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Eine Verfassung, die nur Tiere schützt

Im Parlament ist auch schon vor Ausbruch der Ibiza-Krise keine ausreichende Mehrheit dafür zustande gekommen, ein Bekenntnis zur Wirtschaft als Quelle des Wohlstandes im Verfassungsrang zu verankern. Das wäre an sich durchaus zu verschmerzen – würde es nicht absurd schiefe Relationen zeigen, was diesem Parlament wichtig ist und was nicht.

Eigentlich sind solche allgemein gehaltenen Prinzipienerklärungen ja eher als unverbindliches Gewäsch für Wahl- und Koalitionsprogramme tauglich, als in die vor 100 Jahren geschaffene Bundesverfassung passend. In dieser gab es keine Präambeln, keine philosophischen oder rhetorischen Floskeln und Prinzipien, sondern nur klare und nachvollziehbare Regeln. Sie ist von erfrischender Nüchternheit und Sachlichkeit – und wirkt daher eigentlich moderner als viele Verfassungen anderer Länder, die deutlich jünger sind.

Das galt zumindest mehr als 90 Jahre so. Aber im Jahr 2013 ist es zur Erweiterung der Verfassung durch acht Artikel gekommen, die überhaupt nicht in diese Sachlichkeit passen, die eine populistische Mischung von Kraut und Rüben sind. So heißt es darin: "Die Republik Österreich bekennt sich zum Tierschutz", zum "umfassenden Umweltschutz", zur "Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge", aber auch zur "Bedeutung der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung". Ein völlig willkürlicher Katalog. Warum steht da etwa die Forschung, aber nicht die Bildung samt Universitäten? Warum das Wasser und nicht das tägliche Brot? Juristen haben jenes Gesetz zu Recht als "Schande" bezeichnet.

Beim Streit um die dritte Piste hat nun erstmals ein Gericht begonnen, diesen Text ernst zu nehmen. Da hat die Politik plötzlich entdeckt, dass wichtigere Dinge als etwa der Tierschutz fehlen. Nämlich der Menschenschutz.

Wirtschaft ist ja nichts anderes als ein solcher. Nur das, was man als Wirtschaft zusammenfasst, gibt den Menschen Arbeit, Nahrung und Einkommen, sorgt für Arbeitsplätze, ermöglicht Steuereinnahmen des Staates, sichert unseren Wohlstand und verhindert menschliches Elend.

Es ist daher beklemmend, dass die nachträgliche Aufnahme einer solchen fundamentalen Selbstverständlichkeit in einen programmatischen Katalog nicht von allen Abgeordneten durchgewinkt wird. Samt Eingeständnis, dass man mit jenem Katalog des Jahres 2013 peinlich gepfuscht hat.

It’s the economy, stupid!

Köstlich ist aber auch, dass die SPÖ in ihrer Verzweiflung ob der eigenen Talfahrt schon wieder einmal das angeblich bedrohte Wasser retten will. Dabei ist dessen Schutz - auf ihr Betreiben - 2013 schon einmal in der Verfassung verankert worden. Aber das haben die Genossen inzwischen halt wieder vergessen. Daher retten wir das Wasser gleich noch einmal, damit es uns niemand wegtrinkt. Wer wird denn schon die eigenen Gesetze ernst nehmen ...

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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