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Warum entschuldigt sich Van der Bellen nicht?

Ich habe offensichtlich geirrt: Ich war bis jetzt innerlich überzeugt, dass die mafiöse Ibiza-Falle ein weiteres Werk der von der SPÖ bei der vorletzten Wahl, also genau im Zeitraum des Fallenstellens, gedungenen Silberstein-Bande ist. Die jetzigen Verhaftungen scheinen jedoch klarzumachen, dass da eine ganz andere Verbrechergruppe am Werk gewesen ist: eine miese Erpresserbande mit Verbindungen zum Balkan. Für diesen (zumindest wahrscheinlich gewordenen) Fehler kann ich mich nur entschuldigen. Tausend Mal mehr entschuldigen müssten sich aber spätestens jetzt etliche Medien und insbesondere Herr Van der Bellen.

Denn der "Spiegel" und die "Süddeutsche" haben sich – wenn der jetzt offenbar sehr konkrete und durch Hausdurchsuchungen und Festnahmen untermauerte Verdacht der Staatsanwälte stimmen sollte – zum Werkzeug einer Erpresserbande machen lassen. Und der grüne Bundespräsident hat das Verhalten dieser Medien noch öffentlich massiv gelobt und als vorbildlich hingestellt.

Wenn das guter und vorbildlicher Journalismus sein soll, dann gute Nacht. Und noch finsterer wird die Nacht, wenn ein Bundespräsident über die Mithilfe einiger Medien bei einem offensichtlichen Erpressungsverbrechen unreflektiert und undifferenziert in Begeisterung gerät (wörtlich die Helfer der Erpresser lobt: "wie wichtig unabhängiger Journalismus ist"). Wobei das Motiv des ehemaligen grünen Parteichefs sehr offen zutage liegt: Denn als Folge dürften nun seine grünen Parteifreunde direkt aus dem außerparlamentarischen Koma in die Regierung aufsteigen.

Aber nein, Herr Van der Bellen, auch ein grüner Zweck heiligt nicht alle Mittel!

Der Journalismus wiederum muss sich im Klaren sein, dass er seine Privilegien wie das Redaktionsgeheimnis verlieren wird, wenn er sich und diese Privilegien zum Instrument von gemeinen Verbrechern machen lässt und dann nicht einmal Reue zeigt. Denn die von der Linken so bejubelten Medien, die die Videos veröffentlicht haben, haben entweder gewusst, dass da ein Erpressungsverbrechen läuft. Oder sie haben sich grob fahrlässig nicht ausreichend erkundigt, was ihre Quellen sind.

Um nicht missverstanden zu werden: Nichts davon ändert etwas daran, dass es auch in alle Zukunft völlig undenkbar ist, dass H.C. Strache irgendein politisches Amt ausübt. Er hat ja nicht einmal zu dementieren versucht, dass er gesagt hat, was da ohnedies zu hören gewesen ist.

Aber zugleich sollten wir uns demütig eingestehen: Mindestens die Hälfte aller Staatsbürger würde Ruf und Job verlieren, wenn alle von uns rund um die Uhr, in allen Räumen und Autos, von versteckten Kameras und Mikrophonen beobachtet würden und wenn sämtliche dabei begangenen Inkorrektheiten sofort geoutet würden. Egal, ob jemand in Politik, Wirtschaft, Justiz oder in ganz normalen Berufen tätig ist, oder in der besonders heuchlerischen Kulturwelt.

Dort stößt man ja übrigens auf die ärgsten Widerlichkeiten. Man denke etwa an einen Otto Mühl, an das österreichische Nationalheiligtum Egon Schiele oder an den Franzosen Paul Gauguin, der erst vor wenigen Stunden in der "New York Times" gleich mehrerer schwerer Delikte wie Sex mit Kindern beschuldigt worden ist.

Zurück zu den nunmehrigen Ibiza-Enthüllungen. Natürlich kann da noch viel mehr – und sehr wohl auch Politisches – dahinterstecken, als wir jetzt wissen. Daher sollte man auch diesbezüglich etwas vorsichtig bleiben. Aber vorerst bleiben wir bei dem, was da kommuniziert worden ist.

