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Warum die Regierung den ÖBBlern nicht nachgeben darf

Bei den ÖBB wird nächste Woche gestreikt. Das ist in den Augen vieler Österreicher so wie bei den Metallern; auch dort hat halt die Gewerkschaft ihre Muskeln zeigen und sich an der Regierung rächen wollen (weil diese den ÖGB beim Arbeitszeitgesetz als Papiertiger entlarvt hat). In Wahrheit ist das aber ganz etwas anderes. Während der Metall-Lohnkampf trotz allem ganz normales Ringen zwischen den Kollektivvertragsparteien gewesen ist, ist der Eisenbahnerstreik hingegen ein absoluter Skandal. Auch die bisher neutral abseitsstehende Regierung wird da in die Konfrontation hineingeraten. Sonst droht ihr nämlich ein Beamtenaufstand.

Zuerst zur Motivation der Eisenbahner. Die ist klar. Sie wollen ihren Ruf als starker Arm der Gewerkschaftsbewegung bestätigen – der vielleicht sogar der letzte starke Arm des ÖGB ist. Dieser ist ja verzweifelt bemüht zu beweisen, dass er trotz seines starken Schrumpfprozesses doch noch relevant ist. Deshalb hat der ÖGB ja schon vor dem Sommer wegen des ohne seine Erlaubnis beschlossenen Arbeitszeitgesetzes einen heißen Herbst angekündigt. Den kann und will er jetzt nicht gut absagen.

Zugleich weiß man auch beim ÖGB, dass die Streikaktionen der Metallarbeiter in der Vorwoche alles andere als eindrucksvoll gewesen sind. Nirgendwo ist wirklich die Arbeit ganz unterbrochen worden. Die Arbeiter haben sich nach übereinstimmenden Berichten aus den Betrieben zum Unterschied von den Funktionären keineswegs kampfeslustig gezeigt.

Daher schickt der ÖGB jetzt die ÖBBler als letztes Aufgebot an die Front. In der klaren Hoffnung, dass diese so wie einst sich noch immer als der starke Arm der Sozialdemokratie erweisen, dass sie einen Streik noch wirklich durchziehen können.

Nun ja, schauen wir mal.

Manche werden jetzt sagen: Die Metallarbeiter haben ja auch etwas erreicht mit ihrem Streik, das werden die Eisenbahner auch. Haben doch die Metaller einen Abschluss erreicht, der – wenn auch weit unter ihren ursprünglichen Forderungen –  mit fast 3,5 Prozent, wenn man alles einberechnet, doch deutlich über den Angeboten der Arbeitgeber liegt. 

Diese Interpretation ist aber ein Trugschluss. Die Arbeitgeber haben ja schon seit dem Sommer genau gewusst, dass die Gewerkschaft auf Streik gebürstet ist. Sie haben daher ihr letztes Angebot zurückgehalten, weil sie wussten, gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen gibt es sowieso. Als man dann nach diesen kurzen Aktionen der Gewerkschaft programmgemäß ein paar Zehntelprozent mehr geben konnte, steckte diese ebenso programmgemäß schnell ihre als stumpf entlarvten Waffen wieder weg.

Aber Metallarbeiter und Eisenbahner sind überhaupt nicht zu vergleichen. Der Metallindustrie geht es sehr gut. Sie macht Gewinne. Da gibt es logischerweise mehr Geld zu verteilen – das auch ohne Streik bei jenen Arbeitnehmern gelandet wäre, die man zum Verbleib im Betrieb motivieren will. Sind doch Facharbeiter gerade in der Metallbranche eine zunehmend gesuchte Spezies.

Den ÖBB hingegen geht es gar nicht gut. Statt guter Gewinne verursacht die Staatsbahn alljährlich ein Loch von gewaltigen fünf Milliarden Euro in der Staatskasse (nach anderen, alle zuordenbaren Ausgaben einbeziehende Berechnungen sind es sogar sieben Milliarden). Daher ist schon das jetzige Angebot der Bahn-Arbeitgeber von knapp über 3 Prozent extrem problematisch. Es muss eigentlich alle Österreicher verärgern, weil sie es letztlich zahlen werden.

Denn diese versprochene Lohnerhöhung liegt schon jetzt deutlich über jener der Beamten, die ein paar Tage davor mit 2,76 Prozent abgeschlossen haben. Ein höherer Abschluss der Eisenbahner ist daher für die 450.000 öffentlich Bediensteten empörend. Die 2,76 Prozent liegen zwar ebenfalls über der Inflationsrate, sind aber eben deutlich weniger, als den Eisenbahnern jetzt schon zugestanden worden ist.

Jeder Beamte wird sich nun angesichts dieser Differenz fragen: Warum eigentlich? Auch die Eisenbahner belasten ja so wie sie die öffentlichen Haushalte. Und auch die Eisenbahner stehen jetzt schon im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern exzellent da. Das hat man etwa gesehen, als es zum Zusammenschluss der Autobusse-Linien gekommen ist. Da zeigte sich in peinlicher Offenheit, dass die ÖBB-Chauffeure viel besser verdienen als die anderen.

