In den Schulen nehmen physische Aggressionen und Disziplinverfall massiv zu. Zugleich sinken die Leistungsbereitschaft, das Wissensniveau, mathematische Denkfähigkeit, sowie die Fähigkeit, einen halbwegs sinnvollen und fehlerfreien Text zu schreiben. Nüchterner Realismus kann daher über die nun vielerorts zu hörende Meinung nur lachen, dass die Disziplinprobleme durch Heerscharen von Sozialarbeitern, Therapeuten, Psychologen, Streitschlichtern, Beratungslehrern, "Kunst- und Waldpädagogen", sowie durch Teambuilding, Klassenausflüge, Verhaltensvereinbarungen, Prävention, pädagogische Schulungen, Ethik-Unterricht und "Time-Out-Klassen" gelöst werden könnten. Wenn man sich nicht den wahren Ursachen stellt, wenn man diese nicht einmal beim Namen nennt, dann nutzt das alles nicht viel.
Jede einzelne der genannten Problemlösungs-Varianten ist in den letzten Tagen von Ministerium oder "Experten" vorgeschlagen worden. All diese Ideen sind gewiss lieb und nett. Aber die wahren Probleme der Schulen, der Schüler wie der Lehrer, gehen viel tiefer, sind keinesfalls durch ein paar Time-Out-Tage lösbar. Sie werden jedoch meist überhaupt nicht andiskutiert. Meist schon aus Angst, etwas politisch Unkorrektes zu sagen.
Inzwischen leugnen zwar nicht einmal mehr alle linken Träumer die Zunahme der Probleme in den Schulen. In disziplinärer Hinsicht reicht deren Spannweite von messerstechenden Schülern über das Papierkorb-Werfen bis zum Lehrer-Herumstoßen (für das zuerst nur der zum Punching-Ball degradierte Lehrer bestraft worden ist, weil er in seiner Not auf einen der körperlich überlegenen Gewalttäter gespuckt hat, für die aggressiven Schüler hat es erst mit allzu langer Verzögerung die nötigen Konsequenzen gegeben). Die in allen Parteien (und erst recht Medien) zu findenden Träumer leugnen aber bis zuletzt, dass die vom progressiven Zeitungeist ausgelösten Veränderungen der letzten Jahrzehnte die Hauptursache sind.
Was sind nun diese sich so fatal auswirkenden Veränderungen konkret? Was sind die wahren Schuldigen?
- An der Spitze steht zweifellos der von Politik, Gesetzgebern und Schulbehörden bewirkte Autoritäts- und Machtverlust der Lehrer. Sie sind jedoch die Einzigen, die jede Stunde einsam in den Klassen an der Front stehen. Dennoch hat man ihnen fast alle Mittel gegen aufsässige, gewalttätige, sabotierende Schüler entrissen. Gewiss haben einzelne Lehrer in der Vergangenheit ihre Macht missbraucht. Aber es war völlig falsch, deswegen gleich alle zu kastrieren. Bei einer Wiederherstellung der Lehrer-Autorität ginge es natürlich nicht um Rohrstaberl- und Ins-Winkerl-Stell-Pädagogik, wie rote und pinke Politiker sofort gestänkert haben, sondern darum, den Lehrern echte Mittel der Disziplinierung in die Hand zu geben. Und die heißen nun mal auf Deutsch: Strafen. Ob sie nun beispielsweise in Form einer zusätzlichen Hausübung oder auch einer zusätzlichen (und notenrelevanten) Schularbeit an einem Nachmittag bestehen. Oder als letztes Mittel in der Möglichkeit, gegen Unverbesserliche einen Klassen- oder Schulverweis durchzusetzen.
- Daher ist auch der freiheitliche Vorschlag, dass bei prinzipiell destruktiven oder aggressiven Schülern auch die Eltern (via Familienbeihilfe) Konsequenzen zu tragen haben, keineswegs hirnrissig. Denn in viele Fällen liegt ja die Schuld bei ihnen.
- Die paar Mittel, die Lehrer theoretisch noch haben, sind einer anderen Berufsgattung in die Hände gegeben worden, die aber eigentlich im gesamten Schulapparat nichts verloren haben sollten: nämlich den Juristen. Jedes Zeugnis, jede ernsthafte Maßnahme wurde zum juristischen "Bescheid" und kann als solcher beeinsprucht werden. Dementsprechend wenig werden sie noch ernstgenommen. Denn wenn etwas monatelang im Instanzenzug steckt, hat es keine Präventivwirkung.
