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Idlib: Aggressive Diktatoren schreiten zur Vernichtungsschlacht

Um die syrische Region Idlib hat eine Schlacht begonnen, die zur blutigsten des – bisher im Grund ja sehr friedlichen – 21. Jahrhunderts zu werden droht. Wäre das nicht angesichts der vielen bedrohten Zivilisten und der drohenden Fluchtwelle ein humanitäres Desaster, so wäre man fast versucht, den Entwicklungen mit zynischer Gleichgültigkeit zuzuschauen. Denn auf beiden Seiten der Schlacht sind letztlich nur üble, gefährliche, ja verachtenswerte Akteure aktiv, denen man eigentlich allen gleichzeitig einen gehörigen Dämpfer wünschen müsste.

Es gelingt hingegen weder links- noch rechtsradikalen Verschwörungstheoretikern trotz krampfhafter Bemühungen, irgendwie glaubhaft die Europäer, die Amerikaner oder Israelis zu den Schuldigen an dieser Schlacht zu stempeln. Zwar haben sich anfangs einige europäische Staaten hinter die Ansätze einer demokratischen Revolution in Syrien gestellt. Aber diese Ansätze sind längst – angesichts des Bedeutungsloswerdens der angeblich demokratischen Kräfte – einer Rückkehr des totalen Desinteresses Europas am Nahen Osten gewichen (dieses Desinteresse wird nur gelegentlich von diversen Linken durch Beschimpfungen Israels unterbrochen).

Die Europäer sind nicht einmal bereit, die USA beim Versuch zu unterstützen, den Einsatz von Giftgas in Idlib – durch Androhung einer Bestrafung potenzieller Übeltäter – zu verhindern. In Europa, vor allem in dem politisch in vielerlei Hinsicht verkommenen Deutschland, glauben ja wirklich viele, dass man Kriege und schwere Menschenrechtsverletzungen durch Resolutionen, Appelle und regierungsfinanzierte Kampagnen "gegen rechts" verhindern kann.

In Deutschland erregt sich die medial und politisch tonangebende Linke ernsthaft nur über ein Video unklarer Herkunft, das ein paar Sekunden lang zeigt, wie ein unbekannter Mensch einem anderen Unbekannten nachläuft, ohne ihn zu erwischen. Daraus wurden von der Bundeskanzlerin bis zum ORF in tagelangen verlogenen Katastrophenmeldungen rechtsextremistische "Hetzjagden" und "Gewalttaten" gemacht, obwohl es nicht einmal einen einzigen Verletzten gegeben hat. Ganz im Widerspruch zu den Berichten aller befassten Polizei-, staatsanwaltschaftlichen und Verfassungsschutz-Behörden.

Aber zurück von der deutschen Borniertheit zu den wirklich verbrecherischen Akteuren in Syrien.

Auf der einen Seite stehen:

Islamistische Banden (Milizen): Sie haben in den letzten Jahren grässliche Gräuel gegen die Zivilbevölkerung, gegen Christen, Jesiden, Schiiten, Kurden begangen. Zu ihnen zählt der "Islamische Staat", Al-Kaida und viele andere angeblich oder wirklich islamisch angetriebene Banden, deren genauen Strukturen ständig fließen und selbst Geheimdiensten verschlossen bleiben. Was aber letztlich egal ist. Denn sie sind in Summe wie jede totalitär-gewalttätige Bewegung vom Nationalsozialismus bis zum Kommunismus eine unerträgliche Pest, mit der man keine Sekunde einen Kompromiss eingehen darf, deren Herrschaft extrem gefährlich und daher scharf abzulehnen ist.

Die Türkei. Sie ist zum alten osmanischen Imperialismus-Denken zurückgekehrt und versucht, Territorien außerhalb ihres Staatsgebiets zum eigenen Einflussbereich und Glacis zu machen. Die Türkei hat die Verbrechen der syrisch-irakischen Dschihadisten überhaupt erst möglich gemacht, mit ihnen Handel getrieben, ihnen Waffen und Menschen-Nachschub ermöglicht (all die Tausenden radikalisierten Moslems aus der EU, die in den "Dschihad" gereist sind, konnten das ja völlig problemlos via Türkei tun).
Die Türkei war aber darüber hinaus eindeutig auch durch das Ziel motiviert, den radikalen Sunniten zum Sieg gegen Schiiten, Alewiten, Christen und alle anderen Gruppen zu verhelfen. Sie hat sich in der grenzenlosen Dummheit ihres Diktators Erdogan freilich dennoch nicht abhalten lassen, willkürlich europäische und amerikanische Staatsbürger unter läppischen Vorwürfen zu verhaften. Als Folge steht sie heute international total isoliert da.

Katar und einige andere finanzkräftige sunnitische Zentren haben etliches zur Finanzierung der Dschihadisten beigetragen. Wieviel davon heute noch fließt, ist aber unklar.

Nicht mehr zu den Verbündeten der Dschihadisten zählt Saudi-Arabien. Dieses hat unter dem Einfluss von Donald Trump einen Politikwechsel vorgenommen und die einstige Unterstützung fundamentalistischer Gruppen total eingestellt. Entscheidend dafür war der neue starke Mann und Thronfolger Mohammed bin Salman. Er erkennt heute Israels Existenzrecht an, bekämpft den Iran und will sein Land durch vorsichtige Liberalisierungsschritte modernisieren (Frauen-Autofahren usw.). Diese Wende ist zweifellos zusammen mit der Stabilisierung Ägyptens die erfreulichste Entwicklung im ganzen Nahen Osten.

Auf der anderen Seite stehen:

Die syrische Zentralregierung unter Diktator Assad. Sie ist rein völkerrechtlich eindeutig die legitimierte Staatsgewalt in Syrien. Sie hat aber durch eine Fülle schwerer und über Jahre gehender Menschenrechtsverbrechen bis hin zum wiederholten Gifteinsatz gegen die eigenen Bürger jede moralische Legitimität verspielt. Auf der anderen Seite war sie im religiösen Sinn tolerant: In Assads Syrien können Christen und alle anderen ihrem Glauben ungehindert nachgehen, solange sie nicht politisch kritisch aktiv werden. Assad hatte den Bürgerkrieg allerdings schon fast verloren, bevor er durch Iran und Russland gerettet worden ist.

Iran:, Der Schiitenstaat hat durch die sogenannten Revolutionsgarden intensiv in Syrien eingegriffen. Diese unterstehen nicht der gewählten Regierung in Teheran, sondern direkt den steinzeitlich gesinnten Ayatollahs. Diese wiederum sind eindeutig vom schiitischen Antagonismus gegen die Sunniten getrieben.
Ein weiteres Motiv Irans für sein Eingreifen ist sein jahrtausendealter imperialistischer Drang. Dieser sorgt heute ja auch vom Jemen bis zum Libanon und Gazastreifen in hohem Ausmaß für Kriege. Iran versucht auch, alle anderen islamischen Länder an martialischer antiisraelischer Rhetorik zu übertreffen. Iran hat überdies (in Vorbereitung eines Krieges mit Israel?) seine atomaren Fähigkeiten nicht in einem befriedigenden Ausmaß reduziert.

Russland: Das Reich Wladimir Putins hat mit Bombenangriffen auf Stellungen in Idlib die Schlacht eröffnet. Man kann den Russen zwar zugute halten, dass sie auf jener Seite eingreifen, die insbesondere den noch im Nahen Osten verbliebenen Christen hilft. Aber dieses Motiv ist für Moskau nur propagandistisch wichtig.
In Wahrheit ist etwas ganz anderes entscheidend. Das ist vor allem der auf das Sowjetreich und letztlich auf die Zarenzeit zurückgehende russische Großmachtimperialismus. Dieser ist neu erwacht und hat in den letzten Jahren von Georgien bis zur Ukraine wieder Gebiete fremder Staaten erobert.
Es ist derselbe expansive Imperialismus, der auch eine entscheidende Rolle beim Ausbruch des 1. Weltkriegs gespielt hat. Russland wollte damals via Serbien den direkten Zugang zum Mittelmeer. Den hat es auf dem Balkan zwar bis heute nicht. Dafür erkämpft es jetzt einen ebenbürtigen Ersatz: einen großen Marinestützpunkt an der syrischen Küste.
Zusätzlich ist in Moskau auch noch ein psychologisches Motiv wirksam: Für Wladimir Putin war der Zerfall der Sowjetunion, der Verlust der Satellitenstaaten in Ostmitteleuropa und das Zusammenkrachen des Kommunismus das größte Trauma seines Lebens. Ihn treibt daher das Ziel einer Rückeroberung der einstigen Wichtigkeit einer Supermacht.
Dieses Trauma ist durch völlig unnötige Stänkereien insbesondere eines Barack Obama noch vergrößert worden. So hat Obama die Russen dadurch gedemütigt, indem er sie als bloße "Regionalmacht" verspottet hat. So dumm das auch war, so wenig rechtfertigt es freilich irgendwelche kriegerischen Aktivitäten, um sich für solche (bis heute durch den US-Kongress fortgesetzten!) Demütigungen zu rächen.

