Nicht Messer, sondern Menschen töten

Autor: Andreas Tögel

Und wieder eine Print-Zeitung weniger ...

Autor: Günter Frühwirth

Die europäische Systemtransformation

Autor: Josef Stargl

Freiheit stirbt oft scheibchenweise

Autor: Elisabeth Weiß

Über alte und neue Rattenfänger

Autor: Leo Dorner

Gendern: Ideologie und Gehirnwäsche

Autor: Heinrich Benz

Warum die Österreicher wie Idioten dastehen

Autor: Gerhard Kirchner

Leerstandsabgabe – die schwarze Vermögenssteuer?

Autor: Wilfried Grießer

Das blödeste Wort der Menschheit

Autor: Willi Sauberer

Alte und neue Alma Mater

Autor: Leo Dorner

Alle Gastkommentare

Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Es ist ein geiles Ding, die Macht

Dieser Kampf hat die ganze Menschheitsgeschichte geprägt. Und dennoch wogt er immer wieder neu auf. Derzeit etwa von der SPÖ bis zu den USA und Großbritannien. Fast immer geht es bei politischen Kämpfen nicht um die Inhalte, sondern um etwas ganz anderes.

Nämlich einzig um die Macht.

Selbst wenn man grenzüberschreitende Kriege und Eroberungen beiseite lässt, geht es auch innerhalb einer Gemeinschaft, eines Staates in praktisch allen Auseinandersetzungen fast immer nur um die Macht: Wer hat das letzte, das entscheidende Wort? Wer setzt seinen Willen durch? Das einzige, was sich dabei im Lauf der Geschichte geändert hat: Es kommen immer neue Akteure in der politischen Kampfarena hinzu. Das führte aber meist nur dazu, dass sich immer mehr Akteure gegenseitig blockieren können.

Dieses Muster sei an Hand einiger Streiflichter aus der Geschichte bewiesen (wobei manche Dinge vereinfacht sind, um das Wesentliche herauszuarbeiten).

  1. Im ganzen Mittelalter flammte immer wieder der Konflikt zwischen Kaiser und Papst auf, etwa darum, wer die Macht zu Bischofsernennungen hat. Lange schien der Kaiser das letzte Wort zu haben. Aber dann brachte der moralische Sieg des Papstes in Canossa, wo sich der Kaiser barfuss demütigen musste, eine historische Wende: Seither geht nicht mehr alle Macht auf Erden vom Kaiser aus. Man kann das sogar als ersten Pluralismus der Geschichte werten.
  2. Zunehmend trat noch eine dritte Macht in diesen Machtkampf ein: Das waren die Fürsten, vor allem die Kurfürsten. Sie ließen sich vor jeder Kaiser-Wahl "fürstlich" durch Geld und Kompetenztransfer bestechen. Am Ende des Reiches waren sie längst die wahren Machtträger geworden. Maria Theresia beispielsweise war als Landesherrin von Österreich, Ungarn und vielen anderen Gebieten mächtig, aber sie war nie Kaiser(in). Den Kaisertitel hat sie problem- weil bedeutungslos (und weil sie das falsche Geschlecht hatte) dem Ehemann und dem Sohn überlassen können.
  3. Die Aufklärung brachte dann (aufbauend auf Montesquieu) einen neuen Akteur ins Spiel, die Richter. Diese sind seither in vielen Staaten und vor allem in den letzten Jahrzehnten immer unabhängiger und mächtiger geworden. Sie haben sich mit dem Nimbus umgeben, eine höhere Gerechtigkeit zu besitzen. In Europa (Menschenrechts-Gerichtshof und EU-Gerichtshof), aber auch auf UNO-Ebene (Internationaler Strafgerichtshof) haben Richter sogar eine supranationale, über Staaten und Regierungen stehende Rolle angenommen. Sie haben sich damit aber von den ihren Urteilen Unterworfenen immer mehr entfremdet.
  4. Fast parallel zu den sich von den Fürsten emanzipierenden Richtern errang noch eine weitere Kraft zunehmend ein anderes großes Stück der Macht: die Parlamente. Meist vom Volk gewählt – direkt oder nach einem Steuerklassensystem –, bisweilen aber zum Teil auch bis heute mit ernannten oder geborenen Mitgliedern (siehe etwa den italienischen Senat, siehe das englische Oberhaus).
  5. Zugleich kämpften aber auch die Regierungen selbst immer mehr um einen eigenen Spielraum, um die eigene Macht. Einst waren die Minister ja im Wortsinn nur ausführende Diener der Fürsten. Heute hingegen schreiben sogar viele Medien den Ministern zu (was rein verfassungsrechtlich natürlich nicht stimmt), dass sie die Gesetze machen würden.
  6. Zu diesen Machtkämpfen der von den einzelnen Verfassungen anerkannten Akteure traten insbesondere in Europa die Schlachten zwischen Gemeinden, Provinzen (Bundesländern), Staaten, der EU, aber auch dem Europarat und den Vereinten Nationen. Jede höhere Ebene sagt prinzipiell, sie könne es besser als die unteren Ebenen. Die aber lassen sich das nicht kampflos gefallen.
  7. Aber auch innerhalb der Staaten geht die Inflationierung der Zahl der machtkämpfenden Organisationen voran.
    • Man denke etwa an die Rolle der in den letzten Jahren wie das Unkraut aufblühenden NGOs, also von lautstarken Vereinen, die sich als Zivilgesellschaft" bezeichnen und glauben, moralisch über allem zu stehen.
    • Man denke etwa an die Journalisten, die als Torwächter eifersüchtig über das Monopol wachen, exklusiv zu bestimmen, welche Informationen, welche Themen und welche Meinungen durch das Tor der Medien an die Öffentlichkeit drängen dürfen.
    • Man denke an die Wissenschaftler, von denen jeder als "Experte" auftritt, als  wenn er die absolute Allwissenheit hätte.
    • Und man denke an die Hahnen-(=Macht-)Kämpfe innerhalb der Parteien.