- Besonders katastrophal hat sich der modische Trend zur Inklusion ausgewirkt. An diesem ist nicht zu kritisieren, wenn Rollstuhlfahrer, Seh- oder Hörbehinderte durch ein paar technische Hilfen in normale Klassen integriert werden. Aber es ist absoluter Wahnsinn, dass man immer mehr auch alle jene Jugendliche in normale Klassen setzt, die grob verhaltensauffällig und destruktiv sind, die geistig oder sprachlich außerstande sind, dem Unterricht zu folgen, oder die völlig desinteressiert an allem sind, was Lehrer tun. Sie sind Fälle für die Sonderpädagogik und nicht nur für ein paar Time-Out-Tage.
- All diese Entwicklungen werden durch eine rapide Verschlechterung vieler familiärer Strukturen besonders dramatisch. Wobei man nicht weiß, welche der sieben Sorgen-Kategorien für Schule und vor allem für die betroffenen Kinder selbst schlimmer ist:
- Da gibt es erstens die antiautoritär-grün-linksliberalen Eltern, die jeden Druck auf ihre Kinder ablehnen.
- Da gibt es zweitens die desinteressierten Eltern, die glauben, die Erziehung der Kinder gehöre nicht primär zu ihren eigenen Aufgaben, sondern nur zu denen der Schule.
- Da gibt es drittens die Kuscheleltern, die aus unterschiedlicher Motivlage heraus im Ergebnis ganz ähnlich agieren.
- Da gibt es viertens die Helikoptereltern, die sich mit terrorartigem Druck selbst in die kleinsten Angelegenheiten einer Schule einmischen und diese negativ hinterfragen.
- Da gibt es fünftens die wachsende Zahl von Einzelkindern und von Kindern in Alleinerziehung, bei denen die Wahrscheinlichkeit von Problemen signifikant höher ist.
- Da gibt es sechstens die besonders schnell wachsende Gruppe migrantischer, vor allem islamischer Schüler, die daheim vom Vater sehr repressiv eingeengt werden, die dann fast naturgemäß glauben, sich in repressionsarmen Laissez-faire-Schulen austoben zu können.
- Und da gibt es siebentens die islamistischen Familien, die weiblichen Lehrern gegenüber extrem provokant und geringschätzend sind.
- Die politischen Schulreformen aller Regierungen der letzten Jahrzehnte hatten praktisch nur ein, wenn auch unausgesprochenes Ziel: Die Schule müsse netter zu den Schülern werden, sie dürfe ja nicht zu streng sein, die Kinder ja nicht zu sehr belasten, sie solle die Schüler vielmehr rundum glücklich machen. Auch schwarze Minister versuchten sich primär durch Empörung darüber zu profilieren, dass Schultaschen zu schwer seien, dass die Lehrpläne mit Gerümpel voll wären, dass bei einem Mathematikmatura-Termin jede fünfte Arbeit negativ ausgegangen ist, dass eine Lehrerin eine drastische Bezeichnung für die Schüler verwendet hat. Der signifikante Gipfelpunkt dieser Entwicklung war die Einführung von Raucherzimmern(!) für Schüler in der SPÖ-Ära Kreisky.
- Landesschulräte (Bildungsdirektionen) mancher Bundesländer, vor allem in Wien, üben auf der nächsten Ebene noch viel mehr Druck nach unten aus: Es dürfe ja nicht zu viele negative Noten geben. Und es sollen ja keine negativen Berichte über eine Schule in den Zeitungen stehen. Das schade der Partei.
- Dieser Druck wird dann wiederum kaskadenartig von manchen Direktoren – vor allem jenen, die sich für ideologisch progressiv halten – massiv an die Lehrer weitergegeben. Lehrer berichteten mir, dass es ihnen im Lauf der Jahre nie vorgeworfen worden ist, wenn Schüler etwas nicht können, dass sie aber sofort Riesenprobleme haben, wenn eine Schularbeit wegen schlechter Noten wiederholt werden muss, oder wenn sich Eltern über irgendetwas beschweren.
