Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Der Vormarsch der Zweiklassen-Medizin

Österreich steuert auf einen veritablen Ärztemangel zu – obwohl wir überdurchschnittlich viele Ärzte haben. Dieses Paradoxon ist entstanden, weil das Problem immer nur aus sozialpolitischer, nie aus ökonomischer Perspektive angegangen worden ist. Aber in Wahrheit lässt es sich nur so lösen.

Denn die Ärzte suchen für ihre Berufsentscheidung die optimale Work-Life-Balance, also die beste berufliche und private Lebensqualität. Das lässt sie immer stärker den Weg eines "Wahlarztes" wählen, also eines Arztes, der sowohl seine Tarife wie auch seine Arbeitszeit wie auch die Menge der Patienten selbst bestimmt. Solange sie auf diesem Weg auch ausreichend verdienen (und insbesondere der immer größer werdende Anteil weiblicher Ärzte begnügt sich auf der Suche nach Teilzeitjobs mit deutlich geringerem Einkommen), wird ein immer größerer Anteil der Ärzte diesen Weg gehen.

Gleichzeitig strömen aber auch immer mehr Patienten zu ihnen. Stundenlange Wartezeiten in Spitalsambulanzen mit häufig gewordenen Konflikten unter Patienten und ihren Angehörigen und in Kassenarzt-Ordinationen mit Drei-Minuten-Medizin sind die Hauptursachen, warum Patienten zu den teuren Wahlärzten gehen, statt sich in den verstopften Kanälen der staatlichen Gratismedizin hinten anzustellen, obwohl sie diese mit ihren Sozialabgaben oft viel intensiver finanziert haben als viele der in den Wartesälen sitzenden Menschen.

Das alles ist eine völlig logische Konsequenz ökonomischer Anreize. Auch im Gesundheitssektor wiegt jeder Akteur nicht nur den Preis, sondern auch die Leistung gegeneinander ab.

Während Politiker in Bund, Ländern und Sozialversicherungen noch immer realitätswidrig behaupten, dass es keine Zweiklassenmedizin gäbe, gibt es diese längst. Und sie wächst immer mehr. Denn wenn es bei Kassa und Spitälern immer weniger Ärzte gibt (altersbedingte Pensionierungswellen werden das noch gewaltig verstärken), denn wenn Spitalsärzte laut einem neuen EU-Gesetz nicht mehr so lang arbeiten dürfen, sind die Folgen völlig klar. Es wird noch längere Wartezeiten geben, immer mehr Ärzte und Patienten werden ausweichen.

Dieser Trend wird immer weitergehen, solange man ihm nicht mit ökonomischen Mitteln begegnet: Also mit Wettbewerb unter den Versicherungen, mit Ärzte-Bezahlung auf Grund der Marktlage (und nicht als Ergebnis kollektivvertragsartiger Verhandlungen), mit Selbstbehalt bei jedem Besuch einer Ambulanz.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung