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Zehn Gründe, warum Kern gehandelt hat – zehn Gründe, warum das für die SPÖ fatal ist

Auch wenn längst niemand mehr in der SPÖ mit Christian Kern in die nächsten Nationalratswahlen gehen wollte, ist es für die Partei absolut katastrophal, WIE Kern jetzt aus heiterem Himmel seinen Rückzug angekündigt hat. Am schlimmsten dabei ist, dass er zugleich selbstherrlich und ohne demokratischen Anschein ankündigt, für die SPÖ als Spitzenkandidat in die Europawahlen gehen zu wollen. Diese Entwicklung ist für die ganze Partei fatal. Für Christian Kern selbst ist sein Verhalten aber aus ganz persönlicher Perspektive und Interessenlage absolut logisch.

Und zwar gleich aus mehreren Gründen:

Die Beweggründe Kerns

  1. Für einen so machtbewussten und eitlen Menschen wie ihn war die Perspektive unerträglich, jetzt vier frustrierende Jahre als machtloser Oppositionschef durch die Lande tingeln zu müssen. Das hatte er sich ganz anders vorgestellt, als er von der sicheren (und konkurrenzfreien) Stellung eines ÖBB-Generaldirektors in die prestigeträchtige Position eines Bundeskanzlers gewechselt ist. Jetzt ist er beides los. Nach einem so tiefen Sturz geht die innere Motivation völlig verloren.
  2. Das ist ein ganz ähnlicher psychologischer Vorgang wie beim Neos-Chef Matthias Strolz. Auch bei dem war die frustrierende Oppositionsperspektive dominierendes Motiv für den Abgang (nur hat es Strolz eindeutig geschickter angestellt als Kern; er hat den Anschein gewahrt, dass die Partei entscheidet, – und doch zugleich seine eigenen Vorstellungen komplett durchgebracht).
  3. Kern hat sich schon als Regierungschef durch persönliche Konfrontationspolitik jede Möglichkeit eines Dialogs mit Sebastian Kurz geraubt. Daher kann er jetzt mit diesem auch nicht mehr dealen, um so vielleicht doch noch politische Restmacht zu behalten. Die Taktik "Ich bringe in bestimmten Fragen eine Verfassungsmehrheit, und ihr erfüllt im Gegenzug auch mir einige Wünsche" hat sich Kern selbst verschlossen. Diese Taktik kann frühestens erst ein Nachfolger einsetzen. Das hat Kerns Frustration und Abgangssehnsucht naturgemäß noch weiter erhöht.
  4. Der Wechsel – die Flucht – ins EU-Parlament bedeutet für Kern hingegen eindeutig die Perspektive, im Gegensatz zu Wien irgendwie mitgestalten zu können. Denn dort können alle größeren Fraktionen durch wechselnde Koalitionen relevant werden.
  5. Er hat durch die nicht abgesprochene Erklärung des Rücktritts zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt die letzte Möglichkeit gesehen, selbst Akteur zu sein, um nicht als Getriebener dazustehen. Das ist für sein eigenes Selbstwertgefühl natürlich wichtig.
  6. Kern macht sich zweifellos auch Hoffnung, nicht nur österreichischer, sondern auch europäischer Spitzenkandidat der Sozialdemokratie zu werden, womit auch die – recht theoretische – Hoffnung verbunden ist, EU-Kommissionspräsident zu werden. Kern ist in den letzten Monaten eifrigst und ohne viel Medienbegleitung durch Europa gereist, um sich dafür in Stellung zu bringen. Er hat freilich bisher niemanden in der europäischen Sozialdemokratie gefunden, der ihn öffentlich vorschlagen würde, weshalb er das jetzt indirekt selber getan hat.
  7. Kern musste aktuell vor allem den geplanten SPÖ-Parteitag fürchten. Dort hätte er mit Sicherheit eine Streichorgie erlitten, selbst wenn es keinen Gegenkandidaten gibt. Die SPÖ-Funktionäre haben die psychologisch verständliche Sehnsucht, irgendwen für die katastrophale Wahlniederlage, die innere Spaltung und die totale Perspektivenlosigkeit der Partei zu bestrafen. In einer solchen Situation ist natürlich immer der Parteivorsitzende das Ziel.
  8. Als EU-Spitzenkandidat hat sich Kern hingegen in Hinblick auf den Parteitag Chancen auf den üblichen Unterstützungsreflex der Parteikader ausgerechnet. Diese scharen sich ja traditionell immer hinter den Spitzenkandidaten – auch wenn sie ihn nicht ausstehen können.
  9. Kern hat aber nicht nur den Parteitag, sondern auch den unmittelbar bevorstehenden Prozess gegen den Herrn Fußi fürchten müssen, der ja sein eigener Redenschreiber und Berater gewesen ist. Fußi hatte jene Frau, durch die der halb kriminelle Fälschungsskandal um den Herrn Silberstein – also einen weiteren Berater Kerns – bekannt geworden ist, mehrfach massiv bedroht. Das müsste eigentlich bei jedem unabhängigen Richter zu einer glatten Verurteilung führen. Die Sache könnte daher noch ziemlich grauslich für Kern werden, der da ja vermutlich als Zeuge antreten wird müssen. Da ist es irgendwie logisch, wenn man sich selbst ein wenig aus dem Schussfeld zu nehmen versucht.
  10. Noch grauslicher droht eine andere, wenige Stunden vor der Rücktrittsankündigung bekannt gewordene Affäre zu werden. Kerns Vorvorgänger Alfred Gusenbauer ist mitten in die Ermittlungen der amerikanischen Justiz geraten. Und die ist bekannt dafür, Politiker nicht mit solchen Samthandschuhen anzugreifen, wie es die hiesige Staatsanwaltschaft (zumindest bei roten und grünen Politikern) tut. Gusenbauer war offenbar jahrelang – gegen eine Riesengage! – zusammen mit dem polnischen Exkommunisten Kwasniewski heimlicher Agent für den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch. Dieser war wiederum eine Marionette Moskaus. Das muss man sich vorstellen: Knapp nach der Riesenaufregung der SPÖ und ihrer Medien wegen eines völlig harmlosen, maximal koketten Knickses der Außenministerin nach einem Tanz mit dem russischen Präsidenten wird bekannt, dass ein hochrangiger SPÖ-Mann de facto russischer Agent gewesen ist. Das ist eine absolute Katastrophe. Auch deswegen ist es irgendwie logisch, wenn sich Kern selbst ein wenig aus dem Schussfeld zu nehmen versucht.

