gehen, ist ein paar Tage lang nett (wird aber nur für die Allerwenigsten dauerhaft befriedigend sein). Und die meisten aktuellen Fernsehprogramme sind jetzt schon unerträglich und nur ein Beitrag zur kollektiven Depression, statt zur fröhlichen Ablenkung, geht es doch dort fast rund um die Uhr direkt oder indirekt ständig um Corona und von Fußballspielen bis Publikumsveranstaltungen ist alles abgesagt. Am unerträglichsten sind derzeit im ORF übrigens die Durchhalteappelle sogenannter Promis, die in ihrer Penetranz nur noch mit der gleichgeschalteten Nazi-Propaganda das Jahres 1944 verglichen werden können.

Aber nichts davon kann die entstandenen Lücken auch nur annähernd schließen.

Gigantische Schuldenaufnahme löst nicht die gesellschaftlichen Probleme

Selbst wenn es der Regierung gelänge – wie jetzt beabsichtigt – durch gigantische Schuldenaufnahmen (die ökonomisch nur noch mit den papierenen Kriegsanleihen des Ersten Weltkriegs vergleichbar sind) alle Einkommen unverändert zu halten, würden all die anderen genannten Folgen völlig unverändert schlagend.

Außerdem kann man durch Anwerfen von noch so vielen Banknotendruckmaschinen eine Wirtschaft, die erstmals seit den 40er Jahren an einer Angebotskrise leidet, nicht wieder in Gang bringen. Da gaukelt uns die Politik etwas Unmögliches vor. Diese nun versprochenen großflächigen Geldverteilungen werden überdies zu aggressiven Neiddiskussionen führen, weil sich immer einzelne Gruppen massiv benachteiligt fühlen werden.

Aber das Banknotendrucken hilft einfach nicht, wenn kaum noch wo produziert wird, wenn alle Baustellen geschlossen werden, wenn alle Dienstleistungen weitgehend heruntergefahren sind, wenn keine Touristen kommen. Dann sind wir gesellschaftlich im Jahr 1945 angekommen. Damals gab es zwar Bargeld – aber wertvoll waren nur Lebensmittelmarken, ein Laib Brot, ein Sack Kohle.

Ein Wiederanwerfen von Gesellschaft und Wirtschaft ohne schwere Langfristfolgen wäre in den nächsten Wochen nur in folgenden zwei Fällen denkbar:

  • Wenn ein Wunder geschieht, und die Pharmaindustrie in Blitzeseile ein Wundermittel gegen die Infektion zustandebringt.
  • Wenn die Regierungen wider die gesamte (derzeit) veröffentlichte Meinung zum Schluss kommen und das auch offen eingesehen sollten, dass die Radikalmaßnahmen ein Fehler waren, weil man die Summe der Konsequenzen nicht abgesehen hat.

Beides ist ziemlich unwahrscheinlich. Daher werden sich Dinge wohl in etwa so entwickeln wie skizziert.

"Die Schuldigen an den Pranger"

Und dann werden fast zwangsläufig in der Kollektivpsychologie die vermeintlich Schuldigen an den Pranger gestellt werden. Also die Alten, derentwegen wir angeblich das alles auf uns nehmen müssen.

Dabei zeigen viele der jetzt bekannt gewordenen Fakten, dass diese Behauptung so überhaupt nicht stimmt: Es sind in den letzten Stunden in Österreich auch eine 27- und eine 48-Jährige Corona-Tote gemeldet worden. Und es sind international schon viele alte Menschen geheilt heimgegangen. Das wichtigste Kriterium für den Verlauf der Infektion ist nämlich gar nicht das Alter, sondern das Vorliegen – oder Nichtvorliegen – von ernsthaften Krankheiten. An denen zwar alte Menschen häufiger leiden, aber eben nicht alle, und eben auch junge. Das macht es völlig ungerechtfertigt, wenn jetzt Politik und Öffentlichkeit jeden Älteren als Hochrisikofall behandeln.

Aber die Botschaft, die Alten wären die Ursache, wegen der das alles notwendig geworden ist, ist längst schon allgemeine Überzeugung. Und sie wird in einer Epoche, in der jede Betonung des Wertes der Familie vom linken wie vom schwulen Zeitgeist zu etwas Negativem gestempelt wird, von vielen unkritisch weitergetragen. Dabei hat sich gerade in Zeiten der Krise die Familie als einziger tragfähiger Kern einer Gesellschaft erwiesen. Zu der auch die Großelterngeneration zählt.

Dabei kann man in der Tat der älteren Generation tatsächlich mit vollem Recht manche Vorwürfe machen. Aber eben nicht, dass sie die Hauptschuldtragenden an der gegenwärtigen Gesamtschließung der Republik seien. Und die von Linksextremisten (auf öffentlich-rechtlichen Sendern) ausgestreute Behauptung ist natürlich überhaupt eine reine Infamie, dass die Älteren am Global Warming schuld wären, und dass es daher nur gerecht wäre, wenn sie jetzt dahingerafft würden.

Freilich gibt es auch objektiv zutreffende Vorwürfe, die man der älteren Generation machen kann:

  • Sie hat etwa ab dem Jahr 1970 als Folge von Pille, Wohlstand, Egoismus, Radikalfeminismus und zunehmender Verschwulung um ein Drittel zu wenige Kinder in die Welt gesetzt, was in den Jahrzehnten seither eine demographische und durch außereuropäische Migranten in keiner Weise wettmachbare Katastrophe ausgelöst hat (allerdings haben sich auch die nachfolgenden Generationen nicht gerade kinderfreudig gezeigt).
  • Sie hat ebenfalls ab dem gleichen Zeitpunkt zugunsten ihrer eigenen Wohlfahrt, also de facto ihres eigenen Konsums (den Ideologen bis heute als "Sozialstaat" lobpreisen) die öffentliche Verschuldung zu Lasten der nächsten Generationen in die Höhe getrieben.
  • Sie ist trotz stark steigender Lebenserwartung (die sich auch durch Corona wohl nicht signifikant reduzieren wird) viel zu früh in Pension gegangen.
  • Sie kassiert ihre Pensionen in unveränderter (und noch dazu weit über den Versicherungswert der einstigen Beitragsleistungen hinausgehender) Höhe, während rundum Existenzen zusammenbrechen.

Die wahre Katastrophe scheint uns also erst bevorzustehen: kollektiver Hass auf die alten Mitmenschen mit vielen üblen Folgen. Die rot-schwarzen Verhetzungsparagraphen haben ja nur den Hass auf Moslems oder Türken verboten, nicht den auf die Alten.

Was heißt das aber jetzt? Hätte die Regierung keine Maßnahmen verkünden sollen? Vielleicht – aber das ist nur Theorie. Denn die durch eine radikale Explosion der Erkrankungen ausgelösten schrecklichen Wochen hätten wir nicht ertragen. Das steht mittlerweile auch keine andere Regierung durch, wie der Blick rund um den Globus zeigt, wo buchstäblich überall inzwischen ähnliche Maßnahmen beschlossen worden sind.

Aber das darf einen nicht daran hindern, die mutmaßlich bevorstehende Entwicklung offen anzusprechen. Auch wenn viele Durchhalteparolen jetzt so tun, als wäre spätestens zu Ostern wieder alles eitel Sonnenschein.

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