Jedenfalls Abbitte leisten muss man einem Teil der hier oft gescholtenen Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft Wien hat vorgezeigt, dass man tatsächlich in voller – vom Gesetz ja eigentlich auch allen Beamten vorgeschriebenen – Diskretion und Effizienz arbeiten kann. Trotz riesigen medialen Interesses. Es wurden jedenfalls in den letzten Monaten keinerlei Andeutungen geleakt, in welche Richtung sie und die zuarbeitende Polizeikommission arbeitet.

Auch am Tage nach den Hausdurchsuchungen und Festnahmen funktionierte die gebotene Firewall bei Polizei und Wiener StA, trotz hunderter journalistischer Bohrversuche. Natürlich wollen wir alle immer umgehend alles sofort wissen. Aber das Strafprozessrecht sieht mit gutem Grund vor, dass der Vorwurf eines Delikts gegen eine konkrete Person erst dann öffentlich gemacht werden soll, wenn die Beweise dicht genug sind, um Anklage zu erheben.

Es geht also doch!

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hingegen, aus der auf geheimnisvollem Weg ständig Dinge wie die SMS-Dialoge des H.C. Strache an nahestehende Medien gelangen, reitet sich mit den Auftritten ihrer Chefin immer mehr hinein. Denn wenn die Dame wirklich keine Ahnung hätte, wie etwa diese SMS an diese Medien gelangt sind, dann hätte sie ganz anders reagiert, als sie es jetzt getan hat: Sie empörte sich nämlich jetzt öffentlich darüber, wie man nur auf den Gedanken kommen könnte, dass Aktenstücke dieser WKStA unter Mitwirkung der WKStA an die Öffentlichkeit gelangt sein könnten.

Wäre diese Empörung echt, dann hätte sie zweifellos ab Erscheinen der Berichte über die SMS-Inhalte im eigenen Haus das Unterste nach oben kehren lassen, um den Täter zu suchen. Theoretisch wäre es ja tatsächlich möglich gewesen, dass ein Einzelgänger in der WKStA auf eigene Faust gehandelt und das ganze Team so in Misskredit gebracht hat. Aber offensichtlich braucht sie ja gar nicht zu suchen, weil sie weiß, wer es getan hat.

Wie nahe diese WKStA der Politik steht, sieht man in diesen Stunden übrigens auch an ganz anderer Stelle: am Vorgänger der gegenwärtigen Leiterin Vrabl-Sanda. Dieser war nicht nur vor seiner Tätigkeit bei der WKStA Parlamentsabgeordneter der Grünen, er ist auch jetzt wieder aus der Pension ins Verhandlungsteam der Grünen für die Regierungsbildung eingerückt, also den Grünen stets engst verbunden.

Dieser Staatsanwalt/Politiker Walter Geyer war und ist zwar jemand, dem kein Vorwurf zu machen ist. In seiner Zeit war die Behörde auch unumstritten. Er wird aber bei der Personalauswahl wohl eher selten Staatsanwälte geholt haben, die nicht im weitesten Sinn links stehen. Das schafft bei einem Linken schon unbewusst das entscheidende Vertrauen. Tatsache ist jedenfalls, dass die WKStA nie einen Prozess wegen des größten Korruptionsverbrechens in diesem Land angestrengt hat, also wegen der Medienbestechung durch Steuergelder im parteipolitischen Interesse, derer sich viele Bürgermeister, Stadträte und Minister schuldig gemacht haben. In dieses Verbrechen sind zwar alle Parteien verwickelt, die jemals irgendwo Regierungsverantwortung trugen, aber eindeutig ganz besonders die SPÖ und die rotgrüne Stadtregierung Wiens, in qualitativer wie quantitativer Hinsicht.

PS: Noch eine mehr als auffällige Beobachtung: Die Medien haben völlig das Interesse an dem von der WKStA nach einem Jahrzehnt der Vorverfahrens-Folter endlich angestrengten Buwog-Prozess verloren, seit ein Zeuge nach dem anderen Karl-Heinz Grasser eine weiße Weste ausstellt …

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