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Der Hexensabbat dauert diesmal vier Monate

Jetzt kann man sich nur noch anschnallen und festhalten. So unerwartet drastisch haben Österreichs Parlamentarier schon in den allerersten Sitzungen nach dem Sturz der Regierung ihre Dummheit und ihren parteiübergreifenden Populismus demonstriert. Ihr Verhalten übertrifft noch bei weitem den Wahnsinn des Jahres 2008. Damals haben die Parteien wenigstens erst in der letzten Woche vor der Wahl so agiert wie Mäuse, die beim Käseregal im Supermarkt freigelassen worden sind. 2019 beginnen sie hingegen schon jetzt mit ähnlichen Aktionen, obwohl es noch mehr als drei Monate bis zu Wahl sind. Daher können wir sicher sein: Diese Zeit ohne Regierungsmehrheit wird zur ganz großen Katastrophe für jeden Steuerzahler werden – ganz egal, wie man die Schuld an den Vorgängen der letzten Wochen zwischen Strache, Gudenus, Van der Bellen, Kurz, Pilzen und Rot-Blau (in der Reihenfolge ihres Auftretens genannt) auch verteilen mag.

Verantwortung für Staat und Volk, Vorausdenken der Folgen des eigenen Handelns: Fehlanzeige, besonders in den letzten Wochen. Das setzen sie nun ungehemmt fort. Die einzigen, die vorerst am Schlamassel weitgehend schuldlos sind, sind die Angehörigen der provisorischen Bundesregierung. Sie könnten ja höchstens dem "Hohen" Haus Unhöfliches sagen: "Ihr seid wohl wo angerannt."

Aus der Regierung hat sich bisher lediglich der neue Verteidigungsminister – bezeichnenderweise aus der direkten Umgebung Van der Bellens kommend – blamiert, der im Juni(!) eine schon seit längerem fixierte neue Sicherheitsschule des Heeres für Oberstufenschüler, die im September beginnen sollte, einfach wieder zusperren wollte. Jetzt zwingt ihn das Parlament kollektiv zum Aufsperren. Solche Beschlüsse sollte man halt nicht treffen, wenn man keine Mehrheit hinter sich und ein bisschen Hirn ober sich hat.

Einige Filetstücke der parlamentarischen Dummheit der letzten Stunden:

Schließung des Dialogzentrums

Als besonders dumm sticht die Schließung des interreligiösen Dialogzentrums KAICIID ins Auge. Gegen dieses wird seit Jahr und Tag vor allem von den Grünen wegen der Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien gehetzt. Dieses Land ist der Hauptfinancier des Zentrums. Nun haben sich die Grünen durchgesetzt, Unterstützung von Rot bis Blau gefunden. Nun muss das Zentrum geschlossen werden.

Man ist jedoch sehr kurzsichtig, wenn man das für gut befindet. Denn dieser Beschluss ist ein rein emotioneller auf dem Intelligenzniveau kleiner Kinder. Alle rationalen Überlegungen sprechen jedoch dagegen:

  1. Es wird mit Gewissheit in Saudi-Arabien kein einziger Dissident weniger gefoltert und eingesperrt werden, weil Österreich jetzt das Zentrum hinausschmeißt.
  2. Die Abgeordneten haben überhaupt nicht begriffen, dass das Zentrum nicht verantwortlich ist für die Vorgänge in Saudi-Arabien, dass es kein politisches Projekt ist. Es dient sogar einem eindeutig guten Zweck: Denn es ist eine spirituelle Austauschplattform aller wichtiger Weltreligionen. Dort sitzen den saudischen Sunniten nicht nur Katholiken und Protestanten, nicht nur Hindus und Buddhisten, sondern auch Schiiten und jüdische Rabbis gleichberechtigt gegenüber. Wer auch nur eine Ahnung hat, wie groß gerade derzeit die Kriegsgefahr zwischen Schiiten und Sunniten am Persischen Golf ist, wie sehr dieser Konflikt offensichtlich auch Ursache des jüngsten Angriffs auf zwei Öltanker in der Region ist, der kann nur entsetzt sein darüber, dass die Parlamentsmehrheit dieser von einem Peter Pilz und der Kronenzeitung ausgelösten Hirnlosigkeit folgt. Und dass im Wiener Zentrum Moslems und Juden einander auf friedlicher Augenhöhe begegnen, ist überhaupt eine welthistorische Sensation. Die man eigentlich unbedingt am Leben erhalten sollte, auch wenn ein solcher Dialog natürlich kurzfristig keine "Ergebnisse" bringt. Auch wenn das Zentrum katastrophal schlecht vermarktet wird. Auch wenn es ein Wahnsinn gewesen ist, jemanden wie die gescheiterte Justizministerin Bandion-Ortner dort in der Geschäftsführung zu installieren. Auch wenn sich nun in der Stunde des parlamentarischen "Feuers Frei auf alle" bitter rächt, dass es heute überhaupt keine außenpolitische Qualität mehr im Nationalrat gibt.
  3. Österreichs Verlässlichkeit als internationaler Vertragspartner ist von den Abgeordneten in ein paar hirnlosen Stunden zertrümmert worden. Sind doch nicht nur Saudi-Arabien, sondern auch der Vatikan und Spanien völkerrechtliche Gründungspartner und Träger des Zentrums. Daraus lernen auch alle anderen Länder: Österreich ist kein seriöser Vertragspartner mehr, wo Vereinbarungen halten.
  4. Die Schließung des Zentrums ist auch ein finanzieller Verlust für Österreich im zweistelligen Millionenbereich. Denn der Großteil der von den Saudis stammenden KAICIID-Ausgaben ist natürlich in Wien erfolgt und weit mehr wert als der österreichische Beitrag.
  5. Viel größer ist der Verlust für Österreich auf Ebene des Handels mit Saudi-Arabien. Denn während der Wüstenstaat mit Sicherheit keinen Cent weniger für sein Öl bekommen wird (dessen Weltmarktpreis derzeit sogar steil steigt), werden sich österreichische Exporteure nach dieser unnötigen Provokation euphemistisch ausgedrückt sehr schwer tun, künftig in einem der reichsten Länder der Welt Geschäfte zu machen. Aber das ist den Abgeordneten egal. Sie leben ja von den zwangsverpflichteten Steuerzahlern und glauben noch an die Schlagzeilen der Kronenzeitung, als ob die noch die Bedeutung von einst hätten.
  6. Mit der gleichen Logik, mit der man die Sperre des Zentrums beschlossen hat, müsste Österreich auch umgehend die OPEC hinauswerfen. Schließlich sitzt dort Saudi-Arabien als führendes Mitglied und Zahler drinnen. Und überdies sind dort sogar noch schlimmere Unrechtsstaaten wie Iran oder Venezuela dabei. Und praktisch keine Demokratien.
  7. Wenn der Nationalrat konsequent ist, müsste er jetzt auch alle UNO-Institutionen aus Wien hinausschmeißen, wo ja die allerübelsten Verbrecherregime der Welt wie Nordkorea dabei sind. Und wo der größte Zahler die USA sind, die ja für Rot, Grün und Blau ohnedies die Verkörperung des Satans sind.
  8. Wenn hingegen irgendeine krause Gehirnwindung dieser parlamentarischen Zündler nur Saudi-Arabien wegen seiner Menschenrechtsverletzungen bestrafen will, dann wäre es zumindest zwingend, auch den Saudi-Botschafter hinauszuschmeißen. Denn dieser vertritt zum Unterschied vom KAICIID ja direkt die Saudi-Regierung, die bei allen Vorwürfen hauptverantwortlich ist.
  9. Es gibt vor allem überhaupt keinen logischen Grund, nur Saudi-Arabien zu bestrafen. Es dürfte eigentlich in logischer Folge der Nationalratsbeschlüsse überhaupt keinen Diplomaten eines Regimes mehr in Wien geben, das schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig ist. Und selbst wenn man noch streiten kann, ob Iran schlimmer ist als Saudi-Arabien, so kann man bei Schwerverbrecherstaaten wie Nordkorea eindeutig nicht mehr streiten.
  10. Überdies steht Saudi-Arabien nicht nur auf Ebene des religiösen KAICIID-Dialogs in sehr konstruktivem Dialog mit Israel, sondern auch durch etliche geheime Kommunikationskanäle. Dieser diskrete Dialog ist eindeutig Hauptursache dafür, dass es seit längerem keinen Nahostkrieg zwischen Israel und Arabern mehr gibt. Es ist daher absolut hirnrissig, dass sich die 183 weltfremden Herrschaften aus dem Redoutensaal nun ausgerechnet bei diesem Land als außenpolitische Amateure und Rächer der Verfolgten wichtig gemacht haben.

Besonders peinlich, aber gut ins Bild der letzten Wochen passend ist der hilflos-dümmliche Kommentar des Bundespräsidenten zur ganzen Causa: "Das ist eine etwas komplizierte Angelegenheit." Wer hätte das gedacht! Danke, Herr Bundespräsident, für Ihre Weisheit!

Älteren Österreichern fällt zu solchen sensationellen Erkenntnissen sofort der einstige Bundeskanzler Sinowatz mit seinem verzweifelten: "Es ist alles sehr kompliziert" ein. Zugleich schiebt Van der Bellen die ganze Causa mit spitzen Fingern an den Außenminister ab. Danke, setzen, sehr elegant.

Papa-Monat

Dümmlich ist aber auch die nun plötzlich beschlossene Einführung eines obligatorischen Papa-Monats nach der Geburt in der Privatwirtschaft. Dieser bezahlte Zwangsurlaub scheint zwar das Budget nicht direkt zu belasten, belastet aber alle Arbeitgeber. Das kann für so manche Arbeitgeber zum sprichwörtlichen Strohhalm werden, unter dessen zusätzlicher Last ein Kamel einknickt. Natürlich wird der Zusammenhang nicht direkt nachweisbar sein. Aber die Summe von Tausenden solcher populistischer Aktionen auf Kosten der Arbeitgeber macht es unzweifelhaft immer abschreckender, in Österreich unternehmerisch tätig zu werden.

Es ist bei diesem Thema absolut lächerlich, den feministischen Schwachsinn zu glauben, dass dadurch auch nur ein einziges Kind besser und liebevoller erzogen würde. Von diesem einen Monat der Doppelbetreuung für ja noch großteils schlafende oder an der Mutterbrust hängende Kleinstkinder wird mit Sicherheit das Endergebnis dessen, was Väter und Mütter zwanzig Jahre lang bei der Erziehung gut oder schlecht gemacht haben, nicht einmal zu einem Zehntelpromille beeinflusst.

Entgeltfortzahlung

Ganz ähnlich arbeitgeberfeindlich ist der SPÖ-Vorstoß, dass die Arbeitgeber das Entgelt jener Mitarbeiter weiterzahlen sollen, die bei Einsätzen im Interesse der Allgemeinheit tätig sind. Denn wenn solche Einsätze im Interesse der Allgemeinheit sind, dann ist es absolut unlogisch, warum einzelne und nicht die Allgemeinheit dafür zahlen müssen.

Das wird nur dazu führen, dass viele Arbeitgeber halt Mitarbeiter von freiwilligen Feuerwehren nicht mehr gerne anstellen werden. (Zugegeben, auch da finden Linke sofort ein Gegenargument: Sollen die Arbeitgeber halt Türken oder "Flüchtlinge" anstellen, die sind eh nicht bei der Freiwilligen Feuerwehr …).

Auch weitere SPÖ-Anträge klingen wie Gewerkschaftsbriefe an den Weihnachtsmann: Da findet sich die Forderung nach voller gehaltserhöhender Anrechnung von Karenzjahren oder das Verlangen, dass Leiharbeitskräfte zwingend in eine Anstellung übernommen werden müssen.

Pflegegeld

Während es bei den letzten Punkten noch nicht sicher ist, wieweit dieser Forderungskatalog der Linken auch wirklich durchgeht, ist die Forderung nach Erhöhung des Pflegegeldes zumindest bei der ersten Abstimmung von vier Parteien unterstützt worden.

Während etliche der parlamentarischen Beschlüsse "nur" die österreichischen Unternehmer und den Wirtschaftsstandort massiv schädigen, ist die Causa Pflegegeld endgültig ein direkter Zugriff auf den Staatshaushalt. Dabei haben alle Parteien (bis auf die von Anfang an verschwendungswütigen Pilze) in den letzten Tagen geschworen, dass sie ihn nicht aushöhlen werden ...

Glyphosat

Schon fix haben sich Rot und Blau auch zu einem Verbot des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat zusammengefunden. Motto: Die Kronenzeitung befiehlt, und Rot und Blau marschieren.

Peinlicherweise spricht sich jedoch die EU gegen ein Verbot des Mittels aus, weil es keine wissenschaftlichen Beweise für die angeblich gesundheitsschädlichen Auswirkungen gibt. Und weil es für bestimmte landwirtschaftliche Anforderungen alternativlos ist. Rot und Blau haben sich jedoch dadurch nicht beeinflussen lassen.

  • Das ist der SPÖ wurscht, weil sie verzweifelt Wahlkampfthemen sucht. Dabei hat sie sonst in letzter Zeit immer so getan hat, als sei ihr die EU absolut heilig und alles, was von dort kommt, ein Evangelium (oder passender: ein Manifest von Karl Marx).
  • Und das ist der FPÖ wurscht, die immer zu Recht der EU Überregulierung vorgeworfen hat. Hier ist einmal die EU gegen eine Regulierung, und schon zeigt Österreich, dass es noch viel heftiger zum Regulieren imstande ist.

Plastiksackerl

Ebenfalls ein Befehl der Kronenzeitung an die Politik ist das Plastiksackerl-Verbot. Hier exponiert sich auch die sonst zurückhaltende ÖVP als regulierungswütig.

Sie kann sich zwar darauf berufen, dass dieses Verbot schon in der zurückgetretenen Regierung einen Konsens gefunden hatte. Allerdings vergisst sie erstens, dass dieser Konsens unter der Voraussetzung erzielt worden ist, dass es sonst keine Belastung der Unternehmer gibt. Und sie hat uns zweitens auch vorher nie erklärt, wie aus Österreich Plastiksackerl ins Meer gelangen sollen (wo allein sie tatsächlich ein Problem darstellen).

Fasst man diese parlamentarischen Stunden zusammen, dann kommt man zu einem deprimierenden Schluss: Das – dieser (keineswegs komplette!) Auszug aus der Liste der populistischen Unsinnigkeiten – war erst der Anfang. Da kommt in den nächsten dreieinhalb Monaten noch viel nach. Am liebsten würde man daher einschlafen, und erst am 30 September wieder aufwachen.

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