Dicke Bände lassen sich mit dieser Inflation an Akteuren füllen, die alle die eigene Rolle, die eigene Organisation für die weitaus wichtigste halten, und die glauben, geradezu die Pflicht zur Macht zu haben. Oder die aus Eitelkeit, aus Selbstüberschätzung, aus Lust an der Macht um diese kämpfen.

Nur ein Akteur wird von allen Genannten verzweifelt draußen gehalten, wird von ihnen für blöd, manipulierbar und unfähig angesehen: das Volk. Lediglich in der Schweiz geht von ihm wirklich das Recht aus. Anderswo steht hingegen die Behauptung, dass das Recht vom Volk ausginge, nur auf dem Papier der Verfassung. Anderswo lässt man das Volk nie wirklich (mit)entscheiden.

Die "repräsentativ" gewählten Mandatare repräsentieren in Wahrheit niemanden. Sie haben kein wirkliches Mandat des Volkes. Denn "Mandat" heißt ja Auftrag. Ein wirklicher Auftrag müsste aber auch einen konkreten Inhalt haben. Es gibt jedoch keinen einzigen Wähler, der sich mit allen Inhalten eines Wahlprogramms voll identifizieren könnte. Deshalb ist der repräsentative Parlamentarismus nur die Karikatur einer Volksherrschaft. Dabei heißt das Wort "Demokratie" wörtlich Volks-Herrschaft, und nicht Parlamentarier-Herrschaft.

Sobald man die Konflikte zwischen diesen vielen Akteuren der politischen Elite als Machtkämpfe entlarvt, kann man viele Vorgänge in der nationalen wie internationalen Politik erst richtig verstehen. Zugleich aber wird die Elite das Drängen des Volkes nach echter Demokratie nicht mehr lange ignorieren können, in der das Volk wirklich zur obersten Instanz der Macht wird. Dieses Drängen wird sogar immer vehementer werden, auch wenn es der Filz an nationalen wie supranationalen, politmedialen wie wissenschaftlichen Eliten, an NGOs und "Experten" zu verhindern sucht.

