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Wozu haben wir eigentlich einen Verfassungsschutz?

Eine sehr löbliche Initiative der Bundesregierung macht zugleich ein katastrophales Versagen des BVT deutlich. Zwar steht dieses Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung seit Monaten im Mittelpunkt eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Aber dort hat keine einzige Partei das wirkliche Problem des BVT angesprochen oder gar herausgearbeitet.

Die Abgeordneten haben sich vielmehr überwiegend mit langweiligen Fragen wie jener befasst, ob der Abteilungsleiter X deshalb an Stelle des Konkurrenten Y bestellt worden ist, weil er dem jeweiligen Minister besser zu Gesicht gestanden ist. Was ja im Grund ganz natürlich wäre, und was überall der Fall ist, in der Privatwirtschaft noch mehr als im staatlichen Bereich.

Jeder Vorgesetzte will primär solche Leute unter sich haben, von denen er sich eine loyale Arbeit erwartet. Und diese Loyalität an Stelle von Querschüssen erwarten sich rote, schwarze, blaue Politiker halt immer in überdurchschnittlich hohem Ausmaß von Menschen, die der gleichen Partei nahestehen. Wer das bezweifelt, soll sich doch nur die Personalwahlergebnisse im Wiener Rathaus oder in der niederösterreichischen Landesregierung anschauen (oder im Ausland die personalpolitischen Konsequenzen eines Parteiwechsels in der Regierung) …

Ansonsten hat sich der Ausschuss praktisch nur mit der Hausdurchsuchung befasst, die Staatsanwaltschaft und ein Richter im BVT veranstaltet haben. Diese Durchsuchung war zweifellos ein überflüssiger Unsinn. Dies schon deshalb, weil sie auf läppischen Vorwürfen beruht hat, was sich eigentlich schon beim Einlangen der entsprechenden Anzeigen gezeigt hat. Aber dennoch war auch dazu der Ausschuss ein Ärgernis. Denn es ist nun einmal so, dass das Parlament verfassungsgemäß nicht befugt ist, die Entscheidungen eines unabhängigen Richters zu überprüfen.

Aber das hat nicht einmal der Justizminister als verfassungswidrigen Skandal begriffen, obwohl er neuerdings ständig das Wort "Rechtsstaat" in jedem Satz zweimal vorkommen lässt. Was er wohl deshalb tut, um dadurch den Eindruck zu erwecken, sein drohender eigener Abschuss als Minister wäre eine Bedrohung des Rechtsstaates (Dieser Minister hatte jetzt übrigens auch die unglaubliche Geschmacklosigkeit, bei der Eröffnung des Juristenballs am Höhepunkt des Faschings öffentlich gegen den Koalitionspartner zu hetzen; obwohl seit Generationen der jeweilige Minister bei dieser Gelegenheit immer nur nett-höfliche Sätze über das bevorstehende Tanzvergnügen gesagt hat).

Aber zurück von der Dummheit des Ausschusses und des Ministers zur jüngsten Absicht der Bundesregierung: Diese will eine neue Institution schaffen, die den politischen Islam ins Visier nehmen, Aufklärung und Grundlagenarbeit leisten, sowie konkrete Gefährdungen erkennen soll. Islamistische Organisationen sollen beobachtet werden, ebenso die Verbreitung integrationsfeindlicher Inhalte in Moscheen und islamistischen Strömungen im Bildungswesen.

Oder wie es Sebastian Kurz formuliert: "Die Politik ist dringend gefordert, unsere freie Gesellschaft vor dem politischen Islam und seinen Auswüchsen, wie dem Antisemitismus, zu schützen. Wir dürfen nicht wegsehen, wenn unsere Grundwerte wie Demokratie oder Gleichstellung offen abgelehnt werden." Es brauche entschiedenes Vorgehen im Bildungsbereich, in Moscheen und islamischen Vereinen.

Super. Klingt alles sehr lobenswert – ist aber eigentlich doch total erstaunlich. Denn das ist ja genau das, was sich der Staatsbürger als Hauptarbeit des Verfassungsschutzes erwartet hätte. Was hat der denn bisher getan? Nur nach alten Liederbüchern geschnüffelt? Worum wird das BVT nicht wenigstens jetzt aufgefordert, sich mit aller Kraft vor allem der Aufgabe zu widmen, alle Gefahren durch den Islam ins Visier zu nehmen? Sind diese doch heute die für Staat und Bürger zweifellos größten Gefährdungen. Oder sind die unfähig dazu?

Mit der Schaffung dieser neuen Stelle wird dem gesamten BVT massiv das Misstrauen ausgesprochen. Freilich zu Recht, wenn die nicht das alles schon ganz aus eigenem getan haben.

Aber dann bedeutet das: Es wäre eigentlich zwingend logisch, wenn man den Laden gleich ganz zusperren würde. Nur damit subalterne Beamte unter einem netten, aber schwer überforderten Chef gegeneinander intrigieren, brauchen wir dieses Amt nicht.

Eigentlich ist es unvorstellbar, dass sich in diesem Land bisher keine staatliche Institution für das interessiert hat, was sich in Moscheen und rund um sie abspielt. Das müsste man sich überall sehr genau anschauen, damit man jene Eiterherde herausfindet, die Menschen zur Radikalisierung verleiten, die die österreichische Rechtsordnung relativieren, die gegen die Gleichberechtigung von Frauen sind, die eine wörtliche Anwendung des Koran verlangen, die die Islamische Glaubensgemeinschaft eng an die Muslimbrüder herangerückt haben, die Jugendliche zur Abkapselung oder zum terroristischen Dschihadismus eines "Islamischen Staats" gebracht haben.

PS: Eigentlich wäre der Abgeordnete Efgani Dönmez ja der perfekte Mann, um diese Aufgabe zu leiten. Freilich ist der im Vorjahr von einem ahnungslosen ÖVP-Generalsekretär hinausgeschmissen worden …

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