- Die Verschärfung der Schulnöte durch die Massenmigration in Österreichs Städte zeigt sich nicht nur disziplinär, sondern auch inhaltlich. So traut sich kaum mehr ein Lehrer, bei der Stadtgeschichte Wiens die Türkenbelagerungen zu erwähnen. So haben mir Lehrer erzählt, dass sie angehalten sind, bei Deutschaufsätzen Sprachbeherrschung und Rechtschreibung nicht mehr streng zu benoten, weil sonst Immigranten diskriminiert würden. Was naturgemäß dazu führt, dass für viele Immigranten der Druck fehlt, sich möglichst rasch und möglichst gut die deutsche Sprache anzueignen (dazu passt die geradezu verbrecherische Empfehlung, die ein – durchaus passabel deutsch beherrschender – türkischstämmiger Vater von der Gemeinde-Wien-Kindergärtnerin seiner Tochter bekommen hat: Man soll ruhig daheim türkisch reden, deutsch würde das Kind dann eh in der Schule lernen …)
- Wichtig ist auf allen politischen wie medialen Ebenen – etwa auch in den bildungsrelevanten Studien der OECD – nur eines: eine möglichst hohe Maturanten- und dann Akademiker-Quote. Was das Maturazeugnis, das Uni-Diplom aber noch qualitativ wert ist, wird hingegen so gut wie nie thematisiert.
Österreich leidet – ähnlich wie auch viele andere Länder Westeuropas – an einer kollektiven Bewusstseins-Deformation: Wir begreifen nicht mehr, dass wir als Gesellschaft, als Nation, als Europa in einem erbarmungslosen Wettbewerb liegen, wo Kuschelargumente nicht mehr zählen. Die entscheidende Ressource in diesem Wettbewerb ist vielmehr die Qualität von Bildung und Ausbildung (und nicht die pure Quantität der Absolventen). Und für diese Qualität ist wiederum die Ordnung und Disziplin des Unterrichts eine der absolut unverzichtbaren Voraussetzungen. Dass das ostasiatische Bildungssystem dem europäischen überlegen ist, hängt nicht nur mit dem höheren gesellschaftlichen Stellenwert für Bildung, sondern auch mit der strengeren Disziplin in den dortigen Schulen zusammen.
Daher wird es wenig helfen, wenn wir nur über Symptomkuren wie Sozialarbeiter und Time-Out-Klassen debattieren. Entscheidend wäre eine massive Stärkung der Position des Lehrers als Autoritätsperson – gewiss samt Verabschiedung unfähiger Lehrer – und eine Konzentration darauf, wo wir inhaltlich mehr tun müssten: von den Naturwissenschaften bis zu den Sprachen; von der Allgemeinbildung bis zur Notwendigkeit einer viel besseren Beherrschung des Deutschen in Wort und Schrift.
Wo bleibt etwa der Erregungssturm, dass die Deutsch-Matura völlig degeneriert ist? Von der einstigen Notwendigkeit, völlig frei ein vorgegebenes Thema mit Rotem Faden, nachvollziehbaren Argumenten und guter Sprache abhandeln zu können, ist sie zur heutigen Zentralmatura verkommen, wo seitenlange inhaltliche Vorgaben jeden Raum für geistige Kreativität abtreiben.
PS: Kluge Eltern haben längst begriffen, dass es von Schule zu Schule einen Riesenunterschied gibt. Dass man daher unbedingt intensiv prüfen sollte, in welche Schulen man seine Kinder schickt. Denn es gibt nach wie vor sehr gute, leistungsorientierte Häuser, aber es gibt auch immer mehr ideologische Kuschelschulen und Schulen, die ob eines zu hohen Ausländeranteils für bildungswillige Familien völlig unbrauchbar geworden sind. Diese Entscheidung ist freilich umso schwieriger geworden, als selbst die Wahl einer Privatschule keineswegs mehr – trotz des Schulgeldes – eine Garantie einer guten Entscheidung ist. Abschreckende Exempel sind etwa zwei katholischen Frauenorden unterstehende einstige Eliteschulen im 7. und 19. Bezirk (So sind beispielsweise aus dieser Döblinger Schule Klassen unter Führung eines Lehrers zum kollektiven Schwänzen im Zeichen der heiligen Greta geleitet worden, während in guten Staatsschulen sämtliche Schüler in den Klassen geblieben sind).
PPS: Bezeichnendes und ganz aktuelles Gegenbeispiel zum Notwehr-spuckenden Lehrer: In Linz hat jetzt ein türkischer Radfahrer einen Busfahrer beschimpft und bespuckt. Auch da gibt es Konsequenzen – aber diesmal nicht für den Spucker, sondern für den als Reaktion zuschlagenden Busfahrer. Man möchte in Österreich eher nicht Beamter sein, weil der Staat bis hinunter zu den Gemeinden hinter allen steht, nur nicht hinter seinen eigenen Beamten.