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Die erste Reform - ein erster Schritt

Sie ist weder eine Jahrhundertreform, noch ein Fehlschlag - die Sozialversicherungsreform der türkis-blauen Regierung. Sie ist ein erster Schritt, eine erste Reform – und das ist mehr, als die Vorgängerregierungen zustande gebracht haben. Natürlich: Wenn sie Sinn machen soll, werden noch viele – und viel mutigere – Reformschritte folgen müssen.

Es war hoch an der Zeit, die 21 Kassen zu reduzieren, auch wenn das ebenfalls nur ein Anfang sein darf - fünf sind immer noch zu viel. Die Vielzahl der Kassen hat den Versicherten nie etwas gebracht: Niemand konnte sich aussuchen, bei wem er seine Versicherungspflicht erfüllt. Er war territorial und/oder berufshalber zwangszugeteilt.

Daran, dass es keine Wahlfreiheit, keinen Wettbewerb unter den Pflichtversicherungen gibt, ändert sich nichts. Da gewinnen die Versicherten nichts, aber sie verlieren auch nichts. Da hätte es gleich eine einzige sein können. Wenn aber die geplante Budget- und Personalhoheit der nunmehr zusammengefassten neun Gebietskrankenkassen wirklich umgesetzt wird, dann könnte das viele Mittel dorthin umleiten, wo sie wirklich hingehören: in die Patientenversorgung. Und das ist dann ein echter Gewinn für die Versicherten.

Verlieren werden nur die vielen Funktionäre der so genannten Selbstverwaltung, deren vielbegehrte Ämter wegreformiert wurden. 2000 gibt es jetzt, 400 sollen bleiben. Das ist eine Verbesserung – auch wenn manche nichts oder nur wenig als Entschädigung bekommen haben, gab es doch kostspielige Büros und Protektionswirtschaft bei Gesundheitsleistungen: Der Herr Funktionär konnte für einen Protegé schon einmal die Wartezeit für eine begehrte Untersuchung auf Null reduzieren (auch wenn er in der politischen Diskussion dann gegen eine Zwei-Klassen-Medizin wettert).

Ob die Zusammenlegung und der geplante Verwaltungsabbau (von den derzeit 19.000 Verwaltungsposten soll in den nächsten Jahren ein Drittel nicht nachbesetzt werden) wirklich bis 2023 eine Milliarde an Einsparungen bringen, wird sich weisen. Sogar wenn es "nur" die vom Hauptverbandspräsidenten errechneten 700 Millionen sein sollten, ist das auch nicht gerade wenig. 700 Millionen an Beitragszahlungen, die nicht mehr von der Verwaltung verschlungen werden, sondern in Gesundheitsleistungen fließen, können nur gesund für die Kunden der kranken Kassen sein.

Die Milliarde ist jedenfalls die Zielvorstellung der Regierung – "Wunschdenken" meint die Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker dazu. Für eine Rechnungshofpräsidentin bleibt freilich erstaunlich, dass sie ihren Vorwurf nicht wirklich mit Zahlen und Fakten untermauert. Und sich vielmehr zur Gallionsfigur eines Widerstands macht, der absurder nicht sein könnte.

Da halten die Spitzen der Gewerkschaft Riesentreffen ab, nur um – wenn man es im Klartext formuliert – zu drohen, dass der Jobverlust von ein paar Funktionären mit Streiks quittiert werden könnte. Ein Arbeitskampf wegen ein paar angeblich gar nicht lukrativer Gewerkschaftspfründen?

Der staunende Österreicher muss sich dann auch noch vom SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher belehren lassen, dass "Kurz den Unternehmern die Kassen schenkt". Nur weil die Parität von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern hergestellt wird. Was auch die Chefin der Wiener Gebietskrankenkasse erzürnt, von der wir viel lernen dürfen: "Patienten sind ja nur die Arbeitnehmer" (werden Unternehmer nie krank?) und "die Arbeitgeber zahlen ja viel weniger ein" (ojeoje, muss man für einen Spitzenjob wirklich gar keine Ahnung von Tatsachen haben?). Für die Qualität der "Selbstverwaltung" sprechen solche unternehmerfeindliche Aussagen nicht gerade. Aber vielleicht sind es ja auch nur Beiträge zum Marx-Gedenkjahr.

Was Margit Kraker besser gesagt hätte: Das ist alles nur ein kleiner, erster Schritt. Jetzt muss endlich das kostspielige und patientenfeindliche Milliarden-Pingpong zwischen Kassen und Ländern als Spitalserhalter aufhören. Darum wäre die lang schon propagierte Finanzierung des Gesundheitswesens "aus einer Hand" der nächste wichtige Schritt – den übrigens gerade der Rechnungshof immer wieder und mit großem Nachdruck gefordert hat.

Jetzt muss auch endlich eine Spitalsplanung her, die mit der demographischen Entwicklung Schritt hält. Man will es schon gar nicht mehr wiederholen: Österreich braucht mehr geriatrische Betten, mehr Pflegebetten und weniger teure Akutbetten.

Der Reformbedarf im Gesundheitssystem ist enorm. Zu lange ist jegliche Änderung vermieden worden. Weil der Mut gefehlt hat: Der Mut gegenüber den Akteuren, den Besitzstandwahrern und der Mut vor dem Wähler.

So unvollkommen diese erste Reform nun auch sein mag: Es war hoch an der Zeit für diesen ersten Schritt.

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