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Wir forschen – und finden zu wenig

Es ist ein merkwürdiges Missverhältnis: Österreich liegt bei den Forschungsausgaben weltweit im absoluten Spitzenfeld. Bei allen Innovationsrankings, überall dort, wo dann Forschung angewendet auch Ertrag bringen soll, liegt das Land aber deutlich zurück. Schade. Aber woran liegt das? 

Man vergleiche Österreich mit den Regionen der großen Dynamik: Das sind neben Ostasien mit seinem drillartigen Schulsystem vor allem die USA. Es sind nicht die Gene, die junge Österreicher abhalten, in der Garage ein neues Google, Facebook oder Windows zu entwickeln. Aber viele kommen gar nicht auf die Idee, dass man es außerhalb des Hochdienens in großen Strukturen auch auf eigene Faust probieren könnte.

Sie werden in Europa von einem immer schlimmeren Wust an Regulierungen – letzter Tiefpunkt: die Datenschutzverordnung – gehindert, das Potential ihres geistigen Motors auf die Straße zu bringen. Man denke auch an den Gegensatz zwischen dem explosiven Wachsen von Weltkonzernen aus der Garage heraus auf der einen Seite und einer Gewerbeordnung auf der anderen, bei der man alle möglichen Fähigkeiten nachweisen muss, bevor man unternehmerisch aktiv werden darf. Ich bin mehrmals daran gescheitert, Amerikanern überhaupt zu erklären, was Gewerbeordnung eigentlich ist. Sie antworten immer: Warum lasst ihr nicht einfach den Markt entscheiden, ob eine unternehmerische Idee gut ist?

Es wäre zwar zu kurz gegriffen, die Österreicher einfach genetisch als Volk von Denkern und Musikern, aber schlechten Unternehmern abzutun. Aber ebenso eindeutig ist, dass jeder völlig unproduktive Professor ein höheres Sozialprestige hat als der tollste Unternehmer. Noch folgenreicher ist die in Europa und speziell Österreich viel höhere Steuerbelastung. Als Folge all dessen können junge Start-Ups hierzulande mit viel weniger mutigem Risikokapital rechnen.  

Viele der alljährlichen Tausenden jungen Österreicher, die dauerhaft auswandern – es gibt ja nicht nur die Immigration –, hätten gerade zu den dynamischsten Innovatoren gehört. Aber warum sollten sie hierbleiben, wenn man hier im Erfolgsfall Opfer von hohen Steuern und ideologischen Neidgenossen wird?

Von den Verbleibenden träumen viele davon - nein nicht ein Bill Gates, sondern ein Sektionschef zu werden, ein Umweltinspektor oder halt ein "Gelehrter". Bei der staatlichen Förderung genauso wie an den Universitäten dominiert ein Geist, der Grundlagen-Forschung als viel höherwertig denn die angewandte ansieht – obwohl in Wahrheit auch Grundlagenforscher wirtschaftliche Erfolge auslösen könnten. Man spürt dort mit wenigen Ausnahmen auch nichts vom Wetteifern, welches Institut die meisten gewinnbringenden Unternehmen gebiert – ein Geist, der amerikanische Unis, aber etwa auch das besonders erfolgreiche israelische Weizman-Institut so sehr prägt. Für die in Österreich so dominierenden Geistes-, Sozial- und Gesellschaftswissenschafter ist dieser Geist hingegen überhaupt ein Ungeist, die Erbsünde schlechthin.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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