Einige Beispiele aktueller Machtkämpfe:

  • Während das britische Volk eigentlich längst eine klare Brexit-Entscheidung getroffen hat, paralysieren sich seit mehr als drei Jahren Abgeordnete, mehrere Regierungen, Gerichte und EU-Instanzen gegenseitig bei der Umsetzung dieser Entscheidung. Als britische Besonderheit mischt sich dort auch noch ein profilierungssüchtiger Parlamentspräsident ganz stark ein und verhindert unter Berufung auf einen uralten Präzedenzfall notwendige Entscheidungen. Nur Ahnungslose und Exponenten der Machtelite können meinen, Schuld am britischen Schlamassel sei, dass man dem Volk überhaupt erlaubt habe, eine Entscheidung zu treffen. In Wirklichkeit ist die britische Regierung Cameron durch die Abhaltung eines Referendums nur einem massenhaften Einzug der EU-Austrittspartei UKIP ins Unterhaus zuvorgekommen, der wiederum den Konservativen die Macht gekostet hätte. Und bei dem dann ganz genauso wie jetzt eine Dauerblockade zwischen den einander befehdenden EU-Befürwortern und -Gegnern gedroht hätte.
  • Aber auch die EU selber ist von einem erbitterten Machtkampf zwischen Parlament und Mitgliedsstaaten lahmgelegt. Die Abgeordneten haben den Amtsantritt der neuen EU-Kommission (also EU-"Regierung") einfach blockiert, weil ihnen einige Kommissare nicht gefallen. Zusätzlich ist es aber auch eine Provokation der europäischen Wähler, dass die neue Kommissionpräsidentin bei den Wahlen gar nicht kandidiert hatte. Die Machtelite hat sich halt auf jemand anderen geeinigt …
  • In Spanien wiederum behandeln es eine faschistische Justiz und eine sozialistische Regierung als Kapitalverbrechen, das mit drakonischen Strafen zu verfolgen sei, wenn eine Regionalregierung ihre Bürger über eine essentielle Angelegenheit befragt, nämlich ob die Katalanen unabhängig sein wollen. 13 Jahre Kerker für "Das Volk fragen": Das ist Spanien 2019.
  • Die USA wiederum werden von einem abenteuerlichen Machtkampf zwischen Parlament und Staatsoberhaupt lahmgelegt, dem das Volk ohnmächtig und zunehmend angewidert zuschauen muss.
  • Auch auf der Puppenhaus-Ebene der SPÖ zeigt sich ein ähnliches Muster aus Intrigen und Machtkämpfen. Dort bekämpfen einander einzelne Möchtegernpolitiker mit großer Erbitterung, ja geradezu mit Hass. Dabei geht es eigentlich um ein absolutes Nichts. Denn statt um die Macht kann man in der heutigen SPÖ ja nur noch um die Macht-Losigkeit kämpfen. Die einfachen Mitglieder freilich, also die Angehörigen des "Parteivolks", hätten dennoch angesichts nach außen gedrungener Intrigen unter der Parteielite allerdings jetzt schon gerne von dieser erfahren: Wofür genau bekommt die von dem bei der Bundes-SPÖ hinausgeworfenen SPÖ-Sekretär Lercher geführte "Leykam Medien AG" seit der Zeit seines Ausscheidens in Wien monatlich 20.000 Euro von der Partei? Das stinkt zum Himmel nach persönlichem Schweigegeld für Lercher oder nach einem fetten Trost für den plötzlich verlorenen und gut bezahlten Job in Wien. Solche Bezüge ohne erkennbare Gegenleistung – auch wenn sie über eine AG laufen – sind für die SPÖ das gleiche Gift, wie es für die Strache-FPÖ die Gucci-Taschen der Frau des Ex-Chefs gewesen sind. Warum soll da auch nur ein einziger noch Mitgliedsbeiträge zahlen?

Dennoch sei mit großem Nachdruck gesagt: So abstoßend solche Machtkämpfe auch sind, so recht das ausgeschlossene Staats- oder Parteivolk mit seinem Zorn auch hat, so wenig sollte man sich nach Systemen sehnen, in denen es keine Machtkämpfe gibt, in denen nur einer die ganze Macht hat, der alle anderen niedergewalzt hat, der die demokratische Machtvielfalt einfach abgedreht hat. Wie es in Russland und der Türkei zu sehen ist.

Ein starker Mann bringt noch viel weniger Freiheit.

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung