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Die zwei Kriminalfälle von Ibiza: die Einäugigkeit

Im Juli 2017 sind in Ibiza gleichzeitig zwei schlimme Kriminalfälle passiert. Krampfhaft haben die Mainstream-Medien anfangs versucht, das erste Delikt wegzuignorieren, und sich nur mit dem zweiten befasst. Jetzt aber brechen die Dämme, da offensichtlich bei Lesern und Sehern ein Sturm der Entrüstung über ein neuerliches Desinformations-Waterloo der Medien ausgebrochen ist. Jetzt beginnt man doch zu recherchieren oder übernimmt zumindest die Recherche-Ergebnisse anderer (der Text wurde leicht aktualisiert).

Jedenfalls findet trotz Rücktrittswellen, Regierungskrise, Ministerumbesetzungen, Misstrauensvoten und Parteienstreit die simple Frage die weitaus größte Aufmerksamkeit der Österreicher: Wer war es? Dazu sprudeln nun aus allen Ecken spannende Informationen, freilich auch unbestätigte Gerüchte hervor.

Das, was man aber noch immer nicht weiß, und was bald zum Zentralthema werden wird: Gehen nur die (von ihren noch verbliebenen Lesern und Sehern in den Hintern getretenen und daher aufgewachten) Medien jetzt diesem Aspekt nach, oder tut das auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft? Diese ist ja schon öfters sehr einseitig aufgefallen. Bisher sind aber von ihr nur Aktionen zur anderen der beiden Ibiza-Deliktsgruppen sichtbar geworden, also zu den Äußerungen von H.C. Strache auf jenem Video. Dazu hat sie schon binnen zwei Tagen die Auslieferung des FPÖ-Abgeordneten Tschank fordert, des für die Parteifinanzen verantwortlichen Mannes.

Bei dem, was die Staatsanwaltschaft schon offensichtlich prüft, könnten folgende zwei Aspekte ernsthaft strafrechtlich relevant sein (wenn wir einmal das verheerende Bild außer Acht lassen, dass wir vom Charakter, der Moral und der Intelligenz des Ex-Vizekanzlers bekommen haben. Dieses Bild wird jedenfalls ein negatives bleiben):

  • Hat Strache Staatsaufträge im Gegenzug für Parteifinanzierung versprochen?
  • Hat er illegale Finanzierungsmethoden seiner Partei geoutet?

Vor allem die erste dieser beiden Fragen hat das Potenzial, zu einer Verurteilung Straches zu führen. Da braucht es gar keine neuen Strafgesetze, wie sie jetzt ein wenig populistisch gefordert werden.

Allerdings ist bei Straches Ibiza-Äußerungen die strafrechtliche Bewertung auf der subjektiven Tatseite offen: Wieweit waren sie nur wichtigmacherisches Herumgerede ohne konkrete kriminelle Energie? Wieweit waren sie Folge von selbst- (oder fremd?)verschuldeter Berauschung? Wieweit gab es einen Rücktritt von einem beabsichtigten Verbrechen, bevor der Versuch noch strafbar wurde? Das alles ist ohne vollständige Vorlage der Bänder praktisch unmöglich seriös zu bewerten. Werden sie vielleicht genau deswegen nicht herausgerückt?

Ganz anders, eindeutig harmloser ist der zweite Aspekt des Strache-Geredes. Hier spricht er davon, dass man, statt der Partei zu spenden, auch parteinahe Vereine bedenken kann (dass er in seinem gockelhaft-alkoholischen Imponiergehabe vor wildfremden Leuten überdies auch vier Firmen beim Namen nennt, die solcherart gespendet hätten, ist zwar nicht strafbar, wird aber die Spendenbereitschaft für die Politik auf Null absinken lassen - und ist die größte Dummheit eines Politikers seit Menschengedenken). Solche parteinahen Vereine aber sind legal, solange sie nicht die Partei direkt finanzieren, sondern bloß Aktionen machen, die im politischen Interesse der Partei liegen. Wäre das anders zu sehen, müssten von der Arbeiterkammer bis zur Industriellenvereinigung sehr viele Organisationen und ihre Einnahmen komplett einer Partei zugerechnet werden (wobei das bei der Arbeiterkammer überdies Zwangseinnahmen sind ...).

Gewiss ist in solchen Vereinen eine legale Umgehungsmöglichkeit für die strengen Gesetze über die Parteifinanzen zu sehen. Aber es wäre absolut unmöglich und absolut grundrechtswidrig, solche Vereine zu verbieten. Letztlich muss es im Bereich der Meinungsfreiheit jedes Staatsbürgers und jedes Vereins bleiben, sich sehr einseitig zu engagieren oder zu plakatieren: "Kurz ist der Beste" (oder irgendein anderer Parteiführer).

Ähnliches gibt es auch in vielen anderen Ländern. Besonders bekannt sind die PAC-Konstruktionen in den USA ("Political Action Committee"). Diese finanzieren ganze Werbekampagnen für einen Kandidaten, stehen aber außerhalb der Partei und deren gesetzlich streng kontrollierten Finanzen. Es muss nur klar sein, dass ein PAC privat und ohne jedes politische Geld finanziert werden.

Genau da beginnt aber in Österreich die wirklich große Sauerei – deretwegen die meisten anderen Parteien, aber auch die Staatsanwaltschaft nicht gerne über dieses Thema reden wollen. Diese Sauerei ist die von Ministern, Landeshauptleuten und einigen Bürgermeistern begangene Medienbestechung aus Steuergeldern. Diese ist tausend Mal schlimmer, als wenn private Spenden von privaten Vereinen im Interesse einer Partei ausgegeben werden. Diese Medienbestechung aber findet in Österreich in gewaltigem Umfang auf Europarekord-Niveau statt.

Seit dem Medientransparenzgesetz wissen wir wenigstens den Umfang: 150 bis 200 Millionen fließen völlig jenseits aller Vergabe-Gesetze und Ausschreibungspflichten an willfährige Medien. Jährlich. Weitaus größter Übeltäter ist die Gemeinde Wien. Werner Faymann hatte diese kriminelle Praxis dann einst auf Bundesebene transferiert. Und auch Schwarz und Blau haben da in erschreckender Weise mitgemacht, ähnlich Grün in Wien.

Der größte Skandal aber ist, dass auch die Staatsanwaltschaft dabei mitmacht. Dass sie verhindert hat, dass diese Medienbestechungen aus Steuergeld jemals vor einem unabhängigen Richter landen. Deswegen kann die Staatsanwaltschaft wohl auch im Fall Strache das Thema unsauberer Parteienfinanzierung nicht sonderlich groß spielen, will sie sich nicht allzu peinlichen Vorwürfen stellen.

Diese Medienbestechung hat auch ziemliche Ähnlichkeit zur erstgenannten Frage. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Parteien ihre eigenen Interessen durch einen Griff in die Steuerkasse bedienen, sondern auch darum, dass es dabei natürlich um eine Gegenleistung geht. Die Inserate dafür fließen ja einzig deswegen, damit die Zeitungen wohlwollender berichten und kommentieren.

Die Abhöraktion

Damit kommen wir zur zweiten strafrechtlich relevanten Seite der Ibiza-Affäre: Das ist natürlich die geheime Abhöraktion. Diese ist zweifellos auch nach spanischem und deutschem Recht in mehrfacher Hinsicht strafbar. Dennoch ist auffällig, dass die Fallensteller sich bemüht haben, möglichst viele konkrete Delikts-Handlungen im Ausland zu setzen. Das waren: die Abhöraktionen in Spanien, die Einschaltung eines deutschen Detektivs in einer betrügerischen Hauptrolle und nicht zuletzt die Weigerung der beiden deutschen Medien, die gesamten Video-Aufnahmen herauszurücken, was alleine eine rechtliche Gesamtbeurteilung ermöglichen würde. 

Geschah das nur, um österreichische Spuren zu verwischen? Oder hat der fanatische Kampf der deutschen Linken "Gegen Rechts" dazu geführt, dass von Kleinkriminellen auf der Ebene eines Detektivs und Anwalts produziertes Material ganz von der deutschen Kampffront übernommen worden ist?

Jedenfalls gibt es inzwischen genug österreichische Anknüpfungspunkte, weswegen sich die österreichische Staatsanwaltschaft und Kriminalbehörden nicht um ein Aktivwerden drücken dürfen - wenn sie ihre Aufgabe ernst nehmen:

  1. Dazu zählt erstens der anhaltende und sich auf eine Fülle von Indizien stützende – wenn auch vorerst nicht für eine Verurteilung ausreichende – Verdacht, dass die Aktion ein Überbleibsel der Schmutzkübel-Aktivitäten des Herrn Silberstein von der SPÖ sein dürfte.
  2. Auf der (zweifellos auch von Partei-Spin-Doktoren intensiv bespielten) Gerüchtebörse sind durch sich als informiert ausgebende Menschen auch schon fast alle anderen Parteien beschuldigt worden – von der ÖVP und einem ihr nahestehenden PR-Agenten bis zu "zwei kleinen Linksparteien".
  3. Eine hochinteressante neue Information sagt, dass die angebliche Oligarchen-Nichte, welche die beiden FPÖ-Männer hineingelegt hat, eine junge in Wien lebende lettisch-russische Witwe sei.
  4. Seit den Veröffentlichungen in der "EU-Infothek" geht es um die mutmaßliche Schlüsselrolle eines Wiener Rechtsanwalts. Zwar ist diese nicht bewiesen, aber das Schweigen des Mannes zu sehr konkreten Vorwürfen ist bezeichnend. Durch ihn kommen zusätzliche schwere Verdachtsmomente ins Spiel, die von Betrug bis zu Geldwäsche reichen. Es geht um einen Juristen persischer Abstammung mit sehr gemischter Klientel, der Ausbildungsjahre ausgerechnet in der Kanzlei Lansky hinter sich hatte. Die offensichtlich von Gudenus und einer Immobilienmaklerin kommenden Informationen klingen sehr seriös.
  5. Jedenfalls schafft die – vorerst nur behauptete – Rolle dieses Anwalts nicht nur zusätzliche Handlungspflichten für die bisher schlafende Staatsanwaltschaft, sondern nun auch für die Rechtsanwaltskammer, die die gesetzliche Pflicht hat, das gesetzestreue Handeln ihrer Mitglieder zu überwachen. Was sie unbedingt auch im Interesse des Images eines ganzen Standes tun soll. Ähnliches gilt für die Gewerbeberechtigung des offensichtlich eingeschalteten Detektivs.
  6. Viertens haben zwei bekannte österreichische Linksjournalisten (von "Falter" und von "Puls 4") in der Zwischenzeit selbst geoutet, dass sie schon vor Monaten über die Details der Abhöraktion informiert worden seien, aber nichts getan haben. Das wirft mehr als eine kritische Frage an die beiden auf.

Die europaweite Dimension

Darüber hinaus hat die den Freiheitlichen gestellte Falle aber auch große internationale Dimensionen. Eine Herr Filzmaier hat im ORF den Hinweis von H.C. Strache bei seinem Rücktritt auf eine Geheimdienstaktion als "Verschwörungstheorie" zwar lächerlich zu machen versucht. Aber inzwischen gibt es eine große Dichte hochrangiger internationaler Persönlichkeiten, die (hinter den vielleicht nur zur Tarnung zwischengeschalteten Anwälten und Detektiven) einen Geheimdienst am Werk sehen:

"Irgendwie riecht’s nach Geheimdienst. Hat man ihn vielleicht die letzten zwei Jahre schon erpresst?" Um in diese Falle zu tappen, habe Strache jedenfalls"kein kompletter Idiot" sein "müssen." (der deutsche Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble).

"Bei derartigen Aktionen denken viele sofort an die Stasi und den sowjetischen KGB" (der ehemalige deutsche Verfassungsschutz-Chef Maaßen).

"War es der Mossad?" (die deutsche Elite-Zeitschrift Cicero unter Berufung auf einen ehemaligen Vizechef des deutschen Bundesnachrichtendienstes).

"Die Soros-Leute" (der slowenische Oppositionsführer Jansa).

Das Widerlichste aber bleibt, dass der ORF und die anderen Linksmedien illegale Datenbeschaffung als Kavaliersdelikt behandeln – jedoch nur dann, wenn es gegen die richtigen geht.

Siehe etwa auch die – möglicherweise von der Staatsanwaltschaft selbst! – an die Medien gespielte Spenderliste der Identitären.

Siehe etwa die Diversion (also freiwillige Zahlung ohne Verurteilung) von Martin Sellner vor 13(!) Jahren als 17(!)-Jähriger, die ebenfalls an die Öffentlichkeit gespielt worden war. Dass das höchstwahrscheinlich eine massive Rechtswidrigkeit jener Institutionen war, die theoretisch zur Sicherung des Rechtsstaats da sind, wurde von den meisten Medien völlig ignoriert.

Daher tut man gut daran, genau hinzuschauen, ob die Korruptionsstaatsanwaltschaft wenigstens jetzt allen(!) Ibiza-Aspekten mit allem – ja nur ihr zustehenden – Ermittlungsdruck nachgeht. Oder ob sie schon mit dem Anzeigenschreiben gegen die eigenen Vorgesetzten zu sehr überlastet ist, um ihre Hauptaufgabe noch ordentlich zu erfüllen.

"Wenn ein Privatgespräch bei einem Glas Wein öffentlich im Radio gesendet wird, was heißt das anderes, als dass die Welt sich in ein KZ verwandelt hat?" (Milan Kundera: "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins",  Fischer Taschenbuch Seite 132)

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