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30 Jahre nachher: Sind wir lernfähig?

Fast alle Medien waren in diesen Tagen zu Recht voll von bewegenden Rückblicken auf die dreißig Jahre zurückliegende Wende von Berlin, von Prag, von Budapest, von Warschau. Vielen kamen Tränen der Freude bei der Erinnerung, wie die Völker Mauer, Eisernen Vorhang und die Macht der sowjetischen Panzer hinweggefegt haben. Kaum hingegen wurde in den Rückblicken der eigentliche Motor der Wende klar: die große Kraft der Sehnsucht nach Freiheit und nationaler Identität. Aber nur, wer das versteht, versteht, warum die ehemaligen Satellitenstaaten heute so sensibel sind gegen jede Bevormundung von außen, warum ihnen oft Brüssel und das einstige Moskau so ähnlich vorkommen, und warum sie viel mehr als die meisten westeuropäischen Nationen um die Kraft der eigenen nationalen Identität Bescheid wissen, die ihnen ja erst die Energie zur Erhebung gegen Moskau gegeben hat, die sie niemals einer angeordneten Immigration preisgeben würden.. 

Und überhaupt nicht wird vermittelt, wie der "real existierende Sozialismus" in 40 Jahren jene Länder wirtschaftlich gegen die Wand gefahren hat. Dabei wäre die Vermittlung dieser Fakten an eine neue Generation enorm wichtig, weil sie total in Vergessenheit zu geraten drohen. Weil heute überall demokratische Politiker wieder zu ökonomischen Rezepten greifen, die sich in Osteuropa so katastrophal ausgewirkt haben.

Ein kluger österreichischer Ökonom hat es dieser Tage recht verzweifelt so formuliert: "Im Grund sind Politiker heute fast alle Planwirtschaftler und haben einfach nicht begriffen, warum absolut immer der Markt überlegen ist." Denn in jedem Markt führt das Verhalten und damit das Denken der beteiligten Menschen – also in der Regel vieler Millionen – immer zu besseren Entscheidungen, als wenn nur eine Handvoll Politiker und Beamter alles regeln würde. Staaten sind immer dann am erfolgreichsten, wenn sie sich auf die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung beschränken.

Das gilt auch im Bereich der heute medial so dominierenden Umwelt, siehe deren damalige Versauung in Osteuropa. Das gilt noch viel mehr im Wohnbereich: Alle jene Politiker, die heute (nicht nur in Berlin) wieder die Verstaatlichung der Wohnungen verlangen und die Einführung strikter Miet-Limits, sollten zu einer Zeitreise in die damaligen Städte Osteuropas gezwungen werden.

Dort waren auch 40 Jahre nach dem Krieg sehr viele Häuser noch in einem katastrophalen Zustand voll schwerer Kriegszerstörungen. Nachdem sie den bösen Hausherren weggenommen worden waren, waren die meisten seit Kaisers Tagen nie mehr renoviert worden. Junge Paare mussten 10 oder 15 Jahre auf eine Plattenbauwohnung warten – sofern ihr Eheglück das Vegetieren auf der Couch der elterlichen Wohnung bis dahin überstanden haben sollte.

Die Weigerung vieler Politiker, aus der Geschichte zu lernen, ist schier zum Verzweifeln.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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