Der Großschaden für die SPÖ

Subjektiv, egoistisch gedacht ist also ziemlich klar, warum Kern so zu handeln versucht hat. Objektiv gesehen hat er es aber auf die absolut blödeste und ungeschickteste Art getan. Es ist schlicht Stümperei, erst einen Tag vor einer Sitzung der EU-Sozialdemokraten in den Ring zu treten. Damit hat er seine Reputation in der internationalen Sozialdemokratie und seine Chancen auf eine EU-weite Kandidatur nicht gerade befördert. Für die eigene Partei ist das Vorgehen Kerns überhaupt ein Gau, der größte vorstellbare Schaden, der sie in vielerlei Hinsicht zum Gespött macht:

  1. Es ist für einen noch immer so machtbewussten Parteiapparat absolut unerträglich, dass selbst SPÖ-Spitzenleute intern vorher keine Silbe davon erfahren haben. Diese sind vielmehr den Medien ganz blöd und ahnungslos gegenübergestanden, die schon Stunden vorher informiert worden waren (wenn auch nur halbrichtig, so etwa mit der schwachsinnigen Information, Kern würde nach seinem Rücktritt zu Gazprom gehen). Der niederösterreichische Landesparteiobmann Schnabl hat zum Beispiel noch Stunden nach Bekanntwerden der Wochenzeitung NÖN gegenüber einen Rücktritt Kerns als "Erfindung der ÖVP" bezeichnet. Das ist peinlich zur Potenz.
  2. Kern hat von der Partei im Grund verlangt, ihn wieder zum Vorsitzenden zu wählen, obwohl er schon vor der Wahl ankündigt, dass er im kommenden Jahr zurücktritt. Wenigstens diese Zumutung haben ihm die Landesparteichefs dann in den Nachtstunden offensichtlich wieder zurückgeschmissen.
  3. Kern hat damit gegen alle parteiinternen Usancen verstoßen, indem er den Parteigranden jede Chance genommen hat, hinter den Kulissen in aller Ruhe über einen Nachfolgekandidaten nachzudenken.
  4. Wer auch immer jetzt aus dem Hut gezaubert wird (Bures? Drozda? Schieder? Doskozil? Katzian? Rendi-Wagner?), muss damit rechnen, dass die Partei jetzt etliche Vorsitzende verbrauchen wird, bevor sie sich vielleicht wieder fängt. So ist es jedenfalls fast allen Parteien gegangen, die eine scheinbar ewige Machtposition plötzlich und deutlich verloren haben. Jeder weiß, dass er sich in den nächsten Jahren in frustrierender Oppositionsarbeit abmühen wird müssen, und dass in der SPÖ jetzt die einzigen echten Kraftzentren neben ÖGB und Arbeiterkammer die drei Landeshauptleute sind. Vor allem ahnt jetzt schon jeder, dass die SPÖ mit Peter Kaiser in die nächsten Wahlen gehen dürfte. Der aber denkt in den nächsten Jahren nicht daran,  den Landeshauptmann-Sessel in Kärnten aufzugeben, wo er ja den größten SPÖ-Wahlsieg der letzten Jahre geschafft und beide Rechtsparteien mit großem Erfolg gedemütigt hat. Schon die alten Römer wussten: Lieber Erster in Gallien als zweiter in Rom.
  5. Rudi Fußi, der größte Sargnagel für Partei wie Kern, hat zumindest einmal mit einem Satz recht: "Man wird erst nach dem Abgang Kerns sehen, wie kaputt diese einst so stolze Partei ist."
  6. Für eine Partei ist es unerträglich, wenn sich da jemand hinstellt und, ohne mit irgendjemandem gesprochen zu haben, einfach im Indikativ sagt, dass er der Spitzenkandidat bei der Europawahl sein wird. Er hat das also als fix kommuniziert, nicht bloß als Wunsch. Da ist nicht einmal mehr ein Keuschheitsgürtel an scheindemokratischem Verhalten vorgehalten worden.
  7. Kern verkündet seinen Rücktritt ausgerechnet an jenem Tag, da der von der Regierung links liegengelassene Gewerkschaftsbund neuerlich zum Großkampftag gegen Schwarz-Blau bläst. Der als Folge natürlich medial total untergeht. Damit hat er sich auch bei diesem wichtigen SPÖ-Flügel nicht gerade Freunde gemacht.
  8. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich jetzt der tiefe Spalt in der SPÖ erst so richtig auftut, wenn man nicht ganz schnell einen Kompromisskandidaten aus dem Hut zu zaubern imstande ist, von dem man hofft, dass er den Spalt übertünchen kann. Das kann freilich nur eine völlig farblose Person aus dem Apparat sein, die bisher mit keinen kantigen Aussagen aufgefallen ist. Auf der einen Seite dieses Spalts quer durch die SPÖ stehen in wilder Entschlossenheit die linken Ideologen und Dogmatiker. Auf der anderen ebenso wild entschlossen die rechten Pragmatiker, die erkannt haben, dass die Sozialdemokraten mit ihrer "Welcome"-Politik den größten Fehler ihrer Geschichte begangen haben (Das hatte sogar Werner Faymann am Ende seiner Amtszeit begriffen – worauf er freilich vom linken Parteiflügel sofort gestürzt worden ist).
  9. Das Chaos in der Partei ist so groß, dass im Gegensatz zur abendlichen Kern-Ankündigung in der Nacht offensichtlich schon wieder etwas anderes beschlossen worden ist. Die SPÖ will nun doch schon heuer einen neuen Vorsitzenden finden. Und nicht, wie Kern geplant hatte, erst kommenden Sommer nach der EU-Wahl. Jedoch gibt es keinerlei definitive Kommunikation der Parteispitze, was jedes Mitglied tief verärgern muss. Zumindest zur Stunde weiß man nicht einmal, ob und wann es jetzt einen SPÖ-Parteitag geben wird.
  10. Und das Allerschlimmste: Weit und breit will niemand die Partei übernehmen, überall hört man aus der SPÖ nur Absagen oder Gründe des jeweils anderen Parteiflügels gegen einen potenziellen Kandidaten. Aber nirgendwo zeigt sich eine starke Bewegung oder gar ein Konsens für einen Kandidaten. Insofern gleichen die Sozialdemokraten ganz den grünen Parteien, wo sich auch jeweils nur Verlegenheitskandidaten für die Parteiführung angeboten haben. Das ist ein ziemlicher Kontrast zur Geschichte der ÖVP in der letzten Dekade. Dort ist bei jedem Rücktritt der Nachfolger schon festgestanden (der oft auch schon davor parteiintern Truppen gegen den amtierenden Parteichef unter den Unzufriedenen Truppen gesammelt hat: Josef Pröll gegen Molterer, Spindelegger gegen Pröll, Mitterlehner gegen Spindelegger, Kurz gegen Mitterlehner). Der Nachfolger hat dann zumindest kurzfristig immer eine Zeitlang durchaus reüssiert. Das spricht für die ÖVP-Usancen. Freilich hat die ÖVP auch keinen so verknöcherten ideologischen Flügel wie die SPÖ.

Das Kern-Doskozil-Kaiser-Papier

Das vor wenigen Tagen präsentierte SPÖ-Papier der drei bisher mächtigsten SPÖ-Männer zum lange verdrängten und gemiedenen Thema Migration, das Kern als seinen letzten Erfolg hinstellt, entpuppt sich beim Hineinschauen maximal als müder Versuch, zum wichtigsten politischen Thema endlich irgendetwas zu sagen. Aber es sind wieder nur hohle Phrasen zustandegekommen. Und mit solchen alleine kann man maximal in linken Medien müden Applaus auslösen, aber keinen einzigen Wähler zurückgewinnen.

Schon die von Kern präsentierte Zentralthese zeigt das Herumgerede: Es gehe darum, Zuwanderung zu begrenzen und im Verfahren gescheiterte Asylwerber in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. Mein Gott, wie neu! Hat doch selbst in der SPÖ seit langem niemand mehr eine unbegrenzte Zuwanderung verlangt. Geht es doch längst darum, die illegale Zuwanderung ganz zu begrenzen.

Und zum "Zurückführen" abgelehnter Asylwerber in ihre Heimat äußert die SPÖ keinen einzigen konkreten Gedanken, wie das über das schon in rot-schwarzen Zeiten praktizierte Ausmaß hinaus gelingen soll. Vor allem führt die jetzige Regierung doch jetzt schon eine deutlich größere Zahl Migranten zurück, als es früher unter Kern gelungen war (was von vielen SPÖ-nahen NGOs wiederum heftig kritisiert wird …). Die SPÖ und ihre europäischen Gesinnungsfreunde verhindern jeden (etwa durch Sanktionen und Streichung von Entwicklungshilfe) effektiven Druck auf Drittweltländer, einer Rücknahme zuzustimmen. Die SPÖ beschwört sogar neuerlich die "Einhaltung von Menschenrechts- und Flüchtlingskonvention", obwohl völlig klar ist, dass viele linke Richter unter angeblicher Berufung auf diese Konventionen die Abschiebung eines Gutteils der Migranten verhindert haben. Obwohl Dinge wie Drogendealen oder (angebliche) Homosexualität keineswegs als Asylgründe in diesen Konventionen stehen.

Um die Dinge noch schlimmer zu machen, bekennt sich die SPÖ sogar noch zu Asylanträgen, die man direkt in europäischen Botschaften in jenen Ländern stellen kann, aus denen man angeblich fliehen muss. Die SPÖ will also sogar noch einen zusätzlichen Weg der Migration nach Europa öffnen!

Und am schlimmsten sind die in den letzten Tagen gefallenen Äußerungen des (natürlich knallroten) Wiener Stadtschulratspräsidenten zum Thema Islamisierung: Er hat es trotz der lauten Alarmrufe von immer mehr Lehrern ausdrücklich abgelehnt, über den Islam auch nur zu reden. Dabei ist dieser längst zum Hauptproblem in vielen städtischen Schulen geworden. Er darf aber laut SPÖ auch weiterhin nicht als solches genannt werden.

PS: Es ist absolut faszinierend zu sehen, wie sich absolut die gesamte Oppositionslandschaft im ersten Jahr nach der Wahl völlig atomisiert hat. Bei Grünen, Pilzen, Neos und Sozialdemokraten ist überall der Parteichef des Wahltags Vergangenheit. Alle vier Linksparteien sind ein Trümmerhaufen oder bestenfalls  eine Baustelle, trotz der eifrigen Unterstützung durch ORF und die Mehrheit der Journalisten. Das gibt der Regierung ein Jahrhundertfenster, einmal wirklich zu regieren.

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