Sollte es jetzt aber als Folge der Streiks gar noch mehr Geld für die Eisenbahner geben, dann würde der Zorn der Beamten in bedrohliche Ausmaße anschwellen. Die Tätigkeit eines Lehrers oder Polizisten oder Gefängniswärters ist gewiss nicht angenehmer als die eines Eisenbahners. Daher könnte der jetzt gleichsam noch schlummernde Zorn dann endgültig explodieren.

Daher ist die Regierung gut beraten, keinesfalls zusätzliches Geld für die ÖBB locker zu machen. Zumindest wenn sie nicht will, dass der angedrohte heiße Herbst wirklich heiß wird.

Natürlich gibt es noch eine andere Möglichkeit, wie die Forderungen der ÖBBler (und die der zahlenmäßig marginalen Angestellten anderer Bahnbetriebe) erfüllt werden können: Man schnalzt einfach die Ticketpreise in die Höhe. Dann zahlen halt die Konsumenten den Preis. Aber in diesem  Fall sind dem ÖGB die Konsumenten plötzlich völlig wurscht, deren Anliegen er sonst so oft zu vertreten behauptet.

Da die ÖBB noch immer auf vielen Strecken ein Monopol hat, kann sie die höheren Preise auch locker durchsetzen. Denn die Menschen haben ja oft keine Alternative. Seit grün geprägte Stadtverwaltungen eine ideologisch heiß aufgeladene Schlacht gegen das Auto führen, haben sie  noch weniger Alternativen.

Ist da die Regierung, sind die Bundesländer aber wirklich machtlos gegen die Bahn-Gewerkschaft und einen politischen Streik? Nein, keineswegs! Sie müssten nur endlich die wirklich entscheidende Karte gegen den Monopol-Betrieb ÖBB ziehen: Sie müssten endlich zügig einen echten Wettbewerb auf der Schiene ermöglichen.

Diesen gibt es bis jetzt nur auf ganz wenigen Strecken durch zwei dynamische Privatunternehmen: auf der Westbahn vor allem und auf der Route nach Prag. Auf etlichen anderen Fernstrecken wiederum sind private Buslinien eine sehr effektive Konkurrenz geworden.

Auf diesen Routen, wo es Konkurrenz gibt, ist Bahnfahren plötzlich viel billiger geworden. Wo anders ist die Staatsbahn teuer geblieben, oder noch teurer geworden. Dabei ist überhaupt nicht einzusehen, warum beispielsweise die Reise mit dem ÖBB-CAT zwischen Wien und dem Wiener Flughafen 11 Euro kostet (und das auch nur im Vorverkauf), während man mit einem privaten Anbieter schon sehr komfortabel um 15 Euro bis nach Prag gebracht wird. Der einzige Unterschied: Da gibt es Wettbewerb, dort nicht.

Sobald es Konkurrenz gibt, werden auch die ÖBB sofort billiger. Und besser (man vergleiche etwa die Waggons auf den Strecken, wo es Konkurrenz gibt).

Daher ist es völlig unverständlich, dass die Politik, insbesondere auch die der Bundesländer, das ÖBB-Monopol eisern bis zum letzten verteidigt. Sie tut dies offenbar solange, bis sie EU-rechtlich gezwungen sind, aufzumachen (das ist übrigens eines der eindeutigen Positiva des EU-Binnenmarktes, also einer klassischen Aufgabe der EU).

Dabei hätten die Bundesländer sowohl im eigenen Interesse wie dem der Bahnfahrer längst freiwillig die Türen für den Wettbewerb auch auf den weniger frequentierten Strecken öffnen müssen. Zwar braucht es auf vielen dieser Strecken einen Zuschuss der öffentlichen Hand, während dieser auf den viel befahrenen Strecken wie zwischen Wien und Salzburg nicht notwendig ist. Auf weniger befahrenen Strecken würde ohne solchen Zuschuss ja niemand fahren.

Aber auch auf den Zuschuss-Strecken ist belebender Wettbewerb möglich: zumindest bei der jährlichen Vergabe. Man macht eine ordentliche Ausschreibung, mit der man jenes Bahnunternehmen herausfindet, das mit dem geringsten Zuschlag aus Steuermitteln die geforderte Verbindung herstellt, das also etwa bereit ist, soundso viele Züge am Tag auf dieser Strecke zu führen.

Das jetzige Verhalten der Gewerkschaften sollte daher ein zusätzlicher Anlass für die Politik sein, statt sich vor den Eisenbahnern zu fürchten, diesen Ausschreibungsprozess zügig zu beginnen, und ebenso zügig die noch immer vorhandenen Eisenbahner-Privilegien zu streichen. Im eigenen Interesse und in dem der Passagiere.

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