Dazwischen steht:

Eine nicht genau bezifferbare, aber mehrere Millionen ausmachende Zivilbevölkerung, die zum guten Teil aus Flüchtlingen besteht. Sie wird nun wehrloses Opfer der Schlacht, da die Dschihadisten die meisten Stellungen in dicht besiedelten Gebieten haben. So sehr man mit dieser Bevölkerung Mitleid haben muss, so klar ist auch: Viele der Flüchtlinge sind an der Seite der Dschihadisten nach Idlib geflohen. Sie identifizieren sich also offensichtlich in hohem Ausmaß mit diesen. Offen mag bleiben, ob sie dadurch auch Mitverantwortung für die Verbrechen der Dschihadisten tragen.

Kurden: Wenn man so will, steht auch das relativ große kurdische Gebiet im Nordosten "zwischen" den Fronten. Im durch die USA geicherten Kurdengebiet geht es seit etlichen Jahren in Hinblick auf Toleranz, Rechtsstaat und Funktionieren der Verwaltung relativ am erfreulichsten zu. Offen ist freilich, ob sich nach der Entscheidung in Idlib nicht die syrische Zentralregierung und/oder die Türkei mit voller Aggressivität auf die Kurden als nächstes Opfer stürzen werden.

Was wäre eine friedliche Lösung?

Eine friedliche Lösung ist nicht in Sicht, ja nicht einmal theoretisch vorstellbar. Denn die Zehntausenden bewaffneten Dschihadisten werden bis zum Letzten kämpfen, selbst wenn die Türkei als letzte Unterstützung wegfallen sollte. Was Erdogan aber ohnedies nicht vorhat.
Wegen der großen Gefahr, die von diesen fanatischen Islamisten ausgeht, kann man nicht einmal guten Gewissens vorschlagen, dass halt auf dem kleinen Fleckchen Idlib ein autonomes sunnitisches Gebiet entstehen sollte. Denn mit absoluter Sicherheit wäre das dann ein ewiges Zentrum für terroristische und dschihadistische Aktivitäten in aller Welt.

Andererseits wird es nicht gelingen, alle Dschihadisten dingfest zu machen. Tausende werden untertauchen und als "Flüchtlinge" nach Europa gelangen – wenn sie nicht überhaupt einst von dort gekommen sind und als EU-Bürger untertauchen können.

Als Beweis, wie radikal die Idlib-Dschihadisten nach wie vor sind, sei an ein kleines, militärisch irrelevantes christliches Dorf knapp außerhalb des Idlib-Gebietes erinnert. Es wurde erst diese Woche völlig anlasslos von den Dschihadisten überfallen; dabei wurden neun Menschen umgebracht.

PS: Die Reaktion auf diesen Überfall ist übrigens auch bezeichnend für die derzeitige Führung der christlichen Kirchen. Es gab nämlich gar keine Reaktion. Der Papst "rettet" offensichtlich lieber Moslems. Und noch weniger gab es eine Reaktion der europäischen Mainstreammedien, für die offensichtlich nur noch Taten berichtenswert sind, wo Moslems Opfer angeblicher Hetzjagden sein könnten.

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